1200 Jahre Mythos und Wirklichkeit, ab November im Landesmuseum Darmstadt

 

Felicitas Schubert

 

Darmstadt (Weltexpresso) – Wer in der Schule bei KARL DEM GROSSEN nicht richtig aufgepaßt hatte, kann das nachholen. Die bewegende Biographie von Johannes Fried aus dem Beck Verlag, die den Untertitel „ GEWALT UND GLAUBE“ trägt, ist dafür unerläßlich, aber ganze Zeitungsserien (derzeit in der Frankfurter Rundschau) und Veranstaltungen feiern ihn. Auch das Landesmuseum Darmstad.

 

 

Das Landesmuseum räumt derzeit nach so vielen Jahren der Totalsanierung seine umfangreichen Bestände aus allen Teilen der Wissenschaft und Kunst wieder ein, ist aber inhaltlich schon voll auf KARL DEN GROSSEN orientiert. „Am Samstag, den 28. Januar 814, starb Karl der Große in seiner Pfalz zu Aachen, am Sonntag war er schon Geschichte.“ Wenn auch das karolingische Geschlecht noch fast 300 Jahre fortbestand, so brach unmittelbar nach seinem Tode eine neue Zeit an, die sich aber weiterhin der nachhaltigen Erinnerung an ihn bediente. Somit nahm am 29. Januar 814 die Rezeption Karls des Großen ihren Anfang und setzt sich bis heute fort.

 

Die Ausstellung des Hessischen Landesmuseums Darmstadt findet also anläßlich des 1200sten Todesjahres Karls des Großen 2014 statt und ist damit Teil einer Reihe nationaler und internationaler Ausstellungen über den Karolinger in seinem Jubiläumsjahr.

 

Inhaltlich setzt sich die Ausstellung mit der Rezeption, der anhaltenden Wirkungsgeschichte Karls des Großen als Person, als Idee oder als Mythos durch die Jahrhunderte auseinander. Wie ist er heute in unserem Bewusstsein verankert und auf welche Weise wird er im öffentlichen Leben wahrgenommen? Die Geschichte seiner Rezeption wird auf vielfältige Art von historischen und zeitgenössischen Objekten belegt sowie durch den Einsatz neuer Medien belebt.

 

Vier Themenbereiche, die inhaltlich und chronologisch aufeinander aufbauen und miteinander verbunden sind, prägen die Ausstellung. Sie zeichnen eine Abfolge der Rezeption Karls des Großen vom Kunsthandwerk über Reformen, über verschiedene Literaturauffassungen in Frankreich und Deutschland, über den Historismus, die Kaiserzeit, die Weimarer Republik, den Nationalsozialismus bis heute zum Kult um seine Person als „Vater Europas“ nach.

 

 

I. Kunsthandwerk und Reformen

 

Es wird gezeigt, wie lang und in welcher Form sich die Traditionslinien aus der karolingischen Zeit in der Kunst, die sich vor allem auf die Buchmalerei konzentriert, und im Kunsthandwerk der Gold- und Silberschmiede sowie der Elfenbeinschnitzer nachverfolgen lassen. Herausragende Stücke sind der Gero-Codex (um 970) oder zwei Elfenbeintafeln aus der 2. Hälfte des 11. Jahrhunderts. Ebenso wird der Nachhaltigkeit der karolingischen Reformen nachgegangen. Die von Karl eingeführte Einheitswährung des Silberpfennigs (Denar) bestimmte währen des gesamten Mittelalters das Geldsystem und hatte in Grundzügen in England bis 1971 Bestand. Das pondus Caroli, das Karlspfund, hatte durch die von ihm abgeleiteten Einheiten für Maße eine herausragende wirtschaftliche Bedeutung für das ganze mittelalterliche Europa. Die erste einheitliche Buch- und Verwaltungsschrift, die karolingische Minuskel, verbreitete sich bis zum 12. Jahrhundert über ganz Europa und führte letztendlich über die humanistische Minuskel zu den noch heute gebräuchlichen Buchstaben der lateinischen Schrift (Antiqua-Schriften).

 

 

II. Literatur und Historismus

 

Die Verarbeitung der Person Karls des Großen in der französischen und deutschen Literatur des Mittelalters und der frühen Neuzeit bis ins 20. Jahrhundert steht hier im Fokus. Die Legendenbildungen liefen in Frankreich und Deutschland größtenteils gegenläufig und führten im Grunde zu einem geteilten Gedächtnis in beiden Ländern. Zur Präsentation stehen zahlreiche illustrierte Werke zur Auswahl, die schon im 9. Jahrhundert beginnen (Einhard, Notger Balbulus), ihren Höhepunkt im ausgehenden Hoch- und Spätmittelalter erleben (Chanson de Geste, Strickers „Karl“) und seit dem Historismus unter veränderten Vorzeichen (Groschenromane, Sagen und Märchen) weitergeführt werden.

 

 

III. Kaiserzeit, Weimarer Republik und Nationalsozialismus

 

Der Historismus leitet fließend über zur Rezeption Karls in der Kaiserzeit, der Weimarer Republik und im Nationalsozialismus. Die beiden letzteren hatten ein ausgesprochen ambivalentes Verhältnis zu Karl dem Großen. Hier taucht eigentlich zum ersten Mal der Europagedanke auf, der Reichsgründer, allerdings in einem völlig anderen Verständnis. Nach anfänglichen Schwierigkeiten wird Karl gegen seinen wieder auferstandenen Kontrahenten Widukind in der NS-Propaganda durchgesetzt. Eine SS-Division aus vorwiegend französischen Freiwilligen erhielt seinen Namen. Hier sind neben Realien auch Video-Stationen verortet mit Filmmaterial zu Division Charlemagne – mit einem unsäglichen Traditionsstrang bis heute – sowie Sprachstationen mit Zitaten verschiedener „Nazigrößen“ zu Karl dem Großen.

 

 

IV. Kult und Vater Europas

 

An das Dritte Reich schließt unmittelbar das Erscheinungsbild Karls des Großen in der Nachkriegspolitik an, in der er sich, wie schon bei den Nazis, als Vater Europas wiederfindet. Verschiedene Preise werden verliehen, politische, kulturelle und für die Jugend. Daneben macht sich aber auch eine gewisse „Unkultur“ breit, die sich den Namen des großen Karolingers völlig sinnentleert zu eigen macht (Souvenirs, Kitsch, Werbung). In diesem Abschnitt wird auch der Karlskult, eng verbunden mit der Herrscherlegitimation seit Otto III., über Barbarossa, Karl IV. und Napoleon bis heute dargestellt.

 

 

INFO:

 

Veranstaltungsort: Hessisches Landesmuseum Darmstadt, Friedensplatz 1, 64283 Darmstadt

 

Laufzeit: 2. November 2014 bis 25. Januar 2015

 

 

INFO:

Die Redaktion von Weltexpresso konnte eine Einladung des MARITIM Kongresshotel Darmstadt für einige Besuche in Darmstadt und Umgebung nutzen. Bisher konnten Sie von der Welturaufführung des TIMM THALER lesen, für das die beiden Darmstädter MARITIMS sehr günstige Konditionen bieten und Sie konnten sich über die Teilchenbeschleuniger in der Wissensstadt Darmstadt schlaumachen. Es kommen aber noch weitere Berichte unserer kleinen Redaktion, sowohl über die Restaurierung des Landesmuseum, das 2014 wiedereröffnet wird, wie auch über die laufende Georg Büchner Ausstellung. Mindestens, vielleicht noch mehr.

Von daher wollen wir für die freundliche Unterstützung danken und dieses so bahnhofs- wie stadtnahe und noch dazu nahe der Autobahn gelegene Hotel – in den renovierten Stockwerken außerdem mit den modernsten Bädern, die wir kennen - sehr gerne empfehlen. Neben den vielen Bequemlichkeiten empfanden wir die Freundlichkeit des Personals, ganz besonders im Restaurantbereich als etwas Besonderes. Doch, natürlich, geschmeckt hat es auch!

 

Telefon 06515 878-0 MARITIM Konferenzhotel

 

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