Serie: NENNT MICH REMBRANDT! Durchbruch in Amsterdam. Ausstellung im Frankfurter Städel bis 30. Januar 2022, Teil 2
Claudia Schulmerich
Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Rembrandt Harmeszoon van Rijn, als Sohn eines Müllers in Leiden 1606 geboren, wurde dort professionell als Maler ausgebildet, eröffnete schon mit 19 Jahren sein erstes Atelier, nahm sogar schon Meisterschüler auf wie den 15jährigen Gerad Dou und wurde als Maler im Land und darüberhinaus bekannt. Der nächste Schritt war darum folgerichtig sein Umzug nach Amsterdam, der Metropole nicht nur der Niederlande, sondern zunehmend Europas, die mit dem Fernhandel, dem evangelischen Arbeitsethos und der Seeflotte eine Weltmacht werden, viel Geld also in der Stadt, was gute Aufträge für Künstler bedeutet. Wobei es nicht das Geld ist, das zur Kunst drängt, sondern Bilder an der Wand Repräsentanz konstituieren.
Rembrandt, der seit seiner Ankunft in Amsterdam Ende 1631 nur noch mit seinem Vornamen signiert, was Ausdruck gesteigerten Selbstbewußtseins und seiner Einzigartigkeit ist, malte erst einmal ein Porträt am anderen und war mit seinem Gruppenporträt „Die anatomische Vorlesung des Dr. Nicolas Tulp“ 1632 ein gemachter Mann. Er wurde Bürger der Stadt, heiratete mit Saskia van Uylenburgh (1612-1642, rechts im Bild) die Tochter eines Kunsthändlers, bei dem er seit seiner Ankunft in Amsterdam wohnte. Es paßte also alles. Und Rembrandt arbeitete und arbeitete. Es war seine beruflich intensivste und wohl auch privat glücklichste Zeit.
Um so erstaunlicher, daß bisher diesen mittleren Jahren wenig Ausstellungen galten. Rembrandt wird entweder als früher Meister oder in seinem Spätwerk gezeigt, das wir heute so sehr viel stärker würdigen als seine Zeitgenossen, denn er starb 1669 einsam und arm. Doch hier in dieser Ausstellung ist keine Spur von Niedergang oder auch dunkler Weltensicht. Zwar schimmert bei Rembrandt auch bei den Strahlebildern immer noch ein Anderes durch, worauf wir noch einmal eingehen. Vorrangig soll aber jetzt ein weiterer Aspekt der Ausstellung betont werden, der jeden Besucher zum Entdecker machen kann. Wie schon in MAKING VAN GOGH, der besucherstärksten Ausstellung, die das Städel je hatte, ist auch diese Ausstellung eine, die sehr stark daraufhin orientiert, wie ein Maler zu einem Markenzeichen, eben Rembrandt, wird. Das hat mit seinem Universalismus, seinen malerischen, einschließlich zeichnerischen und druckgraphischen Qualitäten zu tun, aber eben auch mit einer geschickten Marktpolitik mittels seiner Werkstatt. Keiner spricht heute mehr von Svetlana Alpers 1988 erschienenem Werk, in dem Rembrandt als Unternehmer dargestellt und seine Werkstatt als Ausgangspunkt für seine Marktstrategien analysiert wird.
Keiner spricht von diesem Buch, aber was die Ausstellung leistet, ist dies Buchwissen in den Bildern an den Wänden erkennen zu lernen. Es geht also nicht nur um die Opulenz großartiger Gemälde. Aber auch. Das sollte man doch ganz deutlich ausdrücken. Wer nur (seinen) Rembrandt sehen will, kommt auf seine Kosten! Er wird ihn sogar noch strahlender empfinden als sonst, wo Strahlen angebracht ist und noch erdiger, wo dies paßt. Das liegt an der richtig guten Entscheidung, die Wände in einem sehr dunklen Petrol zu streichen, so daß die gut durchbluteten niederländischen Gesichter und auch das gezeigte Fleisch einem hell entgegenstrahlen, verstärkt durch die Mode der Zeit für Mann und Frau, die oft sogar mehrfach übereinander geschichteten weißen Spitzenkrägen um den Hals!
Das waren nur Assoziationen, Hinweise als Voraussetzungen für einen intensiven Besuch der Ausstellung, dann mit einer Berücksichtigung der einzelnen Werke, neben den Gemälden eben auch die Zeichnungen und Radierungen. Das alles soll mit den Detailangaben zur Ausstellung in den nächsten Artikeln folgen.
FORTSETZUNG FOLGT
Fotos:
Selbstbildnis an einer Steinmauer, 1639, Radierung, National Gallery of Canada Ottawa, mit der zusammen die Austellung konzipiert wurde und wo sie zuerst gezeigt wurde. Schon bei dieser Radierung weiß man, warum. Ein selbstbewußtes Selbstporträt, aus das wir noch zu sprechen kommen werden.
Saskia, Ehefrau des Künstlers, 1634/35-1638/40, National Gallery of Art Washington
©Redaktion
Info:
Ausstellung bis zum 30. Januar 2022
www.staedelmuseum.de
Auf den umfangreichen Katalog aus dem Hirmerverlag gehen wir noch gesondert ein.