Hanswerner Kruse
Fulda/Kleinsassen (Weltexpresso) - Unter dem Titel „Suchmaschine“ zeigt der Fuldaer Künstler Joachim Schüler unterschiedliche Werkgruppen in der Winter-Ausstellung der Kunststation Kleinsassen. Ins Auge fallen sofort seine mächtigen, grob zusammengefügten Holzbilder, die wortwörtlich – vom Platz und vom Verständnis her – sperrig sind. Kunstungewohnte Besucher können sie vielleicht verstören, denn Schüler schafft keine schönen oder gefälligen Werke.
Seine hölzernen Arbeiten sind für Betrachter ungewohnt – aber interessant, wenn man sich auf sie einlässt. Denn statt mit Kreiden, Kohle oder Acrylfarben zeichnet und malt der Künstler auch mit Holz. „Jedes Holzstück ist wie ein Pinselstrich“, sagt er. Der fast unendlichen digitalen Bilderflut des Internets, der er auch im Beruf täglich ausgesetzt ist, stellt der Kommunikationsdesigner seine handfesten Objekte gegenüber. „Bei der Arbeit habe ich immer mit Bildern anderer Leute zu tun“, erklärt er, „in der freien Kunst mache ich dagegen mit Bildern was ich will!“ Schülers Gestaltungen basieren auf Zufällen und Eigentümlichkeiten, die er bei digitaler Bildbearbeitung entdeckt, bewusst aufgreift und künstlerisch erforscht.
Beispielsweise entstanden als „Beifang“, so der Titel, die ebenfalls in der Kunststation zu sehenden Farbmosaike: Bei der Suche nach digitalen Fotos zu Begriffen wie „Blut“ oder „Moos“ tauchten im – langsamen – Internet zunächst nur viele monochrome Farbflächen vor den vollständigen Bildern auf, die Schüler in Bildschirmfotos festhielt. Aus diesen zufälligen Ergebnissen wählte er assoziativ passende Bildkompositionen zu seinen Suchbegriffen. Daraus entstand sogar ein kleiner gedruckter Bilderkrimi ...
Später gab Schüler abstrakte Bilderschnipsel in die Fotosuche von Google ein. Die Suchmaschine zeigte die seltsamsten Ergebnisse mit großen und kleinen Minibildern nebeneinander auf dem Schirm. Dabei entstanden „Polyrhythmen“ (so auch der Titel des abgebildeten Werks): Unterschiedliche Rhythmen im Verhältnis von großen und kleinen, dunklen und hellen, gegenständlichen oder abstrakten Minibildern. Diese Strukturen sicherte er als Screenshots und baute sie – vergrößert – mit Holz nach. Wenn man als Betrachter darin Figuren oder Naturhaftes entdeckt, kann man sich dazu Geschichten sogar ausdenken. Obwohl Schüler seine Holzkompositionen nicht als Skulpturen auffasst, werfen sie Schatten, die durch Bewegungen des Betrachters oder Veränderungen des Lichts beeinflusst werden.
Schüler schwärmt geradezu vom Holz und vergleicht es im Gespräch immer wieder mit dem Digitalen: Das lange und natürlich gewachsene Holz lässt sich als System mit dem Internet vergleichen. Mit diesem Naturmaterial zu arbeiten ist sinnlicher, es riecht, es ist durch Splitter gefährlich und schwieriger zu handhaben. Einen Pinsel- oder Bleistiftstrich kann man einfach aufs Papier bringen, die Holzelemente müssen dagegen gesägt, geleimt und genagelt werden.
Sein Studio „Grafik Design 25“ in der Petersberger Straße befindet sich in der ehemaligen Galerie Deisenroth. Hierher kam Schüler bereits als Neunjähriger, um vom Künstler Alexander Deisenroth zeichnen zu lernen, mit den Jahren lernte er dort auch grafische Techniken, Drucken und den Umgang mit Ton. Nach dem Abitur konnte er im Fachbereich Kunst und Design der Fachhochschule Hannover ebenfalls wieder viele künstlerische Bereiche, wie z.B. Typografie, neben der freien Malerei kennenlernen. Seit zwanzig Jahren arbeitet er nun als selbständiger Grafiker in Deisenroths legendären Schauräumen und präsentiert dort gelegentlich ebenfalls Ausstellungen.
Foto:
(c) Hanswerner Kruse, „Polyrhythmen“ mit dem Künstler (unten)
Info:
Die Kunststation Kleinsassen (Rhön) ist in der Winterzeit donnerstags bis sonntags von 13 - 17 Uhr geöffnet