Ausstellung und Auszeichnung mit dem Karl Ströher Preis im MMK Zollamt in Frankfurt am Main

 

von Helga Faber

 

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Tobias Zielony, 1973 in Wuppertal geboren, fotografiert. Das ist das eine. Aber die Fotos entstehen nicht zufällig. Es sind aber auch keine Kunstfotografien, sondern, sagen wir mal, gestaltete Wirklichkeit. Er hat den mit 20 000 Euro zweijährig vergebenen Karl-Ströher-Preis zum Beginn seiner Ausstellung erhalten, die im aparten Zollamt gegenüber dem Museum für Moderne Kunst MMK in Frankfurt von der Jürgen-Ponto-Stiftung zur Förderung junger Künstler unterstützt wird.

 

Karl Ströher ist für die Frankfurter und Darmstädter kein Unbekannter. Denn ein Großteil seiner Sammlung machte den Beginn des MMK aus. Seit 1950 gibt es grundsätzlich den Preis, zuerst vom Stifter selbst, inzwischen nach dessen Tod von seiner Stiftung. Der Preis gilt grundsätzlich zeitgenössischer Kunst und ragt durch seine Höhe sowieso heraus. Dazu gibt es folgende Bestimmung: Die Preissumme teilt sich auf in ein Preisgeld von 10 000 Euro und den identischen Betrag, der dazu bestimmt ist, daß das MMK von dem prämierten Künstler in diesem Umfang Werke ankauft.

 

Aus der nun im Zollamt zu sehenden Serie „Manitoba“ hat das MMK also Fotografien erworben. „Tobias Zielony gehört für mich zu den bemerkenswertesten Fotografen unserer Zeit. Ich freue mich daß wir mit dieser Ausstellung eine weitere Facette seiner Arbeit vorstellen können, nachdem wir im vergangenen Jahr bereits die vollständige Serie ‚Vele‘ in unserer Sammlungspräsentation ausgestellt hatten“, äußerte Susanne Gaensheimer, Direktorin des MMK. Der Zyklus „Manitoba“ hat 42 Teile, die alle an der Wand des ehemaligen Zollamtes hängen, das schräg gegenüber dem MMK, also Richtung Dom einem durchaus auch schräg kommt, wenn man in den übergroßen Räumen und der Fensterreihung an Industriearchitektur denken muß, aber doch mitten in Frankfurts Altstadt sich befindet. Ein Gebäude, das eine Aura hat. Durchaus eine, die korrespondiert mit den Fotografien.

 

Die nämlich zeigen die Weite und Einsamkeit des Lebens draußen, das Dazugehören wollen, aber irgendwie nicht zugehörig sein. Es sind Bilder von Jugendlichen, aber nicht nur. Auf jeden Fall sind es Fotos aus Winnipeg, der Hauptstadt des kanadischen Bundesstaates Manitoba. Die Bilder geben Einblick in das Leben von jugendlichen Mitgliedern verschiedener Indianergangs in ihrem Umfeld. Dabei sind die Kerle und Mädchen nicht einfach abgebildet, sondern deuten mit Kleidung oder Posieren ihre Wünsche oder auch Ängste an. Und zeigen jedesmal deutlich auch ihre soziale Position.

 

Ergänzt werden diese Fotos durch Aufnahmen aus dem Reservat sowie der Architektur und Landschaft in Winnipeg sowie zeitgeschichtlichen Originalklangaufnahmen. Es geht um das traditionale Indianerbild in Brechung mit der gegenwärtigen Lebenswirklichkeit vieler indiger Kanadier, die in Perspektivlosigkeit, Arbeitslosigkeit und Kriminalität leben. Der 2008 entstandene Film THE DEBOARD; auch dort zu sehen, zeigt die Geschichte eines Aussteigs aus einer Gang: Der Titel bezeichnet das Ritual, dem sich Bandenmitglieder unterwerfen müssen, um als freier Mann aus der Abhängigkeit ein neues Leben beginnen zu dürfen.

 

bis 15. Januar 2012

 

Katalog: Tobias Zielony, Manitoba, Spector Books, erläutert die Reise auf Englisch, und zeigt die Fotos in ganzseitigen Aufnahmen.