Claudia Schulmerich
Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Es gab die Frankfurter Schirn geradem zwei Jahre, als mit einem Paukenschlag Sibylle Ebert-Schifferer, Stellvertretende Leiterin und Kuratorin mit GUIDO RENI UND EUROPA diese Schirn auch für die Alte Kunst adelte. Angefangen hatte ihr Leiter Christoph Vitali mit Zeitgenössischem und dann vor allem 1991 nach Wladimir Kandinsky mit „Die große Utopie. Die russische Avantgarde 1915–1932", mit sagenhaften über 1000 Exponaten.
Heute würde keiner GUIDO RENI. DER GÖTTLICHE in der Schirn erwarten, weil inzwischen – wie Städeldirektor Philipp Demant (links im Foto) bestätigte – die Schirn der Kunst seit dem 19. Jahrhundert vorbehalten ist. Nun hat ja auch das Städel seit 1990 einen Erweiterungsbau (Peichl), wo auch jetzt die neue Reni-Ausstellung hängt. Das muß man sich wirklich in Ruhe zu Gemüte führen, welche Sensation das ist, daß 34 Jahre nach der ersten Reni-Ausstellung eine zweite folgt. Die Ausstellung von 1988 war in Zusammenarbeit mit der Pinacoteca Nazionale in Bologna, dem County Museum in Los Angeles, einem weiteren amerikanischen Museum und ausgewiesenen Experten der Berliner Gemäldegalerie und der National Gallery Washington möglich geworden. Die heutige hat seine Reni-Leihgaben aus 60 Museen!, darunter sehr viele vom Prado in Madrid und auch aus Bologna. Nicht zu vergessen die beiden eigenen Werke von Guido Reni, von denen das eine – CHRISTUS AN DER GEIßELSÄULE (1604) - nicht in der damaligen Ausstellung hing und das andere – HIMMELFAHRT MARIENS(1598/99) noch nicht dem Städel gehörte. Diese Ausstellung folgt sozusagen dem Erwerb der Himmelfahrt, die der Städelschen Museums-Vereins 2014 zu dessen 200. Jubiläum möglich gemacht hatte. Auf jeden Fall ist Bastian Eclercy stolz darauf, daß es noch nie so viele Renis – 130 Gemälde, Zeichnungen und Radierungen - auf einem Platz gegeben hat. Das will ich nicht nachzählen, auf jeden Fall gab es 1988 in der Schirn 42 Ölgemälde, 65 Zeichnungen un 48 druckgraphische Bilder.
Das Städel und der Kurator der Ausstellung konzentrieren sich mit den zusammengetragenen Werken von Reni aus allen seinen Phasen auf die künstlerische Entwicklung des Malers und Wertigkeit des Werkes von Reni. Die damalige Ausstellung in der Schirn wollte vor allem die Bedeutung des Malers aus Bologna für die Kunst Europas herausstellen, nicht umsonst hieß sie GUIDO RENI UND EUROPA, und seine Rezeptionsgeschichte erkunden.
Wie sinnvoll es ist, erneut mit GUIDO RENI auch den Barock in den Mittelpunkt zu stellen, sieht man daran, daß trotz der Reni-Ausstellung von 1988 das Wissen der Deutschen um Reni nicht wahrnehmbar zugenommen hat, im Gegensatz zu seinen Zeitgenossen, dem berühmt-berüchtigten Mailänder Caravaggio und den Carraci-Brüdern, Annibale und Agostino aus Bologna, die in Deutschland sehr viel bekannter sind.
Daß Reni aber international sehr bekannt ist, hatte schon Christoph Vitali 1988 betont, wenn er wiedergibt, wie der TALENTIERTE MR. RIPLEY von Patricia Highsmith (1921-1995) im ersten Roman geschildert wird: „Er zeichnete ein Gemälde von Guido Reni ab, ohne besonderen Zweck...“. Aber auch die SONNTAGSFRAU der beiden Italiener Fruttero ((1926–2012)) und Lucentini (1920–2002) denkt unter der Friseurhaube an ein Bild von Samson und Dalila, das ihrem Onkel gehört und das alle für einen Guido Reni halten...Und selbst im fernen Japan läßt Yukio Mishima (1925-1970) in seinem autobiographischen Roman GESTÄNDNIS EINER MASKE den Jüngling am Beispiel Renis HEILIGEM SEBASTIAN, den er in einem Kunstband seines Vaters gefunden hatte, die antikisch-heidnische Schönheit des gemarterten Jünglings erotische tagträumen.
Das alles ist so ungefähr das Gegenteil von der Einschätzung eines langweiligen Barockmalers, als das ihre Künstler und diese Malerei in Deutschland massiv durch das 19. Jahrhundert abgewertet wurden. Höchste Zeit, mehr über Guido Reni zu erfahren!
Fortsetzung folgt.
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