Die Jubiläumsausstellungen „20 Jahre Gegenwart“ des MMK Museum für Moderne Kunst in Frankfurt am Main, Teil 3/3

 

von Siegrid Püschel

 

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – „Es freut uns, daß die Jubiläumsausstellung so positiv und zahlreich angenommen wurde. Anläßlich des 20-jänrigen Bestehens unseres Museums konnten wir somit die einzigartige Fülle und Vielfalt der MMK Sammlung erstmals einem großen Publikum präsentieren. Die Jubiläumsausstellung war eine Art Bestandsaufnahme sowohl für das MMK als auch für die Öffentlichkeit, denn Kunst sucht und braucht immer die Auseinandersetzung mit der Öffentlichkeit.“, befand Susanne Gaensheimer, Direktorin des MMK zum Abschluß der breiten Offensive, die mit über 100 000 Besucher tatsächlich die Öffentlichkeit in die Ausstellung gebracht hatte.

 

Wir sind längst auf dem Weg ins Haupthaus an der Braubachstraße, lächeln aber immer noch über die Wirkung der 1991 von Stephan Balkenhol geschnitzten Pinguine, die auf ihren Stelen hier oben mit Blick auf den Main für die Ewigkeit sitzen und Frohnatur verbreiten. So oft gesehen, aber vergessen, daß sie im Eingangssaal des MMK nur deshalb zusammengekommen sind, weil jeder der Pinguine gespendet wurde. Einer verzeichnet den Namen Hilmar Hoffmann, den ehemaligen Kulturdezernenten, dem Frankfurt seine reichhaltige Kulturlandschaft verdankt.

Aber der Weg von dem Haus, das gleich morgen abgerissen wird und schon heute inmitten von Abrißruinen steht, führt uns durch ein Frankfurt, das kaum mehr sichtbar eine einzige große Baustelle scheint. Die Leonhardskirche, abgezäunt und in Restaurierung, und das Historische Museum auf dem Römerberg – fast schon ganz weg. Einzelne Steine und der Blick nun frei auf den alten Häuserbestand, der dem Museum aus Beton eingebaut wurde. Das galt einmal als moderne Architektur. Als die Moderne.  Das wirkt alles sehr schicksalsträchtig, wie auf einen Schlag diese Architektur der Nachkriegszeit durch Abriß aus der Welt geschaffen wird. Und auf der Linken die noch größere Baustelle des Technischen Rathauses, ein Riesenkomplex mit Durchgang, durch den wir immer den Weg als Abkürzung zum MMK nahmen.

Jetzt bei dem großen Umweg rund um die Abzäunung des plattgemachten Gebäudes, das einst die zentralen Arbeitsplätze schuf, die im historischen Rathaus, dem Römer, schon lange nicht mehr vorhanden waren -  dicht am Dom vorbei, fragen wir uns, wann es dran ist, das Museum Moderner Kunst, das MMK, vom Wiener Hans Hollein geschaffen, ja dem Vater des Direktors  u.a. des Städel, Max Hollein, wir fragen uns, wann wird dieses Gebäude in Frankfurt abgerissen? Wie wir darauf kommen? Auch dieses Gebäude, Tortenstück genannt, wird als Inkunabel der Moderne bezeichnet.

Ist diese Moderne, weil sie ‚beliebter‘ ist, ‚besser‘ als die Betonarchitekur der Sechziger? Philosophische Fragen, nicht nur ästhetische, weil das kulturelle Gedächtnis nicht nach Schönheit – ein sowieso schillernder und sich wertend ändernder Begriff fragt – sondern nach Beständigkeit und Manifestation einer Zeit auch in ihren Bauwerken. Solche Fragen werden in Frankfurt am Main nicht laut gestellt, besser stumm abreißen. Beschlüsse sind ja vorhanden.

Lieber schnell ins Haupthaus MMK schlüpfen, wo der 2. Teil der Jubiläumsausstellung gerade teilweise für die nächste Ausstellung abgeräumt wird,  rasch nachschauen, ob alles noch da ist. Nein, die „Tischgesellschaft“ von Katharina Fritsch ist gerade woanders, an ihrem angestammten Platz trampeln die Beine eines Elefanten über die Leinwand. Aber Joseph Beuys ist da, sein „Blitzschlag mit Lichtschein auf Hirsch“, lebenslang von 1958-1985 geschaffen, ist so mit seinem Raum verschmolzen, daß er Ewigkeit verspricht, oben auf der Galerie sehen wir seine „Rose für direkte Demokratie“ von 1973 und „Capri-Batterie“ von 1985, wo eine schwarze und eine gelbe Glühbirne und eine angefaulte Zitrone liegen. Ein Schelm, dieser Beuys.

Es ist alles noch da. Marcel Broodthaers mit den Klängen von „Que Sera, Sera“ , Harald Szeemann, Jasper Johns, Luc Tuymans, Andreas Slominski, Robert Gober, Jeff Wall dann im ersten Stock, dessen „Odradek“ wir immer eine besondere Aufwartung machen, Bruce Nauman und vor allem der Alptraum von einem Schlafzimmer, Claes Oldenburgs „Bedroom“ aus dem Jahr 1969, natürlich oben auch die anderen POP-Künstler, Andy Warhol und Lichtenstein, dort John Chamberlain und On Kawara, Mario Merz, Fotos von vielen, auch von Barbara Klemm und am Schluß dann kommt massiv Donald Judd, bei dem wir wieder an den Anfang mit Charlotte Posenenske im MainTor zurückdenken. Das war eine eindrucksvolle, einen Tag ausfüllende Tour, das war eine ausdrucksvolle Jubiläumsausstellung, die das MMK sich da selber zum Geschenk gemacht hatte. Und uns auch.

Info:

Diesmal gibt es keinen festgebundenen Katalog. In den Räumen beider Häuser wird über manche ausgestellten Künstler und ihr Werk durch erklärende Blätter zum Mitnehmen informiert. Zu Hause aber kann man die in der Jubiläumsausstellung präsentierten Werke durch einen Online-Katalog einsehen. In den kommenden Monaten wird hier schrittweise die gesamte Sammlung des MMK mit Abbildungen, Werkangaben und zum Teil Kurztexten eingestellt: www.mmk-frankfurt.de/die-sammlung

 

Am 29. Oktober wird ab 23 Uhr die Abschlußparty im MainTor stattfinden.