„Zwischentöne“. Die Sammlung Forberg in der Albertina Wien

 

von Claudia Schulmerich

 

Wien(Weltexpresso) – Nein, dieser Ausstellung in der Albertina wegen, muß man nicht von weither kommen, aber wenn man schon in Wien ist und die grandiose Schau „Magritte“ im selben Museum anschaut, dann lohnt es sich, nicht vorbeizugehen am Auf- oder Abgang im feudalen Treppenhaus, sondern sich diese Zwischentöne als Werke zwischen den Zeiten, der Zwischenkriegszeit insbesondere, zwischen groß und klein, zwischen Deutschland, Österreich und Frankreich, zwischen Leinwand, Bronze, Stein und Papier, zwischendurch anzuschauen, weil die Sammlung uns auch verdeutlicht, wie klug jemand sammelt, der nicht Schlösser und Riesenwände zur Hängung hat, sondern fein und klein versammelt, was ihm wert ist, eine Sammlung sozusagen mit Menschenmaß.

 

Und wenn wir nur eins der Bilder, der Blätter oder Skulpturen als unser eigen hätten, am liebsten die von Max Ernst „Das Fest derMimose“ oder den Feininger mit seinem „Das hohe Ufer“ oder „Jazz“ von George Grosz oder „Studie für Landschaft“ von Wassily Kandinsky oder „Der aparte Müggelsee von Ernst Ludwig Kirchner oder auch Klees „Irrende Seele“, aber ach, die handkolorierte Radierung von Wilhelm Lehmbruck „Liegendes Weib mit Männerkopf“ ist auch sehr schön, oder „Farbige Formenkomposition von August Macke oder den Frauenkopf als Lithographie „La Pompadour“ von Matisse oder das Gemälde von Otto Mueller „Zwei Mädchen mit Pudel“ aus Leimfarbe aus Rupfen, dieser Zigeunermüller, der immer dasselbe und doch jedesmal ganz anders seine Frauen nackt im Wald unterbringt oder wollen wir doch eher den kessen Picasso „Au café“,  ein freche Tuschzeichnung mitten aus dem Leben um 1900?

 

Sie merken schon, die Auswahl wird schwierig und das Anschauen macht speziellen Spaß, wenn man sich dabei denkt: „Welches Bild, welches Werk darf ich mitnehmen?“ Und daß man auf so etwas kommt, hat eben mit diesem Menschenmaß zu tun, daß sich bewahrheitet, wenn man den Katalog anschaut und gleich am Anfang die Bilder aus dem Zuhause der Forbergs in Düsseldorf anschaut. Wieso ist die Sammlung in Wien fragt man sich und als Bundesdeutsche fällt einem erst mal der Schlager ein: „Ach, wärst Du doch in Düsseldorf geblieben...“ Aber noch hatten wir keine Ahnung, wer diese Forbergs sind und das ist keine schlechte Reihenfolge, sich erst die Kunst anzuschauen und auf Grund des Gesammelten sich dann der Menschen zu versichern, die gesammelt haben, dann gestiftet haben, noch dazu nach Wien.

 

Also: Im Jahr 2007 haben Matias und Eva Forberg als unbefristete Dauerleihgabe der Albertina ihre Sammlung übergeben, die aus 40 Werken besteht – oben hatten wir schon 12 am liebsten gleich mitnehmen wollen – und sehr gut ins Ensemble der Albertina, Stichwort: Klassische Moderne,  passen. Aber es besteht keine volle Identität mit der gestifteten Sammlung und der Ausstellung, die jetzt gezeigt wird und die Sammlung des Vaters rekonstuiert. Wie man den oben erwähnten Künstlern entnehmen kann, hatte der Sammler sowohl den „Blauen Reiter“ , also auch Alexej Jawlensky, auch ein schöne Gabrielle Münter, wie auch die „Brücke“ mit Max Pechstein zu Kirchner und Mueller erworben, aber auch das Bauhaus ist vertreten mit Lászlo Moholy-Nagy und Oskar Schlemmer. „Herzstück der Sammlung bildet jedoch eine exquisite Auswahl von Werken Paul Klees „, wo wir hinzufügen wollen: und schöne Stücke von Max Ernst.

 

Das menschliche Herzstück der Sammlung war Kurt Forberg, Vater des Kurt Forberg. Er hatte seit 1950 die Sammlung zusammengestellt, nach seinen persönlichen Vorlieben und, um mit den Bildern an der Wand und in den  Skulpturen von Georg Kolbe, Gerhard Marcks, Henry Moore und Barbara Hepworth, Hans Arp nicht zu vergessen, zu leben. Das genau vermitteln auch die Fotografien um 1960, die Privatheit ausdrücken und die Sehnsucht der Bewohner nach Schönheit und Kunst. Als der Vater verstarb und Sohn Mathias Teile der Sammlung übernahm, war diese durch Erbschaft und Schenkungen geschrumpft und auseinandergerissen;  er führte sie zusammen mit seiner Frau in dem Teilbereich ‚Klassische Moderne 1910 bis 1940‘weiter. Das konnte er tun, weil er auf andere Sammlungstendenzen verzichtete, um den gewünschten Schwerpunkt bilden zu können.

 

Warum die Sammler dann auf die Hängung in den privaten Räumen verzichteten und der Albertina ihre Schätze übergaben, hat mit ihrer Haltung zu tun. Die Eigentümer der Bilder glauben nämlich, im Sinne der Künstler zu handeln, die geschaffenen Werke nicht abzuschließen von der Öffentlichkeit, sondern umgekehrt, sie ihnen zur Verfügung zu stellen. Deshalb die Schenkung, deren Werke von der Albertina immer wieder aufgegriffen wurden, bei Ausstellungen, wo sie in den Kontext paßten. Von Anfang an gab es aber die Absicht, auch einmal die gewesene Sammlung Forberg zu präsentieren.

 

Auf was Sohn Forberg verzichten mußte, sieht man nun erstmals in dieser Schau, die die ursprüngliche Sammlung zusammenholt, die Kurt Forberg aufgebaut hatte. Denn ein Teil davon gehört heute Museen wie Köln oder Bern, vieles auch Privatsammlungen, die sich für diese Ausstellung von ihren Schätzen trennten. Wir sagten ja, man muß allein für diese Ausstellung nicht von weither anreisen, aber wenn man da ist, entginge einem etwas - eine kleine Wehmut, ja das auch -,AC wenn Bilder nicht in der Masse und Bedeutung von Großgeklotztem, sondern so filigran, liebevoll und kunstsinnig ausgestellt werden und man würde sie nicht angucken.

 

Bis 22. Januar 2012

 

Katalog: Zwischentöne. Albertina die Sammlung Forberg, hrsg. von Klaus Albrecht Schröder unter Mitarbeit der Kuratorin Susanne Berchthold, die die Masse der Bilderläuterungen verfaßte und ein Gespräch mit dem Sammlerehepaar führte, das im Katalog abgedruckt ist.

 

www.albertina.at