wpo Luc Laignel 1847Der Schlüchterner Künstler Luc Laignel geht nach Wallendrod 

Hanswerner Kruse

Schlüchtern/Wallenrode (weltexpresso) - Luc Laignel (67) hat sein kleines Häuschen im Schatten der evangelischen Stadtkirche noch nicht verkauft. Dennoch restaurierte er bereits in den letzten Monaten ein Anwesen in Wallenrod im Vogelsberg, unweit von Lauterbach.

Im Freundeskreis feierte er vor kurzem die Einweihungsparty in der ehemaligen Tischlerwerkstatt zwischen alten Maschinen und Gerätschaften sowie seinen Arbeitsutensilien. Hier fand er endlich ein großzügiges Studio für sich, in dem er malen, zeichnen und mit anderen künstlerischen Medien experimentieren kann. In der ehemaligen Schreinerei bot er bereits einen kreativen Workshop für Bekannte an, im nahen Wohnhaus ist Platz für Gäste zum Übernachten. Das „Atelier Bleu“ könnte auch ein künstlerischer Begegnungsort werden, hofft Laignel.

Vierzig Jahre lang hat der fantasievolle und schöpferische „Franzose“, wie ihn noch viele nennen, in Schlüchtern gelebt und gearbeitet: In der eigenen Töpferwerkstatt, der Galerie „La vie en rose“ oder als Gast im KulturWerk. Im Psychosozialen Zentrum „Rosengarten verwirklichte er mit den Klienten in der Tagesstätte, später im abgetrennten Projekt „Atelier 7“, eine Vielzahl von kunsttherapeutischen Projekten: Möglichkeiten des freien oder nachahmenden Gestaltens mit Farbe, Maskenbau und Maskenspiel, Verbindung von Malerei mit eigenen Gedichten in selbst gestalteten Büchern. Seine eigenen künstlerischen Arbeiten stellt er auch in diesem Jahr wieder mit anderen Kunstschaffenden in der Frankfurter Paulskirche aus. Derzeit arbeitet er an Bildern mit kräftigen Farben in die er Muster einritzt.

Letztes Jahr ging er endgültig in den „Ruhestand“, nachdem er vorher bereits seine Arbeitszeit im „Rosengarten“, in dem er auch Gesprächstherapie mit Klienten durchführte, stark reduzierte. Aufgrund familiärer Umstände ist er wieder häufiger in Paris, seiner Geburtsstadt. Nach dem Zufallsfund des Gehöfts im Vogelsberg, will er Schlüchtern nun den Rücken kehren und zukünftig zwischen dem quirligen Paris und dem beschaulichen Wallenrod pendeln: Einige Tage Kultur in der Metropole genießen und sich davon inspirieren lassen, dann im Vogelsberg konzentriert für sich künstlerisch arbeiten oder mit anderen gemeinsam etwas in Workshops unternehmen.

Darin möchte er, wie bereits im „Rosengarten“ jahrzehntelang erprobt, Interessierten in Workshops unter entspannten Bedingungen „Zugang zur inneren Kreativität ermöglichen. Das soll spielerisch und experimentell geschehen, ich biete keine expliziten Aquarell- oder Druckkurse an“, meint Laignel. Zu den Möglichkeiten Kreativität zu entwickeln gehören Blindmalen oder Zeichnen nach Musik, spielerisches Gestalten und andere bewährte Praktiken, um sich von Blockaden freizumachen und in den Flow zu kommen.

Ein wenig wird Laignel den Menschen im Bergwinkel noch als Künstler auf dem Herbstmarkt des KulturWerks und mit Auftritten in der Rolle des „Léon aus Clermont-Ferrand“ erhalten bleiben. Mit dessen skurrilen Darbietungen als besserwisserischer und patriotischer Stand-up-Comedian, hat er fast alle KulturWerkWochen beendet.

Ach ja - in diesem Jahr soll das Publikum endlich mal bei Léon Französisch lernen - vielleicht ja mit „au revoir bientôt“ (tschüss bis bald).

Luc Laignel 2
 

Kontakt:
http://www.atelier-bleu.de

Fotos: 
privat / überarbeitet von Hanswerner Kruse
Oben: Porträt
Unten: Einweihung des neuen Ateliers Bleu

Anlage:
Über seine künstlerische Arbeit paraphrasierte Laignel ein Prévertgedicht

Chanson du peintre

Je suis comme je suis
Je plais à qui je plais
(Ich bin so wie ich bin
Ich gefalle wen ich mag)
Juliette Greco sang Jacques Prévert,

Ich singe weiter:
Ich male eklektisch
Mal eintönig
Mal vielfältig

Que voulez vous de plus
Que voulez vous de moi
(Was wollen Sie mehr
Was wollen Sie von mir)

Ich male ohne Stil
Mal eckig
Mal schmutzig
Ich male hektisch
Mal kubistisch
Mal willkürlich
Und dann

Ich male kindisch
Mal gekritzelt
Mal konkret
Ist es meine Schuld
Wenn es nicht dasselbe ist
was ich jedes Mal male?