Serie:„Georg Spalatin – Steuermann der Reformation“ im Residenzschloß Altenburg, Teil 1
Hubertus von Bramnitz
Altenburg/Thüringen/Sachsen (Weltexpresso) – Mit dem diesjährige Themenjahr der EKD "Reformation und Politik" wird die zweite Halbzeit der Lutherdekade eingeläutet, in deren Mittelpunkt dann das Reformationsjubiläum 1517 steht. Die Altenburger fragen: „Wer ist da prädestinierter als Georg Spalatin, um für dieses Thema zu stehen?“
Die Welt allerdings muß sich dieses Georg Spalatin erst einmal versichern? Wer ist dieser Mann? Neben Philipp Melanchthon ein weiterer Mann im Schatten Martin Luthers? Noch dazu einer, den man wagemutig als „Steuermann“ der Reformation bezeichnet, was ja die wichtigste Aufgabe ist, denn richtiges Navigieren verhindert das Kentern und den Untergang.
Antwort auf diese Fragen gibt die Sonderausstellung „Georg Spalatin – Steuermann der Reformation“, die vom 18. Mai bis zum 3. November im Residenzschloss Altenburg zu sehen ist. Von sich behauptete Spalatin angeblich, dass „... wenn (er) nicht gewesen wäre, nimmermehr wäre es mit Luthero und seiner Lehr so weit kommen“. Und in der Tat, vieles deutet darauf hin, dass Georg Spalatin in seiner Stellung als Geheimsekretär am Hof des sächsischen Kurfürsten Friedrich III. (genannt der Weise), den Verlauf der Reformation nicht unerheblich mit beeinflußt hat.
Dennoch ist Georg Spalatin relativ unbekannt, obwohl allein seine Porträts von bedeutenden Malern auf seine Wichtigkeit hindeuten. In der älteren Literatur zur Reformationsgeschichte begegnet man ihm meist mit einer etwas geschönten Vita. Durch das Ausstellungsprojekt und einen umfangreichen Begleitband soll ein komplexes und genaues Bild des Mannes neben Martin Luther gezeichnet werden, das ihm historisch entspricht.
Die Ausstellung im Residenzschloss Altenburg spiegelt in acht thematisch gegliederten Räumen das Leben Georg Spalatins wider.
Während der 1. Ausstellungsabschnitt den Zuständen im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation, im Kurfürstentum Sachsen und im Herzogtum Sachsen gewidmet ist, folgt im Raum 2 sowohl eine Darstellung des kurfürstlich-sächsischen Hofes als auch eine erste Beschreibung der frühen Lebensstationen Georg Spalatins. Der 3. Raum bietet einen eher ungewöhnlichen Einblick in die Stadt Altenburg, in der Spalatin einen großen Teil seines Lebens verbringt und teilweise für das weitere Voranschreiten der Reformation richtungsweisende Arbeiten erledigt. Anhand historischer Fotografien werden zahlreiche Gebäude gezeigt, die noch aus der Spalatin-Zeit stammen, allerdings in den vergangenen 150 Jahren aus unterschiedlichsten Gründen abgerissen wurden.
Der Raum 4 beschreibt Religiosität und Frömmigkeit am Vorabend der Reformation in Altenburg. Zum ersten Mal wird dieses Thema in Altenburg in einer Ausstellung mit Hilfe originaler Sachzeugen behandelt und dabei gezeigt, daß die heutige Schlosskirche und ein benachbarter Ort bedeutende spätmittelalterliche Wallfahrtsstätten waren. Im 5. Raum haben Darstellungen zum Reformationsverlauf ihren Platz gefunden.
Zahlreiche originale Exponate veranschaulichen sowohl das Reformationsgeschehen in der Stadt, die Arbeit Georg Spalatins als Pfarrer und Superintendent als auch die Bauernkriegsunruhen, von denen vor allem das Altenburger Land erschüttert wurde. Zu den Ausstellungshöhepunkten zählt der Raum 6. Anhand eines Hausinventars, das unmittelbar nach Spalatins Tod aufgesetzt wurde, ist es gelungen, eine idealtypische Hausrekonstruktion vorzunehmen und als audiovisuelle Projektion zu zeigen. Damit gelingt es, einen umfassenden Einblick in den Reformatorenhaushalt zu bieten, der durch Katharina Spalatin, von einer Schauspielerin gesprochen, in Form einer Hausführung erlebbar wird.
Der Raum 7 ist der Freundschaft Georg Spalatins zu Martin Luther gewidmet. Die Beziehung wird hier exemplarisch am Beispiel der Hilfe Spalatins bei der Bibelübersetzung beschrieben. Der Grafikzyklus „Die Apokalypse des Johannes“ von Albrecht Dürer sowie ein Originalschreiben Albrecht Dürers an Georg Spalatin illustrieren besonders anschaulich das geistige Klima, in dem sich Georg Spalatin bewegt hat.
Der letzte Ausstellungsraum8 bietet eine weitere Kostbarkeit von Rang: Die im Dienste des Kurfürsten Friedrich dem Weisen erstellte „Chronik der Sachsen und Thüringer“, die von Georg Spalatin verfaßt und in der Cranach-Werkstatt mit über 1800 z.T. kolorierten Federzeichnungen ausgestattet wurde. Die Chroniken, ein nicht unbedeutender Bestandteil des Spalatinischen Lebenswerkes, werden zum ersten Mal – jeweils in Abständen von ca. sechs Wochen aus konservatorischen Gründen nur immer ein Band – am Ort ihres Entstehens, in Altenburg gezeigt. Eine Würdigung des Lebenswerkes des Reformators schließt die Ausstellung ab.
Von Anfang an hat die Reformation auch politisch gewirkt. Martin Luther und die anderen Reformatoren bestimmten den Charakter und die Aufgaben von politischer Gewalt und Kirche neu und konnten auf diesem Weg ihr Verhältnis grundlegend erneuern. Ihre Einsichten haben kulturelle Spuren hinterlassen, die bis heute gesellschaftliche Relevanz entfalten: Das Verständnis von Bildung als staatliche Aufgabe, eine Neubewertung der Rechtsstellung der Frau und vieles mehr.
Katalog:
Georg Spalatin, Steuermann der Reformation, hrsg. von Armin Kohnle, Christina Meckelnborg und Uwe Schirmer und Stadt Altenburg, Mitteldeutscher Verlag 2014
Der in vier Abteilungen unterteilte Katalog bringt in seinem ersten Teil Spalatins Lebensdaten und seine beruflichen Anfänge als Prinzenerzieher und Sekretär Friedrich des Weisen. Seine Tätigkeiten im Dienste der Kurfürsten Johann und Johann Friedrich folgen, wobei aber Armin Kohnles Essay über „Spalatin und Luther (45 ff) uns am meisten interessiert. Überschrieben ist er: „Eine Männerfreundschaft“ und man muß sich die Lebensdaten genau anschauen, denn auf den Bildern schaut Luther älter und mächtiger aus, aber der beiden Lebensdaten liegen nah beieinander: Luther wird ein Jahr früher geboren und stirbt ein Jahr später. Kohnle zitiert: „Luthers vertrautester Freund“ und „Freundschaftsbund seltener Art“, aber wie oft bei bedeutenden Männern ist der reichhaltige Briefwechsel nur bei Spalatin erhalten, der Luthers Briefe (420) wie einen Schatz hütete und die Nachwelt auch.
Spalatins Briefe sind in der Überzahl verloren, nur 16 sind aus der Korrespondenz zwischen 1514 und 1525 erhalten, so daß die Aussagen Spalatins eher in den Antworten Luthers erschlossen werden. Auf jeden Fall sind diese Jahre gut dokumeniert, was sich ab 1525 ändert, weshalb wir schon hier auf den unten stehenden Band aus dem Sax Verlag verweisen, der Spalatins Wirken in Altenburg dezidierter, vor allem herrlich an 43 Quellen selbst nachweist.
Im Katalog führen alle Tätigkeiten Spalatins, der als Prinzenerzieher anfängt, zu gesonderten Katalogbeiträgen. Für Kunstinteressierte ist besonders interessant: VON LUCAS CRANACH GEMALT – SPALATIN IM PORTRÄT von Nadine Willing-Stritzke ab Seite 178. Ein sehr überzeugender Beitrag. Das gilt auch für DIE SPALATIN-KORRESPONDENZ von Christine Weide, die Aufschluß gibt, warum wir uns mit Spalatin befassen sollten, was seine historiographische Tätigkeit miteinschließt, die Christina Meckelnborg ausführt. Auch die Stadt Altenburg und ihre sehr verwickelte Geschichte kommt im Teil III. ausführlich zu Wort und Bild. Ab Seite 283 folgt der Katalogteil, der grob gesagt, der Struktur der Ausstellung, dem Ausstellungsrundgang folgt.
und
Björn Schmalz, Georg Spalatin und sein Wirken in Altenburg (1525-1545), Sax Verlag 2009
INFO :
Zeitraum der Ausstellung: 18. Mai bis 2. November 2014 im Residenzschloß Altenburg
Weitere Ausstellung in der Stadtkirche St. Bartholomäi „Freiheit und Glauben“, die als Dauerausstellung konzipiert ist
Ein multimedialer Spalatinpfad führt durch Altenburg, was sich keiner entgehen lassen sollte.
Zeitraum des Ausstellungsthemas : ausgehendes 15. bis Mitte 16. Jahrhundert
Das gesamte Rahmenprogramm unter www.spalatin-2014.de/ERLEBEN