Bildschirmfoto 2020 05 27 um 08.13.50Die Sonderausstellung im Raffael-Jahr 2020 in der Dresdner Gemäldegalerie Alte Meister ab 6. Juni

Felicitas Schubert

Dresden (Weltexpresso) - Nicht nur in Deutschland verbindet sich mit dem Namen Raffael schnell die Dresdner Gemäldegalerie, die auch literarisch, kunstkritisch ihren Niederschlag in einem wunderbaren Gespräch fand, das als Buch veröffentlicht wurde: Louis Aragon und Jean Cocteau, Gespräche über die Dresdener Galerie, 1957 in Paris erschienen und endlich 1981 auf Deutsch im Belser Verlag, Edition Leipzig,  1981 erschienen. Davon noch mehr. Jetzt geht es um Raffaels Teppiche!

Ende Februar 2020 wurden die Gemäldegalerie Alte Meister und Skulpturensammlung bis 1800 im Semperbau nach siebenjähriger Teilschließung mit einem Festwochenende wiedereröffnet. Nur wenige Wochen danach musste die Sempergalerie aufgrund der Corona-Pandemie geschlossen werden. Mittlerweile ist das Haus seit dem 5. Mai 2020 wieder für Besucher*innen zugänglich. Trotz der schwierigen Situation ist es gelungen, im Raffael-Jahr 2020 die Sonderausstellung „Raffael – Macht der Bilder. Die Tapisserien und ihre Wirkung“ mit bedeutenden internationalen Leihgaben zu realisieren, die ab dem 6. Juni 2020 zu sehen sein wird: Anlässlich des 500. Todestages des großen Renaissancekünstlers zeigt die Gemäldegalerie Alte Meister der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden (SKD) eine umfangreiche Präsentation zu den sogenannten Dresdner Bildteppichen des namhaften Ausnahmekünstlers der italienischen Hochrenaissance.

Ab 1515 schuf Raffael (Raffaello Santi) im Auftrag von Papst Leo X. zehn großformatige Kartons, nach denen in Brüssel Tapisserien für die Sixtinische Kapelle gewebt wurden. Erstmals wurden diese Bildteppiche, die sich heute in den Vatikanischen Museen befinden, zu Weihnachten 1519 aufgehängt. Raffaels Kartons, heute Teil der Sammlung des Victoria and Albert Museum in London, wurden 1623 vom späteren König Karl I. von England in Genua erworben. Er ließ sie in der englischen Tapisserie-Manufaktur in Mortlake als Vorlage für weitere Serien verwenden. Dort entstand auch die Folge der sechs Wandtextilien, die 1728 in die Sammlung von Kurfürst Friedrich August I. von Sachsen (August der Starke) gelangte. Von ihnen sind drei dem Heiligen Petrus gewidmet, die anderen drei dem Heiligen Paulus.

Anhand ausgewählter Rezeptionsbeispiele thematisiert die Ausstellung Raffaels Bildteppiche und Entwürfe sowie deren weitreichenden Einfluss auf nachfolgende Künstler*innen bis ins 19. Jahrhundert. Die fünf präsentierten Dresdner Wandteppiche werden durch zwei Leihgaben aus der Pariser Einrichtung Mobilier national ergänzt, die deutliche Ähnlichkeiten in der Bordürengestaltung zu den Dresdner Textilien aufweisen. Ergänzt wird die Präsentation der Tapisserien mit über 50 Gemälden, Skulpturen, Druckgrafiken und Zeichnungen, darunter Werke von Raffael, Nicolas Poussin, Peter Paul Rubens, Rembrandt, Anthony van Dyck, Marcantonio Raimondi und Diana Scultori. Durch antike Skulpturen wird in der Ausstellung zudem verdeutlicht, welchen Einfluss die Kunstmetropole Rom auf Raffaels Formverständnis hatte.

Für die Gemäldegalerie Alte Meister spielen diese textilen Kunstwerke eine zentrale Rolle in der Präsentation. Ursprünglich in der Tribuna des Semperbaus ausgestellt, wurden die Tapisserien ab 1960 im ehemaligen Gobelin-Saal, dem heutigen Winckelmann-Forum präsentiert. In den Jahren von 1992 bis 1999 konnten sie dank des finanziellen Engagements der Rudolf-August Oetker-Stiftung umfassend restauriert werden, nahmen jedoch seit 2008 keinen Teil der Sammlungspräsentation mehr ein. Mit dieser Ausstellung werden sie nach zwölf Jahren der Öffentlichkeit wieder zugänglich gemacht.

„Raffaels Bildsprache hat von jeher beeindruckt, denn der Ausnahmekünstler der italienischen Renaissance erwies sich als ein Meister klar erkennbarer Bildaussagen, ja geradezu „sprechender“ Bilder. Die Zeichnungen zu den Kartons für die Bildteppiche machen deutlich, wie er den menschlichen Körper in verschiedenen Haltungen studierte und die erzählerische Struktur schließlich in ausgefeilte Bildarchitekturen und Landschaften übertrug. Die Ausstellung kann einige dieser Zeichnungen präsentieren und erlaubt es dem Betrachter so, Raffael gleichsam über die Schulter zu schauen und ihm bei seiner Bildfindung zuzusehen.", Stephan Koja, Direktor Gemäldegalerie Alte Meister und Skulpturensammlung bis 1800.

Vom 14. November 2020 bis 7. März 2021 wird die Ausstellung in leicht veränderter Form unter dem Titel „Raphael – The Power of Renaissance Images: The Dresden Tapestries and their Impact“ im Columbus Museum of Art in Columbus, Ohio gezeigt.

Foto:
Raffael (Raffaello Santi), Der wunderbare FischzugBildteppich nach einem Karton von Raffael, Teppich; 415 x 514 cm, Gemäldegalerie Alte Meister und Skulpturensammlung bis 1800
© SKD, Foto: Hans-Peter Klut

Info:
Begleitend zur Sonderausstellung erscheint die Publikation „Raffael – Macht der Bilder. Die Tapisserien und ihre Wirkung“ in deutscher und englischer Sprache im Sandstein Verlag, herausgegeben von den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden, Stephan Koja unter Mitarbeit von Larissa Mohr, 336 Seiten, 48 €, Museumsausgabe 34 €, ISBN 978-3-95498-551-7/978-3-95498-552-4.

Nach der coronabedingten Schließung haben die Museen der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden ab 4. Mai 2020 in Etappen wieder geöffnet. 
 Ab 4. Mai: Kunstgewerbemuseum, Schloss Pillnitz (täglich 10 bis 18 Uhr, Montag geschlossen)
Ab 5. Mai: Gemäldegalerie Alte Meister und Skulpturensammlung bis 1800, Semperbau am Zwinger (täglich 11 bis 17 Uhr, Freitag zusätzlich von 17:00 bis 20:00 Uhr zur "Blauen Stunde", Montag geschlossen)
Ab 7. Mai: GRASSI Museum für Völkerkunde zu Leipzig (vorerst nur die Sonderausstellung "Szenen des Lebens", täglich 10 bis 18 Uhr, Montag geschlossen)
Ab 21. Mai: Völkerkundemuseum Herrnhut (täglich 9 bis 17 Uhr, Montag geschlossen)
Ab 23. Mai: Museum für Sächsische Volkskunst mit Puppentheatersammlung, Jägerhof (täglich 10 bis 18 Uhr, Montag geschlossen)
Ab 24. Mai: Joseph-Hegenbarth-Archiv, Calberlastraße 2, 01326 Dresden (Sonntag 15 bis 18 Uhr, Donnerstag nach Voranmeldung: 0351-4914 3211)
Ab 30. Mai: Teilbereiche des Residenzschlosses (täglich 10 bis 18 Uhr, Dienstag geschlossen)