Hanswerner Kruse
Fulda (Weltexpresso) - Vor kurzen kam der Fuldaer Kunstverein mit seiner Ausstellung im Radom „Dem Himmel nah“, nun ist er gleichzeitig „Voll im Leben“. So der Titel der neuen Schau in der Galerie des Vereins am Dahliengarten, welche die Bildhauerin Chris Kircher und die Malerin Leni Vasconcellos derzeit ausrichten.
Zahlreiche Gäste erlebten eine glanzvolle Vernissage: Tony Osana spielte südamerikanische Rhythmen auf seiner Gitarre, die brasilianisch-deutsche Künstlerin Vasconcellos sang „No woman no cry“ auf portugiesisch. Abena P.A. Busia, Botschafterin Ghanas in Brasilien und Literaturwissenschaftlerin, kam zur Vernissage ihrer Freundin und trug eine längere Ode vor, die sie zu einem Bild der Künstlerin geschrieben hatte: „...das Alltägliche muss die Zerbrechlichkeit / des täglichen Lebens verankern...“
Zunächst fallen in der Ausstellung drei riesige Blechvögel Kirchers ins Auge, die eigentlich gar nicht mitkommen sollten. Doch beim Vorgespräch im verwilderten Garten eines ehemaligen Frankfurter Steinmetzens, glotzten sie so unternehmungslustig aus dem Gebüsch. Meist sind die Vögel der Künstlerin, mit den braun-rostigen Oberflächen, nur einen halben Meter groß und wirken arrogant, ängstlich, mutig oder beleidigt. Die Gestaltung ist jeweils auf einen deutlichen Ausdruck reduziert, der zum Nachahmen anregt. „Ja, und die Leute geben ihnen gerne Namen und fangen an, Geschichten zu erzählen“, sagt Kircher.
Sie nutzt ausschließlich altes Eisen mit Narben, Macken und Farbresten vom Schrottplatz. Es sind keine blechernen Collagen, die Oberflächen der Geschöpfe wirken durch den bewusst herbeiführten Rost in sich geschlossen, Dazu vermeidet Kircher niedliche Details, deshalb muten ihre Geschöpfe nie kitschig oder kunstgewerblich an. Als sie das Schweißen lernte, hatte sie jahrelang feministische Selbstverteidigung gelehrt. Im Training mussten sich alle mit Standfestigkeit und eindeutiger Körpersprache auseinandersetzen: Das hat ihre künstlerische Entwicklung beeinflusst.
Dabei wollte die studierte Botanikerin gar nicht Künstlerin werden. Doch durch einen Schweißkurs war sie begeistert: „Du hast zwei Teile. Feuer. Dann hält das!“ Sofort schuf sie die typischen Flatterwesen und fand dadurch den Weg zur Kunst. Fünf Jahre später konnte sie von ihren Kreaturen leben. 13 Semester besuchte sie danach die Abendschule am Frankfurter Städel und bekam eine künstlerische Nachbildung. Die inspirierte sie zu ihren emotionalen Malereien, die sie intuitiv und spontan entwickelt und die allenfalls von Art Brut beeinflusst sind. Ihre voluminösen, abstrahierten „Frauenköpfe“, die sie in Fulda zeigt, sind ihr neuer Weg zur Kunst. Aufwendig schweißt sie ihre Werke aus vielen kleinen Eisenstückchen nach Skizzen und einem Modell zusammen. Man könnte meinen, die kleinen Plättchen symbolisieren die vielen verschiedenen Facetten einer Person.
Leni Vasconcellos lebt in Schlüchtern. Ihre Ölbilder mit den sanften Farbübergängen oder den kräftig getüpfelten Farben, wirken zunächst realistisch: Da schwebt oder tanzt ein gehörntes Wesen über einen Elefanten. Miteinander verbundene Frauen bilden eine endlose Reihe. Zwei fremdartige Wesen sind „Wächter des Waldes“. Aber was die Gestalten in ihren Gemälden tun, ist meist vieldeutig magisch aufgeladen: Die Arbeiten sind geheimnisvoll und traumartig.
Häufig kann man zu ihnen Gefühle wie Freiheit, Ausbruch oder neues Leben assoziieren. Nicht zufällig, denn viele Werke haben mit der Geschichte ihres Volkes zu tun: „Meine Vorfahren waren Sklaven, die aus Afrika von den Portugiesen nach Südamerika verschleppt wurden“, erklärt die Künstlerin. Eine Gänsehaut bereitende Aussage! Sie wuchs in Brasilien auf und arbeitete dort lange als Grafikerin. Später ging sie gemeinsam mit ihrem deutschen Ehemann dreimal - jeweils für einige Jahre - nach West-Afrika und engagierte sich im Deutschen Entwicklungsdienst.
Vasconcellos kam mit 35 Jahre, zum ersten Mal nach Afrika. Hier war sie ausschließlich von Schwarzen umgeben, „das war eine ganz neue Erfahrung für mich“, erinnert sie sich, „denn in Brasilien ist ja fast jeder gemischt.“ Im alltäglichen Umgang mit den afrikanischen Menschen und in ihrer künstlerischen Auseinandersetzung mit deren Kultur, erkannte Leni die Quellen religiöser Bräuche in Brasilien. In der Heimat ihrer Ahnen spürte sie eigene Wurzeln.
Nun widmet sie sich in den letzten Jahren in Deutschland ausschließlich der Malerei. Schon in ihren frühen strengen Zeichnungen, schien sie zeremonielle afrikanische Objekte zum Leben zu erwecken und sich dadurch anzueignen. Später fügte sie afrikanische Muster und geometrische Strukturen in ihren Werken ein. Doch seit langem sind ihre Arbeiten nicht folkloristisch, sondern Fusionen brasilianischer, afrikanischer und europäischer Einflüsse. In den eigenen individuellen Gemälden werden Atmosphären spürbar, archaische und oft fröhliche Fantasien anderer Lebensweisen. Aber es bleibt der geheimnisvolle Rest in ihren Werken, der sich nicht vollständig entschlüsseln lässt.
Foto
Dabei wollte die studierte Botanikerin gar nicht Künstlerin werden. Doch durch einen Schweißkurs war sie begeistert: „Du hast zwei Teile. Feuer. Dann hält das!“ Sofort schuf sie die typischen Flatterwesen und fand dadurch den Weg zur Kunst. Fünf Jahre später konnte sie von ihren Kreaturen leben. 13 Semester besuchte sie danach die Abendschule am Frankfurter Städel und bekam eine künstlerische Nachbildung. Die inspirierte sie zu ihren emotionalen Malereien, die sie intuitiv und spontan entwickelt und die allenfalls von Art Brut beeinflusst sind. Ihre voluminösen, abstrahierten „Frauenköpfe“, die sie in Fulda zeigt, sind ihr neuer Weg zur Kunst. Aufwendig schweißt sie ihre Werke aus vielen kleinen Eisenstückchen nach Skizzen und einem Modell zusammen. Man könnte meinen, die kleinen Plättchen symbolisieren die vielen verschiedenen Facetten einer Person.
Leni Vasconcellos lebt in Schlüchtern. Ihre Ölbilder mit den sanften Farbübergängen oder den kräftig getüpfelten Farben, wirken zunächst realistisch: Da schwebt oder tanzt ein gehörntes Wesen über einen Elefanten. Miteinander verbundene Frauen bilden eine endlose Reihe. Zwei fremdartige Wesen sind „Wächter des Waldes“. Aber was die Gestalten in ihren Gemälden tun, ist meist vieldeutig magisch aufgeladen: Die Arbeiten sind geheimnisvoll und traumartig.
Häufig kann man zu ihnen Gefühle wie Freiheit, Ausbruch oder neues Leben assoziieren. Nicht zufällig, denn viele Werke haben mit der Geschichte ihres Volkes zu tun: „Meine Vorfahren waren Sklaven, die aus Afrika von den Portugiesen nach Südamerika verschleppt wurden“, erklärt die Künstlerin. Eine Gänsehaut bereitende Aussage! Sie wuchs in Brasilien auf und arbeitete dort lange als Grafikerin. Später ging sie gemeinsam mit ihrem deutschen Ehemann dreimal - jeweils für einige Jahre - nach West-Afrika und engagierte sich im Deutschen Entwicklungsdienst.
Vasconcellos kam mit 35 Jahre, zum ersten Mal nach Afrika. Hier war sie ausschließlich von Schwarzen umgeben, „das war eine ganz neue Erfahrung für mich“, erinnert sie sich, „denn in Brasilien ist ja fast jeder gemischt.“ Im alltäglichen Umgang mit den afrikanischen Menschen und in ihrer künstlerischen Auseinandersetzung mit deren Kultur, erkannte Leni die Quellen religiöser Bräuche in Brasilien. In der Heimat ihrer Ahnen spürte sie eigene Wurzeln.
Nun widmet sie sich in den letzten Jahren in Deutschland ausschließlich der Malerei. Schon in ihren frühen strengen Zeichnungen, schien sie zeremonielle afrikanische Objekte zum Leben zu erwecken und sich dadurch anzueignen. Später fügte sie afrikanische Muster und geometrische Strukturen in ihren Werken ein. Doch seit langem sind ihre Arbeiten nicht folkloristisch, sondern Fusionen brasilianischer, afrikanischer und europäischer Einflüsse. In den eigenen individuellen Gemälden werden Atmosphären spürbar, archaische und oft fröhliche Fantasien anderer Lebensweisen. Aber es bleibt der geheimnisvolle Rest in ihren Werken, der sich nicht vollständig entschlüsseln lässt.
Foto
(c) Hanswerner Kruse
Unten: Abena P.A. Busia liest ihr Gedicht, halb dahinter Chris Kirchner die übersetzt
Info:
„Voll im Leben“
bis zum 2. Oktober 2022 im Kunstverein Fulda, Habsburger Gasse 2, Donnerstag bis Sonntag 15-18 Uhr.
Weitere Ausstellungen des Vereins: „Monochrom“ im Vonderau-Museum bis 11. September, „Dem Himmel nah“ im Radom auf der Wasserkuppe bis 25. September.
Unten: Abena P.A. Busia liest ihr Gedicht, halb dahinter Chris Kirchner die übersetzt
Info:
„Voll im Leben“
bis zum 2. Oktober 2022 im Kunstverein Fulda, Habsburger Gasse 2, Donnerstag bis Sonntag 15-18 Uhr.
Weitere Ausstellungen des Vereins: „Monochrom“ im Vonderau-Museum bis 11. September, „Dem Himmel nah“ im Radom auf der Wasserkuppe bis 25. September.