Präsentation und Schändung eines Kunstwerks von Franz Erhard Walther in Fulda
Hanswerner Kruse
Fulda (Weltexpresso) - Kurz vor Weihnachten wurde auf dem Fuldaer Domplatz eine Stele des wieder in der Stadt lebenden Künstler Franz Walter Erhard (80) präsentiert. Während der Feiertage beschmierten Unbekannte das Kunstwerk mit Hakenkreuzen und Parolen, daraufhin wurde es sogleich von der Stadtverwaltung wieder mit Planen verhüllt.
Die Wintersonne der letzten Tage hätte eigentlich die mit 911 kleinen Goldplättchen versehene Oberfläche des Objekts wundervoll wiedergespiegelt. Doch nun bleibt - zunächst - nur die Erinnerung an den kurzen Widerschein der Sonne bei der Enthüllung des Werkes, bevor es im Schatten des Domes verschwand. Für dieses besondere Erlebnis brauchte man eigentlich keine Informationen über den Sinn der Stele und ihre Bedeutung. Doch die Bezüge zum Ort und zur deutschen Geschichte sind vielfältig: In der Nähe des Domes wurde vor 1.100 Jahren König Konrad 1. begraben. Die Goldplättchen und Inschrift „Koenig Konrad 1 * 911“ verweisen auf sein Krönungsjahr im Jahr 911 (wir berichteten).
Künstler sollten ihre Arbeiten nicht beschreiben, erklärte Walther vor seinem Objekt und erläuterte lediglich dessen Konzeption: Ausgeschlossen sei ein Abbild des Königs gewesen, allein schon deshalb, weil man gar nicht weiß wie der aussah. Auch eine symbolische oder allegorische Darstellung kam für ihn nicht infrage. Deshalb wollte er in seinem Werk „Zeit sichtbar oder anschaulich machen. Meine Arbeit ist keine Skulptur oder ein Bild - sondern allenfalls eine Projektionsfläche.“
Fuldas Bischof Dr. Michael Gerber, der bereits tatkräftig geholfen hatte das Objekt zu enthüllen und es zum Abschluss der Veranstaltung segnete, ergänzte diese Idee Walthers. Für ihn zeige es, dass jeder Mensch auf seine Weise in die Welt strahle, so wie jedes Plättchen ein bisschen anders sei. Hoffnungsvoll zeige das Werk: „Licht ist stärker als die Dunkelheit!“
Vor zwei Jahrzehnten entwickelte Fuldas Stadtverwaltung die Idee ein Denkmal für König Konrad zu errichten - angeregt und unterstützt von der „Bürgerschaftlichen Initiative“. Mit der Zeit entstand der Anspruch, durch zeitgenössische Kunst an den fast vergessenen Herrscher zu erinnern. Der angefragte Künstler Walther sagte sofort zu und erklärte auch nach seiner Ehrung mit dem Goldenen Löwen auf der Biennale in Venedig 2017: „Fulda geht vor“.
Bürgermeister Dr. Heiko Wingenfeld, MdB Michael Brand und Josef Hoppe für die „Bürgerschaftliche Initiative“ machten deutlich, dass Konrad den „Wurzelgrund des Prinzips föderaler Staatlichkeit“ gelegt hatte. Mit dem ersten deutschen Wahlkönig wurde auch die erste deutsche Geschichtsepoche begründet. Diese „Geschichte des deutschen Föderalismus sollte zukünftig mehr denn je gepflegt werden“, forderte Hoppe, „denn Zukunft braucht Herkunft!“
Am Morgen des 27. Dezembers entdeckten Spaziergänger die Schmierereien mit schwarzer Farbe auf der Stele und alarmierten die Stadtverwaltung, die es verhüllen ließ. In der nächsten Woche soll eine Spezialfirma das Werk säubern.
Foto:
Hanswerner Kruse
Info:
Der Sandsteinblock ist mit Sockel 3,75 m hoch, 2,45 m breit, 0,3 m tief. Gewicht 9 Tonnen. Finanziert vom Bund sowie der Sparkassenkulturstiftung. Erstellt von der Firma Max Böse (Großenlüder) und Steinmetz Thomas Stephan (Langenbieber).