Hanswerner Kruse & Hannah Wölfel
Venedig (Weltexpresso) - Am zweiten Tag der Vorbesichtigung sind die Giardini überlaufen, vor den Pavillons der Länder bilden sich lange Schlangen. Doch dafür kann man sich bei einem zweiten Rundgang durch das Arsenale den Kunstwerken fast alleine widmen.
„Keine Person entdeckt“, behauptet unser iPhone im Porträt-Modus beim Abfotografieren eines Bildes von Na Chainkua Reindorf (oben) und akzeptiert die schwarze Frau vor dem Hintergrund nicht als Person. Doch dieses fotografische Malheur im Salon von Ghana ist keinesfalls symptomatisch für die Situation der schwarzen oder farbigen Kunstschaffenden auf dieser Biennale. Im Gegenteil, sie sind hier sehr präsent und werden sogar etwas hofiert: Der US-amerikanische Pavillon widmet sich „unserer Schwarzen“ (Eröffnungsrede) mit einer Solo-Schau der Bildhauerin Simone Leigh (rechtes Bild) und die zentrale Ausstellung „The milk of dreams“ beginnt mit einer riesigen Skulptur von ihr (links).
In den Giardini wurden seit 1895, dem ersten Jahr der Biennale, zahlreiche Länderpavillons gebaut. Die verschiedenen Nationen gestalten alle zwei Jahre ihre Präsentationen nach Gutdünken und lassen sie, entsprechend dem jeweiligen Zeitgeist und den politischen Machtverhältnissen kuratieren. Nur wenige orientieren sich an den Ausstellungsthemen der gesamten Biennale. Da einst schon bald mehr und mehr Nationen auf das Kunstfestival drängten, wurden im Arsenale und überall in der Stadt Kirchen, Werkstätten, Läden und andere Gebäude als Schauräume für die Länder angemietet oder gekauft. Mittlerweile sind hier in Venedig 80 Nationen vertreten. Der russische Pavillon ist - natürlich - geschlossen und wird von einigen Carabinieri bewacht.
In den drei Tagen vor (!) der Eröffnung werden alle Pavillons nacheinander eröffnet, sämtliche Künstler und Künstlerinnen der jeweiligen Länder sind anwesend und mit Häppchen, Sekt und kostenlosen Büchern für die Presseleute wird gefeiert. Das führt zu endlos langen Schlangen vor dem fröhlichen Zusammensein, dann drängeln sich die hungrigen und durstigen Leute zwischen den Kunstwerken, die meist kaum noch zu sehen sind. Aus Erfahrung wissen wir, dass nach der Eröffnung viel weniger los sein wird, immerhin dauert das Festival ein halbes Jahr lang, Wir sind also voller Hoffnung, in der nächsten Woche noch alle nationalen Ausstellungen besuchen zu können.
Fotos:
© Hanswerner Kruse
Info:
Die 59. Biennale beginnt am Samstag den 23. April und dauert bis zum 27. November 2022.
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