FZ Mayer 1429Rundgang durch die Frühjahrsausstellungen (2)

Hannah Wölfel

Kleinsassen/Rhön (Weltexpresso) -  Man hat das Gefühl, solch unglaubliche Mengen von Collagen und Assemblagen eines einzigen Künstlers hat man in der Kunststation noch nicht gesehen. So vielfältig ist das Oeuvre von Peter Mayer:

Mittendrin in seiner Ausstellung „Fluide Bildwelten“ heftete er eine Unmenge eingerahmter oder nicht gefasster Collagen und Materialbilder an eine lange Wand, die links und rechts von zwei wächterartigen Wesen aus Gummischläuchen behütet werden. Weiterhin zeigt er riesige rätselhafte Übermalungen, die er meist paarweise zusammenstellte. Außerdem präsentiert er etliche Serien von ähnlichen Gestaltungen, die gemeinsam eng neben- und übereinander hängen. 

Freimütig erzählt er, dass er vor vielen Jahren Bauzeichner war - die mussten damals, geradezu zwanghaft, akkurate Linien und exakte Objekte zeichnen. Lange Zeit habe er gebraucht sich davon zu lösen, um endlich locker malen und gestalten zu können. Mayer entwickelte Übungen, etwa mit der linken Hand zu arbeiten, die er später in seiner Lehrtätigkeit an der Uni Erlangen-Nürnberg, auch den angehenden Kunstpädagogen vermittelte. Einst waren sicherlich seine Collagen mit Übermalungen ebenfalls eine Befreiungsübung, die von ihm in der künstlerischen Arbeit jedoch kräftig weiterentwickelt wurden. 33 Jahre lang lehrte er an der Uni die Auseinandersetzung mit wirklich zeitgenössischer Kunst, die nicht bei Picasso aufhört. 

Der Mann kann nichts wegwerfen, die vielen Fundstücke nimmt er mit, „weil meine Teilchen Geschichten in sich bewahren“: Wie kommt ein Zementsack aus Portland nach Marokko? Oder was steht in den Feldpostbriefen, die er in seinem gekauften Haus fand? Zu den collagierten und assemblierten Fundstücken ersinnt er dann eigene Erzählungen. Aber die muss man nicht enträtseln – denn vor allem sind seine Objekte wunderbare bildnerische Arrangements, die man einfach auf sich wirken lassen kann. Denn die Form, die Komposition der Materialien, steht im Vordergrund seiner Bemühungen. 

Gerne arbeitet Mayer an Serien: Mit Schnürsenkeln und Polaroid-Fotos von Schuhen. Hippieartige Flower-Power-Bilder. Mit alten Covern des US-amerikanischen Magazins LIFE. Er fängt einfach an die Untergründe zu bekleben und zu bemalen - mal inhaltlich assoziativ, mal formal konstruiert. Diesen künstlerischen Gestaltungsprozess empfindet er als Spiel: Wenn er selber merkt, dass er anfängt zu überlegen wie es weitergehen könnte, legt er die Arbeit zur Seite. 

Dann beginnt er mit neuen Blättern oder arrangiert ältere weiter. So sind wohl auch die 35 Collagen mit der Illustrierten LIFE entstanden, als Serie „Old Fashion“. Grimmig beklebte und übermalte er die heile Welt der 1950er-Jahre: Straßenkreuzer, Frauen in Badeanzügen oder sich rasierende Männer. Einerseits schuf er dadurch eine kritische Hommage an diese Fotozeitschrift. Andererseits destruierten seine schweinchenrosa Farben - unter anderem - den verklärenden Blick durch die rosarote Brille der LIFE-Magazine.

Man sollte sich viel Zeit nehmen, um die Vielzahl von Mayers Objekten genießen zu können!

Kunststation 1447

Service:
„Fluide Bildwelten“ gemeinsam mit anderen Frühjahrs-Ausstellungen in der Kunststation Kleinsassen noch bis zum 4. Juni 2023. Geöffnet dienstags bis sonntags, sowie an Feiertagen, von 13 bis 18 Uhr

Fotos:
© Hanswerner Kruse