Hanswerner Kruse & Hannah Wölfel
Kleinsassen / Rhön (Weltexpresso) - Mit vielen wunderbaren Dingen begannen in der Kunststation die Herbstausstellungen. Höchst unterschiedlichen Werke dreier Kunstschaffender begegnen einander in der Schau „Mirabilia“ (lateinisch für wunderbare Dinge). In Cornelia Weihes Einzelausstellung sind ebenfalls wundervolle Arbeiten in großer Vielfalt zu „sichten“, so ihr Ausstellungstitel. Man kann im Rundgang durch die Station herausfordernde Exponate erleben und einfach nur staunen - wie einst in den barocken Wunderkammern.
Cornelia Weihe empfängt die Gäste mit einem fast abstrakten Gemälde, das vage an Wasser und Pflanzen im Nebel erinnert (Foto links) . Daneben steht das Fragment eines eisernen Mannes, der in Drahtseilen wie im Wald gefangen wirkt. Vielleicht sind die beiden Artefakte nicht füreinander geschaffen, doch sie lösen ähnliche Empfindungen aus. So geht es dem Betrachter bei allen Werkpaaren in ihrer Ausstellung, viele Skulpturen und Malereien sind farblich oder thematisch miteinander verbunden. Es gibt auch Einzelobjekte wie die wuchtige Installation „Inmitten“ aus Eisen oder zwei abstrahierte Stillleben, die ältesten gezeigten Stücke von 2004. Doch sie präsentiert keine Werkschau, ihre meisten Exponate sind in den letzten Jahren entstanden.
Die Künstlerin kommt von der Stahlbildhauerei, aber das Metall setzte ihr Grenzen in der Gestaltung, deshalb entwickelte sie ebenfalls Malerei als ihr Ausdrucksmittel.
In der Ausstellung „Mirabilia“ hat die Kuratorin sämtliche Arbeiten dreier Kunstschaffender kongenial vermischt. Einige mächtige rostfarbene Stahlskulpturen Faxe Müllers dominieren zwar den großen mittleren Saal der Station. Doch trotz ihrer eisernen Schwere wirken sie durch ihre verspielten dynamischen Formen auch luftig (Foto links und oben). Es sind aufwendig zusammengesetzte hohle Blechgebilde, die wie alle seine titellosen Objekte nur technische Bezeichnung haben (etwa KK_470 Grad im Doppel# 1). Man kann sie beliebig interpretieren:
in ihnen Verknotungen, Tanzende oder das Einfangen reiner Bewegung erkennen. Skulpteure lieben ihre Plastiken im White Cube, in weißen Räumen, doch in der Kunststation kommunizieren sie sowohl mit den meist aus Naturmaterialien geschaffenen Werken Katja Wunderlings als auch den „Lichtbildern“ Michael Schusters an den Wänden.
Im kleinen Saal steht im Zentrum eine abstrakte rostbraune Skulptur Müllers. Sie ist an den Wänden von den rostbraunen „Lichtgestalten“ Schusters mit angedeuteten Alltagsmotiven umgeben: Badende, Gehende oder Radschlagende. Beim Näherkommen entdeckt man eigenartige Muster in den von ihm bearbeiteten Baumblättern, die zunächst wenig naturartig wirken. Der Künstler presst Platanenblätter, aus denen er mit einem Skalpell - nach Fotos - seine Silhouetten schneidet und aufklebt. Dabei lässt er alle Grautöne weg, „zeichnet“ mit weißem Licht und Blattschnitten. Eine Besonderheit ist seine Figurenwand: 60 einzelne, menschenartige Wesen erobern eine weiße Wand (Foto links).
Katja Wunderling geht gerne lange spazieren und findet Trompetenbaumschoten oder Wiesenbocksbart - eigenartige, manchmal exotisch wirkende Pflanzenteile, die sie aufwendig weiter verarbeitet. Etwa Robinenstacheln auf Halbkugeln aus Styropor (Foto rechts) oder hängende, zusammengebunde Blättergebilde. Sie kreiert ebenfalls Bilder mit ihren Funden auf farbigen Grundierungen oder fantastische Pflanzencollagen, etwa die „Baumschwingen“. Aber Vorsicht beim Schauen, alles scheint so natural, dass man einige pure Kolorierungen für Naturgestaltungen hält. Die Künstlerin kommt eigentlich vom Drucken und hat früher viel radiert, das merkt man ihren - wenigen - Objekten mit Farbe und Graffito auch an.
Um die Wunderkammern in Kleinsassen zu entdecken, sollte man ausreichend Zeit und Geduld mitbringen, um alle „Mirabilia“ zu genießen. Die Kunststation wirkt in diesem Herbst wie eine wunderbare ästhetische Oase in der - von postkolonialem Gerede und anderen kunstfernen Debatten geprägten - zeitgenössischen Kunstszene.
Fotos:
(c) Hanswerner Kruse
Info:
„Mirabilia“ und „sichten“ noch bis zum 27. November 2022.
Geöffnet bis Ende Oktober (Sommerzeit) Di. bis So. 13 - 18 Uhr, im November (Winterzeit) Do. bis So. 13 - 17 Uhr
Zur Kunststation
Einzelbesprechungen der ausstellenden Kunstschaffenden folgen.
In der Ausstellung „Mirabilia“ hat die Kuratorin sämtliche Arbeiten dreier Kunstschaffender kongenial vermischt. Einige mächtige rostfarbene Stahlskulpturen Faxe Müllers dominieren zwar den großen mittleren Saal der Station. Doch trotz ihrer eisernen Schwere wirken sie durch ihre verspielten dynamischen Formen auch luftig (Foto links und oben). Es sind aufwendig zusammengesetzte hohle Blechgebilde, die wie alle seine titellosen Objekte nur technische Bezeichnung haben (etwa KK_470 Grad im Doppel# 1). Man kann sie beliebig interpretieren:
in ihnen Verknotungen, Tanzende oder das Einfangen reiner Bewegung erkennen. Skulpteure lieben ihre Plastiken im White Cube, in weißen Räumen, doch in der Kunststation kommunizieren sie sowohl mit den meist aus Naturmaterialien geschaffenen Werken Katja Wunderlings als auch den „Lichtbildern“ Michael Schusters an den Wänden.
Im kleinen Saal steht im Zentrum eine abstrakte rostbraune Skulptur Müllers. Sie ist an den Wänden von den rostbraunen „Lichtgestalten“ Schusters mit angedeuteten Alltagsmotiven umgeben: Badende, Gehende oder Radschlagende. Beim Näherkommen entdeckt man eigenartige Muster in den von ihm bearbeiteten Baumblättern, die zunächst wenig naturartig wirken. Der Künstler presst Platanenblätter, aus denen er mit einem Skalpell - nach Fotos - seine Silhouetten schneidet und aufklebt. Dabei lässt er alle Grautöne weg, „zeichnet“ mit weißem Licht und Blattschnitten. Eine Besonderheit ist seine Figurenwand: 60 einzelne, menschenartige Wesen erobern eine weiße Wand (Foto links).
Katja Wunderling geht gerne lange spazieren und findet Trompetenbaumschoten oder Wiesenbocksbart - eigenartige, manchmal exotisch wirkende Pflanzenteile, die sie aufwendig weiter verarbeitet. Etwa Robinenstacheln auf Halbkugeln aus Styropor (Foto rechts) oder hängende, zusammengebunde Blättergebilde. Sie kreiert ebenfalls Bilder mit ihren Funden auf farbigen Grundierungen oder fantastische Pflanzencollagen, etwa die „Baumschwingen“. Aber Vorsicht beim Schauen, alles scheint so natural, dass man einige pure Kolorierungen für Naturgestaltungen hält. Die Künstlerin kommt eigentlich vom Drucken und hat früher viel radiert, das merkt man ihren - wenigen - Objekten mit Farbe und Graffito auch an.
Um die Wunderkammern in Kleinsassen zu entdecken, sollte man ausreichend Zeit und Geduld mitbringen, um alle „Mirabilia“ zu genießen. Die Kunststation wirkt in diesem Herbst wie eine wunderbare ästhetische Oase in der - von postkolonialem Gerede und anderen kunstfernen Debatten geprägten - zeitgenössischen Kunstszene.
Fotos:
(c) Hanswerner Kruse
Info:
„Mirabilia“ und „sichten“ noch bis zum 27. November 2022.
Geöffnet bis Ende Oktober (Sommerzeit) Di. bis So. 13 - 18 Uhr, im November (Winterzeit) Do. bis So. 13 - 17 Uhr
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Einzelbesprechungen der ausstellenden Kunstschaffenden folgen.