IMPERIUM DER GÖTTER im Badischen Landesmuseum im Karlsruher Schloß, Teil 2

 

Claudia Schulmerich

 

Karlsruhe (Weltexpresso) – Nachdem wir den spannenden Mithraskult anhand des Katalogs angerissen haben – es gibt wirklich tolle Stücke in Karlsruhe - , muß einfach etwas zu den orientalischen Göttinnen gesagt werden, zur ägyptischen ISIS und der kleinasiatischen MAGNA MATER.

 

Wobei wir nicht wissen, wo die Artemis von Ephesos abgeblieben ist, die wir bei den weiblichen Gottheiten immer ganz vorne wußten. Hier fehlt sie, wie überhaupt die Ausstellungsmacher darauf verweisen, daß sie nicht das gesamte Spektrum abbilden konnten, sondern sich auf die Götter und Kulte im Pantheon konzentriert haben, wo Ausstellungsstücke – sehr viele aus Rom: aus dem Vatikan und aus den Kapitolinischen Museen - die sinnliche Präsenz garantieren können.

 

Und daß die christliche Maria überall das Erbe der anderen Damen eingestrichen hat und sich dann auch noch auf ihren Kultplätzen angesiedelt hat, ist ein so alter archäologischer und religionsgeschichtlicher Hut, so daß wir darauf nicht weiter eingehen wollen. Denn der Teufel – ja auch bei den Christen – steckt im Detail und man kann in der Ausstellung an den einzelnen Stücken sehr gut nachverfolgen, was übernommen wurde und kann sich die Begründungen dafür meist selbst herleiten.

 

Auch wenn es sinnvoll ist, den Audioguide zu nutzen, sind das wichtigste doch die eigenen Augen, die man auf die rund 400 Objekte richten kann, wobei der Weg durch die Ausstellung einer Schlangenlinie gleicht, weil rechts und links des Weges sich immer Sichten auf andere Teilbereiche auftun. Den Ausstellungsmachern ist es jedoch gelungen, bei aller Fülle auf rund 900 Quadratmetern so etwas wie eine Schneise durch die Geschichte und Religionsgeschichte zu schlagen, so daß man die ausgewählten Ruhepunkte sich konzentriert anschauen kann, wobei kein Besucher allein gelassen wird, denn die Wandtexte geben auf jeden Fall den inhaltlichen Bezugspunkt.

 

Wer die MAGNA MATER ganz gründlich kennenlernen will, sollte sich am 23. März einfinden. Im März nämlich fand in der Antike das mehrtägige Frühlingsfest der Großen Mutter statt, wobei einem der Zusammenhang von Aussaat und nährender Mutter sofort einfällt. Am 23. März also wird es viele Kurzführungen geben und die Musikgruppe MUSICA ROMANA wollen die Klänge der Antike wiedergeben. Im Aktionsraum besteht an diesem Tage die Möglichkeit, eine Handtrommel selbst herzustellen, das Musikinstrument der Göttin, die auch KYBELE genannt wurde. Sie war den Römern Inbegriff des Dualismus, den die neuen Götter herstellten. Denn einerseits wurde sie Kleinasien zugeschrieben, aber gleichzeitig hieß es, daß sie schon als Naturgottheit hunderte Jahre zuvor Rom beschützt habe.

 

Was heißt überhaupt Kult? Die Ausstellung klärt dies auch durch eine Vielzahl von Objekten, die zum einen als Votive dienen, also Geschenke an die Gottheit waren, aber es gab auch Rituale des Feiern, die einen heilsspendenden Effekt hatten und als sogenannte Mysterienfeiern Erde und Himmel verbanden. Die MATER MAGNA ist mindestens seit dem 7. Jahrhundert v. Chr. in der heutigen Türkei nachweisbar. Im Katalog kann man eindrucksvoll ihren Weg nach Westen verfolgen. Seit jeher hat sie in den bildlichen Darstellungen eine würdevolle Haltung auf einem Thron, rechts und links von ihr Löwen, die nicht putzig herumsitzen, sondern sie eindeutig in Angriffshaltung für andere beschützen. Die tiefere Deutung aber besagt, daß es die zweite Natur der Göttin sei wie die Löwen ihren Trieben hingegeben zu sein, wild, archaisch, Natur.

 

Die einen Meter hohe Statue aus Ostia Antica entspricht genau der typischen Ikonographie der Göttermutter, den MATER MAGNA hieß auch, Mutter aller Götter zu sein. Aber auch potentielle Geliebte aller Männer, für die die Liebe zu ihr nur nicht gut ausging. Wie es dem hübschen Knaben Attis widerfuhr, der für seine Schmach nun überall Weihreliefs gespendet bekam. Eine schwierig zu erzählende Geschichte, weil sie vielfache Varianten hat, die aber alle eint, daß er zum Wahnsinn getrieben, sich selbst entmannt und nun für ewig vor uns verblutet. In voller Schönheit natürlich und meist in orientalisch-phrygischer Tracht mit offenem Hosenschlitz.

 

Da halten wir uns doch besser an ISIS, die in den Darstellungen sehr viel mehr an die Jungfrau Maria gemahnt und wenig Skandale zu bieten hat, ist sie doch zusammen mit OSIRIS und dem gemeinsamen Sohn HORUS uneingeschränkt das oberste ägyptische Götterpaar, von denen auch deshalb so viele Statuen überlebt haben, weil jeder Pharao sich bei ihnen durch ihre Huldigung andienen wollte. Die Stücke, die in Karlsruhe gezeigt werden, kommen alle aus dem römischen Kontext und da erweist sich, daß sie im römischen Kontext eine weitere Eigenschaft erhält: sie kann stellvertretend für jede andere weibliche Gottheit stehen. Sie ist einfach multifaktoriell einsetzbar, denkt man, und ihr wurde das ägyptische Gewand ausgezogen und ein griechisch-römisches Outfit übergestreift.

 

Die Ausstellung macht einem viele Einsichten möglich, wenn man nur lange genug vor den Gegenständen verweilt. Insofern nur Mut, angesichts so vielen Detailwissens, das man erwerben kann, sich dennoch einfach auf die eigenen Augen zu verlassen und die Objekte zu sich sprechen lassen. Das Wissen der Welt kann man sowieso nicht alleine aufnehmen, aber in Karlsruhe sich im IMPERIUM DER GÖTTER einfach als Mensch zu bewegen und zu erkennen, wie sehr die Götter dem gleichen, was die Menschen ersehnten oder befürchteten, ist einer der interessanten Aspekte einer Ausstellung, die man gar nicht oft genug besuchen kann, so vielfältig sind Objekte und Anregungen.

 

 

bis 18. Mai 2014

 

Katalog:

IMPERIUM DER GÖTTER. ISIS-MITHRAS-CHRISTUS. Kulte und Religionen im Römischen Reich, hrsg. vom Badischen Landesmuseum Karlsruhe, Konrad Theiss Verlag/WBG 2013

 

Prächtig. Einfach elegant und edel ist der mit dem Stiertöter Mithras auf dem Titel versehene Katalog, Mithras, der die Schlachte gegen Christus verloren hat, der wenigstens dadurch historische noch einmal gewürdigt wird, denn tatsächlich gehört der Ausstellungsteil um Mithras zu den kunstgeschichtlich besonders beeindruckenden Kultgegenständen, was auch daran liegt, daß dem Landesmuseum zwei regionale Mithrasreliefs gehören, zu denen zwei weitere hinzugeliehen werden konnten, echte antike Stücke also, zu denen dann ein Nachbau des Mithras-Heiligtums aus Santa Maria Capua Vetere in Italien die Atmosphäre hinzufügt, die unter klaustrophobischen Verhältnissen mit geheimnisvollen Wandmalereien und Kultgegenständen die Faszination eines antiken Geheimkults suggeriert. Der Katalog hilft dann auch die Ikonographie des Mithras-Kultes in den Mithräen vergleichen zu können, die in der Darstellung der Auktionieren gipfelt, wobei man sich auf einmal fragt, ob der Spanische Stierkampf als nationale Angelegenheit nicht eine Fortsetzung sei.

 

Genauso gründlich werden auch die Bedingungen der RELIGION ROMANORUM dargestellt und vor allem die MACHTVOLLEN GÖTTINEN in Bild gezeigt und ihr Wirken erklärt. Leserfreundich ist dabei, daß die Katalognummern unter den jeweiligen Kapiteln rubriziert sind, so daß man beim Hin- und Herblättern alles leicht findet. Natürlich ist dann mit MONOTHEISMUS UND DAS ENDE DER PAGANEN KULTE auch die oben erwähnte Grundfrage angesprochen.

 

Man könnte beim Studieren des Katalogs auch gut mit dem Schluß beginnen. Ab Seite 419 geht es um ENTDECKUNGEN UND WIRKUNGEN, wo es um die Rezeption 'Orientalischer 'Kulte und Religionen in den Künsten und der Architektur geht, wobei die ISIS-Darstellungen bis heute reichen und die geheimnisvolle Frau, die mal zur Maria neigt, dann aber zur Femme fatale wird, einfach besonders interessant ist. Mit einem Wort. Wer die Ausstellung nicht besuchen kann, sollte sich des Katalogs versichern. Wer in der Ausstellung war, der – so glauben wir – will sich sowieso noch gründlicher mit dem Thema beschäftigen.

 

www.landesmuseum.de

 

 

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