Neue Ausstellungen und Neupräsentation der Sammlung der Staatsgalerie Stuttgart ab 13. September 2013
Anna von Stillmark
Stuttgart (Weltexpresso) – Nächste Woche ist es soweit. Dann präsentiert sich die Staatsgalerie in frischem Glanz unter der Leitung der neuen Direktorin Christiane Lange. Die Besucher erwartet ein chronologisch geführter Parcours durch 800 Jahre Kunst.
Neu erlebbar wird die Sammlung mit ihren einzigartigen Werkensembles der Klassischen Moderne und zeitgenössischer Kunst. Aber auch die Alten Meister sowie zahlreiche Publikumslieblinge und Entdeckungen aus der Sammlung des Museums erscheinen in einem neuen Licht. Wer aber bis dahin nicht warten will, der kann sich in die laufenden Ausstellungen von Edvard Munch und Hans Thoma vertiefen.
Bis zum 6. Oktober zeigt die Staatsgalerie VOM ERSTEN KUSS BIS IN DEN TOD, wobei GESCHREI von Munch aus dem Jahr 1895 eine besondere Rolle spielt. Dazu gleich mehr. Ausstellungsanlaß ist der 150. Geburtstag von Edvard Munch (1863-1944), den die Staatsgalerie nutzt, um ihren kostbaren Bestand an Werken des norwegischen Malers und Graphikers seit über 50 Jahren wieder komplett zu zeigen. Insgesamt 60 Werke veranschaulichen die für Edvard Munch typische Arbeitsweise und Themenvielfalt. Die Staatsgalerie ist in der glücklichen Lage, im Besitz des weltweit einzigen Abzugs des als »Der Schrei« berühmt gewordenen Blattes zu sein, das aber, wie unser Abzug beweist, vom Künstler selbst als »Geschrei« betitelt wurde.
Erst kürzlich entdeckte Briefe belegen ferner, daß Munch schon im August 1923 das Stuttgarter Museum besuchte und auch danach Kontakt zum damaligen Direktor der Staatsgalerie, Otto Fischer, unterhielt. Wie bei kaum einem Maler vor ihm beherrschen Gefühle und Seelenzustände seine Bildthemen, und es gelang ihm, Abgründe unseres Daseins festzuhalten. Krankheit, Angst, Tod, Liebe, Eifersucht und Verzweiflung ziehen sich wiederholt und in zahlreichen Varianten leitmotivisch durch sein OEuvre. Ob in Malerei oder Graphik, mit den Variationen seiner Themen gingen ebenso vielfältige mal- und drucktechnische Experimente einher. Vor allem in der Graphik bediente sich Munch stets neuer Ideen. So lieferten die wandelbaren Träger wie Platten, Steine und Holzstöcke
die Basis für seine zahlreichen Verfeinerungen und Ausführungen der wiederkehrenden Bildmotive.
Im Graphik-Kabinett gibt es bis zum 13. Oktober ein Geburtstagsgeschenk zum 200sten von Richard Wagner, den PRINGSHEIM-FRIES von Hans Thoma. Während beispielsweise die Schirn Frankfurt mit ihrer Munch-Ausstellung, die mit Paris zusammen erstellt wurde, alle Besucherrekorde brach, ist auch Hans Thoma derzeit im Frankfurter Städel mit einer richtigen Retrospektive mit allen seinen Werkphasen präsent. Hier in Stuttgart geht es um eine kleine und feine, so geschichts- wie literaturträchtige Sache. Die Staatsgalerie gratuliert dem 2013 gefeierten Komponisten Richard Wagner mit einer Präsentation des seit vielen Jahren nicht mehr länger gezeigten Pringsheim-Frieses von Hans Thoma (1839-1924).
Die monumentalen, kürzlich restaurierten Wandbilder veranschaulichen Motive aus der Mythologie des Orpheus und des Goldenen Zeitalters. Sie schmückten einst das Musikzimmer des prachtvollen Münchner Stadtpalais der Familie Pringsheim. Dessen Besitzer, Alfred Pringsheim, ein angesehener, vermögender Mathematikprofessor und Vater von Manns Ehefrau Katia, also Schwiegervater von Thomas Mann, war ein glühender Verehrer von Richard Wagner.
Nach dem Verkauf und Abriss des Münchner Palais Pringsheim erwarb die Staatsgalerie 1935 den aus 13 Gemälden und 15 Ornamentbändern bestehenden Wandfries. Nach Recherchen unserer Provenienzforscherin entspricht der Kaufpreis nicht den damals üblichen Marktpreisen für Arbeiten Thomas. Das Ehepaar Pringsheim hat diesen Verkauf vor dem Hintergrund der Repressalien durch den NS-Staat unter großem zeitlichen und politischen Druck getätigt. Daher hat die Staatsgalerie den Fries unter Lost Art, der Koordinierungsstelle für die Rückgabe von verfolgungsbedingtem Kulturgut, gemeldet (www.lostart.de).
10.10.2013 �� 23.2.2014 Alfred Flechtheim.com Kunsthändler der Avantgarde
Zu sehen ist eine Werkpräsentation in 15 Museen und eine Online-Ausstellung. Die Staatsgalerie Stuttgart und 14 weitere renommierte Museen in Deutschland und der Schweiz präsentieren ein gemeinsames Forschungsprojekt zu dem Galeristen und Sammler Alfred Flechtheim(1878-1937), der zu den einflussreichen Figuren der deutschen Kunstszene zu Beginn des 20. Jahrhunderts gehörte. Bis heute haben seine kunsthändlerischen Aktivitäten in zahlreichen deutschen Museen ihre Spuren hinterlassen: Er hat ihre Sammlungen der Moderne aktiv mit geprägt. Flechtheim verließ Deutschland 1933 aufgrund der massiven antisemitischen Attacken gegen ihn und seine Künstler.
Das Forschungsprojekt will die Mechanismen des Kunsthandels und die Sammlungsstrategien der Institutionen sichtbar machen. Das kommt zwar 80 Jahre nach der Vertreibung spät, aber diese deutsche Geschichte aufzuarbeiten, ist andererseits nie zu spät. Die Ergebnisse werden parallel zur Auftaktveranstaltung in Düsseldorf ab 9.10.2013 auf einer Plattform im Internet international zugänglich gemacht (www.alfredflechtheim.com).
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November bis 23. Februar 2014: Brueghel, Rubens, Ruisdael - Schätze der Hohenbuchau Collection
Mit der Hohenbuchau Collection ist eine der qualitätsvollsten Privatsammlungen nordeuropäischer Kunst des Barock in der Staatsgalerie Stuttgart zu Gast. Im Mittelpunkt steht die niederländische Malerei des 17. Jahrhunderts mit ihrer typischen Themenvielfalt vom Historienbild, dem Porträt, über die Landschaft und dem Genre bis hin zum Stillleben. Die flämische Malerei ist mit hervorragenden Gemälden ihrer Protagonisten Brueghel, Momper, Rubens und Jordaens präsent. Große Namen wie Ter Brugghen, Goyen, Ruisdael, Claesz und Cuyp stehen für die ebenbürtige Qualität der holländischen Bilder ein. Hinzu kommen Spitzenwerke von weniger bekannten Künstlern, sodaß die Hohenbuchau Collection einen stimmigen Eindruck vom hohen Rang und dem Reichtum der niederländischen Kunstproduktion in ihrer Glanzzeit vermittelt.
Seit Dezember 2007 steht die Hohenbuchau Collection als Dauerleihgabe unter der Verwaltung der Fürstlichen Sammlungen, Vaduz��Wien. Die Präsentation in der Staatsgalerie Stuttgart konzentriert sich auf ein über 70 niederländische Werke umfassendes Ensemble, das die Geschlossenheit und Qualität der Sammlung eindrucksvoll darstellt.
Vom 8.11.2013 �� 23.2.2014 kommt Brueghel, Rubens, Ruisdael
Die Graphische Sammlung der Staatsgalerie zeigt ihre Schätze
Die Graphische Sammlung zeigt parallel zur gleichnamigen Ausstellung der Künstler aus der Hohenbuchau Collection ihre Schätze: Die kostbaren Werke von Brueghel, Rubens und Ruisdael bieten einen spezifischen Blick auf die niederländische Zeichenkunst und Druckgraphik des 16. bis 18. Jahrhunderts und verdeutlichen die hohe Qualität der eigenen Sammlung.
In der Auswahl wird das weite Spektrum der Themen und Stile deutlich: Von der
Landschaftskunst des Jan van Goyen über Kompositionsskizzen von Jacob Jordaens
bis hin zu Alltagsszenen voll Witz und Moral. Auch Peter Paul Rubens arbeitete mit
den profiliertesten Kupferstechern Antwerpens zusammen, die seine großen
Altargemälde in Meisterwerken der Reproduktionskunst international verbreiteten.