Kabinettausstellung im Jüdischen Museum Frankfurt vom 27. Mai bis 24. August 2014

 

Robert Matta

 

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Wer in Frankfurt groß geworden ist, hat das alles miterlebt: Das Jüdische Museum Frankfurt zeigtvom 27. Mai bis zum 24. August eine Kabinettausstellung zur Geschichte des Rothschildpalais. Im Zentrum stehen dabei seine prominenten Bewohner und die baulichen Veränderungen.

 

 

Die Ausstellung ist ein Baustein des öffentlichen Projekts „Park in Progress“. Stadtlabor unterwegs in den Wallanlagen“ und beleuchtet den Wandel des nun bald 200 Jahre alten Gebäudes.

 

Die Ausstellung schildert die Geschichte des Rothschildpalais als einem der letzten originalen Bauwerke, das um 1820 am neu geschaffenen Untermainkai gebaut wurde. Es ist nicht nur ein Zeugnis der damaligen Frankfurter Stadtplanung, sondern spiegelt auch eine gravierende Veränderung in der Frankfurter Gesellschaft wieder. So war die Hausnummer 15 durchgehend im Besitz jüdischer Bankiersfamilien, die sich nach der Auflösung der alten Frankfurter Judengasse im Westen der Stadt niedergelassen hatten: Die ersten Besitzer waren Joseph Isaak Speyer und seine Frau Betty, geb. Seligmann von Eichthal. Die Gesellschaft der Freunde und Förderer des Jüdischen Museums hat dem Museum zwei Portraits des Ehepaars aus dem Jahr 1807 geschenkt. Diese werden zu diesem Anlass erstmals ausgestellt.

 

Von der Witwe Speyer kaufte Mayer Carl von Rothschild, ein Enkel des Bankgründers Mayer Amschel Rothschild, das Stadthaus und erweiterte es zu einem imposanten Palais. Nach seinem Tod wurde Mayer Carls Kunstsammlung im Parterre des Haus ausgestellt.

 

Hausnummer 14 gehörte zunächst dem Architekten beider Häuser, Stadtbaumeister Johann Friedrich Christian Hess. Er verkaufte es an Staatsrat Simon Moritz von Bethmann, dem größten Konkurrenten der Rothschilds in Frankfurt. Spätere prominente Bewohner in Nr. 14 waren die Familie des berühmten jüdischen Arztes Dr. Salomon Stiebel, der ebenfalls noch seine Jugend in der Judengasse verbracht hatte, und des Unternehmers Jacques Reiss.

 

Die gravierendste Veränderung erfuhren beide Häuser 1905 durch ihre Zusammenlegung für die Erweiterung der neueingerichteten Freiherrlich Carl von Rothschild’schen öffentlichen Bibliothek. Diese Bibliothek hatte Mayer Carls Tochter Freifräulein Hannah-Louise von Rothschild 1888 ins Leben gerufen. Sie blieb bis über ihren Tod hinaus als große Wohltäterin für soziale Belange in Frankfurt bekannt und geachtet.

 

Die Rothschild’sche Bibliothek wurde 1928 in die Stadt- und Universitätsbibliothek eingegliedert. Von den Nazis wurde die Bibliothek unter Verschweigen der Gründerfamilie weitergeführt. Das Palais überstand auch das Kriegsende relativ unbeschadet. Es diente unter den Alliierten als Sammelstelle, einem sogenannten „Collecting Point“, geraubter Bücher und Manuskripte, bis dieser nach Offenbach verlegt wurde.

 

Das Haus diente von 1946 bis 1964 als Zentralgebäude der Stadt- und Universitätsbibliothek. Von 1964 bis 1988 war das Palais Verwaltungs- und Ausstellungsgebäude des Historischen Museums. Allerdings gab es auch Luxuswohnungen. Eine davon hatte der spätere Hessische Kultusminister inne und sprach von den goldenen Armaturen. Nachdem 1980 die Errichtung eines Jüdischen Museums beschlossen wurde, fanden von 1984-88 die Sanierungen und Umbauten statt.

 

1988 wurde im Rothschildpalais das erste eigenständige Jüdische Museum Deutschlands nach dem Krieg eröffnet. Die Dauerausstellung schildert die Geschichte der Frankfurter Juden vom 12. bis ins 21. Jahrhundert. Die Isolation der Gemeinde in der Judengasse wird den Lebensumständen in der Zeit der Emanzipation sowie der Neugründung nach dem Nationalsozialismus gegenübergestellt. Zudem werden die zentralen Aspekte jüdischen Lebens, die Traditionen damals und heute sowie die Vielfalt der jüdischen Kulturkreise thematisiert. Die Dependance Museum Judengasse wurde 1992 eröffnet. In den Sonderausstellungen wird ein breites Spektrum an kultur-, kunst- und zeithistorischen Themen zugänglich gemacht. Voraussichtlich im Jahr 2017 wird ein Erweiterungsbau der bewegten Geschichte des Rothschildpalais ein neues Kapitel hinzufügen.

 

Kurator: Erik Riedel

Wissenschaftliche Volontärin: Sonja Thäder

 

 

Kuriosa:

 

Gerne sprechen wir wieder einmal davon, daß dieses Haus von der Firma Wagenbach verwaltet wurde, die auch für unsere Stadtwohnung zuständig war. Als für das Jüdische Museum das gesamte Haus geräumt wurde, rief die Verwalterin Wagenbach bei uns an und fragte, ob wir da so einen alten Tisch wollten, der oben auf dem Dach stünde. Argument: „Sie haben da doch so altes Gelersch“. Das waren halt Wiener Biedermeier und andere Sachen. Wir schauten den Tisch an, nahmen ihn, denn es war ein wunderbarer Eichentisch mit originalen gedrechselten barocken Füßen. Und so lebt er nun bei und mit uns. Wem er einmal gehört hatte?



Bild: Betty Speyer, 1807 von einem unbekannten Maler gemalt

INFO:

Sonja Thäder führt am Mittwoch, 28. Mai 2014, um 17 Uhr, am Samstag, 5. Juli, um 15 Uhr und am Samstag, 16. August, um 15 Uhr kostenlos durch die Kabinettausstellung