IMPERIUM DER GÖTTER im Badischen Landesmuseum im Karlsruher Schloß, Teil 1

 

Claudia Schulmerich

 

Karlsruhe (Weltexpresso) – Stimmt. Wir sagen oft, diese Ausstellung muß man gesehen haben, aber diesmal geschieht dies aus anderen Gründen als 'nur' zu rühmen, welch außerordentliche archäologische Schätze Sie im Schloß versammelt sehen, darunter – man glaubt es kaum – die erste anti-christliche Karikatur aus dem 2./3. Jahrhundert. Diesmal geht uns nicht mehr aus dem Kopf, wie es das Christentum geschafft hat, all die anderen Religionen und Riten zu überflügeln und zur einigenden Religion im Römischen Reich zu werden.

 

 

Diese Frage zwingen die als IMPERIUM DER GÖTTER vorgestellten anderen Religionen in der Ausstellung einfach auf, bei denen manche, wie der geheimnisumwitterte und geheime MITHRASKULT, von der Oberschicht unterstützt, doch mit wesentlich besseren Voraussetzungen startete als ausgerechnet diese christliche Armenreligion, deren Anhänger verfolgt wurden und die wenig Irdisches vorzuweisen hatte, als das Versprechen eines zukünftigen Himmelreiches für die im Glauben an Christus lebenden und sich christliche verhaltenden Menschen.

 

Doch solche Fragen werden in dem umfänglichen Begleitprogramm vertieft und hoffentlich beantwortet. Hier in der Ausstellung kann es erst einmal nur darum gehen, von den aus der ganzen Welt zusammengetragenen Schätzen, die uns in diese antike Welt führen, Kenntnis zu geben. „Alles wird durch den Willen der Götter regiert, gelenkt, gesteuert“, beteuert eine Inschrift, die vom Politiker und Redner Cicero (103-43 v. Chr.) stammt und die weit über die Jahrhunderte nach Christi Geburt für das Römische Reich wahr blieben.

 

Denn – und das zeigt überwältigend die Ausstellungskonzeption gleich am Anfang – neben den traditionellen römischen Göttern, die erst einmal Naturgötter waren, dann seit dem 5. Jahrhundert die uns bekannte griechische Götterwelt als eigene, mit römischen Namen (Jupiter, Juno, Minerva als Kapitolinische Trias) in ihre Götterwelt integriert hatten, wobei jede Gottheit ihren speziellen Kult hatte oder auch ihren besonderen Auftritt infolge von Jahreszeiten oder besonderen Ereignissen hatte, neben dieser sozusagen göttlichen Integrationsleistung kam mit der Ausdehnung des Römischen Reiches, also mit der Eroberung fremder Gebiete auch deren, erst einmal 'fremde' Götter als 'neue römische' Gottheiten ins Pantheon Roms.

 

Das sagt sich so leicht: Pantheon. Aber genau so hieß in Rom das Bauwerk, das ab ca. 120 nach Chr. errichtet, den Göttern diente - in der Übersetzung aus dem Griechischen 'pan' für alles und 'theos' für Gott - und in das nun nach der Grundausstattung mit römischen Göttern  vorwiegend die orientalischen Mysterienkulte einzogen, wobei die ägyptische ISIS, der persische MITHRAS und die kleinasiatische Göttermutter MATER MAGNA sowie der syrische JUPITER Dolichenus sich im römischen Reich besonderer Beliebtheit erfreuten. Den Siegeszug des Christentum, das wie das Judentum nach und nach mit in die römische Götterwelt integriert werden sollte, aber sich als sperrig und dann auch noch die anderen Religionen und Kultur überwältigend und auslöschend erwies, den Siegeszug kann man auch daran ersehen, daß dieser Kuppelbau Pantheon ab 603 n. Chr. zur katholischen Kirche umgewidmet wurde, die übrigens der Gottesmutter Maria geweiht wurde.

 

Aus war es mit der Vielfalt des römischen Götterhimmels und wenn der Blick von heute auf das ursprüngliche römische Pantheon fällt, dann ist es nicht mehr der Blick des späteren Mittelalters, wo leicht jeder Nichtchrist ein Feind war, dem Tod oder der christlichen Taufe anheimgegebenen, sondern der Blick unserer jetzigen Zeit, einer Welt voll von unterschiedlichen Religionen, die nicht mehr wie früher um der Religion wegen Kriege führen möchte und Andersgläubige durch das Schwert zu 'überzeugen' trachtet, sondern die im Alten Rom geläufigen Verhaltensweisen von Toleranz im miteinander als Pluralismus der Werte neu konstituiert.Dabei darf man aber den gewaltigen Unterschied von damaliger 'Toleranz' zu heutiger nicht übersehen. Damals wurden alle im Römischen Imperium vorkommende Kulte und Religionen als Göttervielfalt anerkannt. Heute geht es darum, die monothestischen Religionen in den verschiedenen Gesellschaften beizubehalten, aber auch die Ausübung anderer Religionen im gleichen Staatsgebiet zu tolerieren und ihre Anhänger gesellschaftlich nicht auszugrenzen.

 

Man sieht, wie wir uns schwer tun, auf die Ausstellung mit ihren so einzigartigen Gegenständen einzugehen, weil einem das der Ausstellung zugrundeliegende Phänomen des einst gemeinsamen Götterhimmels durch jedes einzelne Ausstellungsstück bewußt wird und auch, wenn man nicht dauernd das Christentum als Sieger der Götterangelegenheit im Kopf hat, zeigen einem doch die Ausstellungsstücke, wie geschickt, wie außerordentlich psychologisch weitsichtig sich das Christentum der Kultgegenstände anderer Kulte und Religionen versicherte, nämlich sie zu eigenen christlichen Kultsymbolen ummodelte oder die Personen gar ganz vereinnahmte, wie es mit der Mutter Maria sowohl als Jungfrau wie auch als Mutter des Gottessohnes auf einzigartige Weise gelang. Fortsetzung folgt.

 

 

bis 18. Mai 2014

 

Katalog:

IMPERIUM DER GÖTTER. ISIS-MITHRAS-CHRISTUS. Kulte und Religionen im Römischen Reich, hrsg. vom Badischen Landesmuseum Karlsruhe, Konrad Theiss Verlag/WBG 2013

 

Prächtig. Einfach elegant und edel ist der mit dem Stiertöter Mithras auf dem Titel versehene Katalog, Mithras, der die Schlachte gegen Christus verloren hat, der wenigstens dadurch historisch noch einmal gewürdigt wird, denn tatsächlich gehört der Ausstellungsteil um Mithras zu den kunstgeschichtlich besonders beeindruckenden Kultgegenständen, was auch daran liegt, daß dem Landesmuseum zwei regionale Mithrasreliefs gehören, zu denen zwei weitere hinzugeliehen werden konnten, echte antike Stücke also, zu denen dann ein Nachbau des Mithras-Heiligtums aus Santa Maria Capua Vetere in Italien die Atmosphäre hinzufügt, die unter klaustrophobischen Verhältnissen mit geheimnisvollen Wandmalereien und Kultgegenständen die Faszination eines antiken Geheimkults suggeriert. Der Katalog hilft dann auch die Ikonographie des Mithras-Kultes in den Mithräen vergleichen zu können, die in der Darstellung der Auktionieren gipfelt, wobei man sich auf einmal fragt, ob der Spanische Stierkampf als nationale Angelegenheit nicht eine Fortsetzung sei.

 

Genauso gründlich werden auch die Bedingungen der RELIGION ROMANORUM dargestellt und vor allem die MACHTVOLLEN GÖTTINEN in Bild gezeigt und ihr Wirken erklärt. Leserfreundich ist dabei, daß die Katalognummern unter den jeweiligen Kapiteln rubriziert sind, so daß man beim Hin- und Herblättern alles leicht findet. Natürlich ist dann mit MONOTHEISMUS UND DAS ENDE DER PAGANEN KULTE auch die oben erwähnte Grundfrage angesprochen.

 

Man könnte beim Studieren des Katalogs auch gut mit dem Schluß beginnen. Ab Seite 419 geht es um ENTDECKUNGEN UND WIRKUNGEN, wo es um die Rezeption 'Orientalischer 'Kulte und Religionen in den Künsten und der Architektur geht, wobei die ISIS-Darstellungen bis heute reichen und die geheimnisvolle Frau, die mal zur Maria neigt, dann aber zur Femme fatale wird, einfach besonders interessant ist. Mit einem Wort. Wer die Ausstellung nicht besuchen kann, sollte sich des Katalogs versichern. Wer in der Ausstellung war, der – so glauben wir – will sich sowieso noch gründlicher mit dem Thema beschäftigen.

 

Foto: Leider kann man das abgebildete Sgrafito GEKREUZTER ESEL nur schwer erkennen. Man sieht links einen jungen Mann, der seinen Arm zu einem am Kreuz Hängenden ausstreckt, der einen Eselskopf trägt und ihn dem Anbetenden zuwendet. Einen Menschen als Esel zu kennzeichnen ist in der Antike ein gängiges Verfahren, will man jemanden als dumm oder sogar abartig kennzeichnen. Man fand den Kalkputz aus dem 2./3. Jahrhundert im Schutt des Palatin und diese Karikatur einer Kreuzigung ist gleichzeitig die erste christliche Kreuzigungsdarstellung überhaupt.. Die Christen selbst vermieden eine bildliche Darstellung des Kreuzestodes bis ins 5. Jahrhunderte, da diese Todesart im Römischen Reich den Schwerverbrechern, politischen Aufwieglern und entlaufenen Sklaven vorbehalten war und sich die Kreuzigung positiv als Erlösungstat erst nach und nach auch als bildliches Symbol durchsetzte.

 

www.landesmuseum.de

 

 

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