Claudia Schulmerich
Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Das kommt hierzulande auch nicht alle Tage vor, daß zwei Tage hintereinander in Museen fast nebeneinander Ausstellungseröffnungen zweier Künstlerinnen sind, die beide über drei Jahrzehnte in Berlin lebten, sich nicht persönlich kannten, völlig unterschiedliche Werke schufen, die eine sehr bekannt, ja weltbekannt, die andere eher nicht, die eine hochgelobt und teuer bezahlt, die andere von Luft und Liebe zu ihrer Kunst am Leben erhalten, die eine 40 Jahre älter, die andere um diese 40 Jahre jünger , die eine, die nur Menschen als Sujets wichtig nimmt, die andere, die keine Menschen malt, sondern die Welt bunt abbildet - und die dennoch ein gemeinsames Schicksal eint:
viel, sehr viel Tod, Kinder, die vor ihnen sterben, bei der anderen ist der Mann nicht aus dem Krieg zurückgekehrt, Abscheu vor den Nazis, die eine aus politischen Gründen, die andere eher aus Instinkt und ästhetischen Gründen, die eine von ihnen wird verfolgt, mit Malverbot bestraft, was sie heimlich generös umgeht, die andere, da noch jung, unter dem Radar der Machthaber im Stillen weiterarbeitend.
Natürlich haben wir mit Absicht Louise Röslers Selbstporträt als Titelfoto gewählt. In ihrem Oeuvre ist es einzig, aber es ist eine direkte Verbindung zu Käthe Kollwitz, die sich auch als junges Mädchen malt, dem aber 100 Selbstbildnisse folgen, bei Rösler kein einziges! Hier ist sie zwanzig Jahre und hat gerade eine Tat hinter sich. Sie hatte schöne, ganz lange Haare und als die Eltern weg waren, ging sie zum Friseur und ließ sich einen Bubikopf schneiden. Ihre abgeschnittenen Haare verkaufte sie und konnte mit dem Geld eine Fahrkarte nach Paris kaufen, was sie auch tat.
Fortsetzung folgt
Fotos:
frühe Bilder, alle Frankreich
©Redaktion
Info:
Ausstellung im Museum Giersch bis 25.August 2024
Katalog:
Paris, Königstein, Berlin. Louise Rösler. Retrospektive 1907-1993, , hrsg. von Susanne Wartenberg im Auftrag des Museums Giersch der Goethe Universität, Wienand Verlag Köln