Gemeinsamen Ausstellung beider im Kunsthaus Zürich ab September 2014

 

Robert Matta

 

Zürich (Weltexpresso) - Vom 12. September 2014 bis zum 26. April 2015 zeigt das Kunsthaus Zürich eine vom Künstler Peter Fischli kuratierte Ausstellung über zwei wesentliche und höchst unterschiedliche Exponenten der Schweizer Landschaftsmalerei – Ferdinand Hodler (1853-1918) und Jean-Frédéric Schnyder (*1945).

 

 

Verbindendes, Trennendes und Überraschendes liegen auf dem mit rund 180 Werken reichen Parcours.

 

Grundlage der Ausstellung, die der Künstler Peter Fischli für das Kunsthaus einrichtet, sind Zeichnungen und Gemälde Ferdinand Hodlers aus eigenen Beständen des Museums – Landschaften, Naturstudien, Figurenkompositionen und Porträts. Konzeptuell darauf bezogen sind Jean-Frédéric Schnyders Bilderzyklen «Berner Veduten» (1982–1983) und «am Thunersee» (1995). Fischli lenkt den Blick auf den Schaffensprozess zweier charakteristischer Vertreter der Schweizer Kunst: der eine ein gefeierter und unumgehbarer Hauptmeister an der Schwelle zur Moderne, der andere ein nicht zuletzt in Künstlerkreisen hoch gehandelter Autodidakt und Außenseiter, der nach dem Ende der klassisch gewordenen Moderne wesentliche Anregungen zu geben vermochte.

 

Eine wichtige Rolle spielt in beiden Fällen die im Freien studierte und gemalte Landschaft. Betont werden die Gemeinsamkeiten, aber insbesondere auch das «Ungleiche» zwischen den beiden Künstlern. Für Kurator Peter Fischli ist der Begriff des «Ungleichen» der unausgesprochene Titel der Ausstellung.

 

Ferdinand Hodler Skizze mit drei Blütenformen Feder in Schwarz, auf gebräuntem Transparentpapier, aufgezogen, 11,5 x 11,5 cm Kunsthaus Zürich, Grafische Sammlung

 

DAS ALLTÄGLICHE VERSUS DAS SUBLIME

 

Nach seiner Teilnahme an der legendären Ausstellung «When Attitudes Become Form» von 1968 in der Kunsthalle Bern wagte sich Schnyder 1970/71 erstmals auf das Terrain der Malerei. Als er 1982/83 die «Berner Veduten» malte, gewann die Auseinandersetzung mit ihr noch an Tiefe und Bedeutung. Aus der Not, grad kein Atelier zu haben, setzte sich der Künstler – eine Staffelei auf dem Rücken – Tag für Tag auf sein Velo und malte im Stil der Freiluftmalerei 106 Motive aus Bern und Umgebung. Natur und Stadt, Liebliches und Hässliches, Migros und Münster: der Zyklus prunkt mit einem formidablen Motivreichtum.

 

Ziel war das Malen als Prozess ohne Wertungen, das Malen an sich. Zeichnerische Studien und installative Objekte Schnyders runden die Präsentation ab: Utensilien wie Rennrad, Wanderschuhe, Rucksack und Staffelei – die er im Schaffensprozess einsetzt – werden zu Skulpturen. Die Unterschiede zu Hodler sind frappant. Denn beim grössten Schweizer Maler des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts ist alles Wertung, Betonung, ein Herausarbeiten – Sublimieren. Bei ihm werden Mensch und Landschaft mittels großer Form in ihrer Beziehung zu einem geistigen Sinngefüge erfahrbar gemacht.

 

 

Jean-Frédéric Schnyder am Thunersee 11.10.1995 Öl auf Leinwand, 30 x 42 cm Privatsammlung, Schweiz, Courtesy Galerie Eva Presenhuber, Zürich © 2014 Jean-Frédéric Schnyder

© 2014 Jean-Frédéric Schnyder

 

 

NIESEN UND NIEDERHORN

 

Hodler pflegte seine Landschaftsmotive im Freien zu malen. Mit den «Berner Veduten» hatte sich auch Schnyder mit heiterer Ernsthaftigkeit erstmals als «Pleinairist» versucht. Als er dann 1995 seinen Zyklus der Thunersee-Bilder malte, betrat er vollends Hodlersches Terrain. Gerade der Niesen ist ein Hodler-Berg par excellence. Schnyder, dessen Hand in der Zeit zwischen den Veduten und den Thunersee-Bildern nuancierter geworden ist, malt ihn mehrmals und auch das gegenüberliegende Niederhorn. Anders als bei den Veduten konzentriert er sich hier vor allem auf zwei Motive. Die Standorte bleiben dieselben, was sich ändert sind die meteorologischen, atmosphärischen und energetischen Bedingungen. Manchmal erscheinen die Berge fast erhaben inszeniert, manchmal werden sie von Wolken verdeckt. Während Hodler stets den sublimen Moment suchte, wohnen wir bei Schnyder also wechselweise der An- und Abwesenheit des idealen malerischen Momentes bei. Zur einzigen Konstante wird die Malerei selber.

 

 

MALEREI ÜBER MALEREI

 

Die Malerei ist bereits bei Hodler als Thema stets omnipräsent. Bei allen Unterschieden erweist es sich somit als grosse Gemeinsamkeit, dass die Malerei beider vor allem von der Malerei selber handelt. Jenseits von Ikonografie und Kategorisierungen erlaubt es die Ausstellung, am künstlerischen Blick auf die Umsetzung der Welt in Malerei Anteil zu nehmen. Die Auswahl und Inszenierung durch Peter Fischli als bedeutenden Künstler von heute, der einen unverstellten Blick auch auf den Altmeister Hodler wirft, macht diese Präsentation einmalig und einzigartig.

 

 

LANGE NICHT GEZEIGTE WERKE

 

Das Kunsthaus, das mehrere Hundert Werke Ferdinand Hodlers besitzt, überliess Peter Fischli die Auswahl. Mit rund 25 Gemälden und 35 Zeichnungen Hodlers ist die Ausstellung reich bestückt. Viele dieser Werke waren seit Jahrzehnten nicht zu sehen und kommen aus dem Kunsthaus-Depot ans Licht. Jean-Frédéric Schnyders Schaffen ist anhand von 120 Werken zwischen 1982 und 1995 repräsentiert. Neben privaten Sammlern sind namhafte Schweizer Museen unter den Leihgebern – das Aargauer Kunsthaus, die Kunstmuseen in Basel und Bern, das Bündner Kunstmuseum, das Migros Museum für Gegenwartskunst und die Collection Pictet. Der Eintritt ist im regulären Eintritt inklusive und mittwochs gratis. Regelmässig und an unterschiedlichen Wochentagen finden öffentliche Führungen statt, für die keine Anmeldung erforderlich ist. Weitere www.kunsthaus.ch

 

PRAKTISCHE INFORMATIONEN

 

Kunsthaus Zürich, Heimplatz 1, CH–8001 Zürich, Tel. +41 (0)44 253 84 84, www.kunsthaus.ch

Offen: Fr–So/Di 10–18 Uhr, Mi/Do 10–20 Uhr.

Feiertage: Weihnachten 24./26. Dezember, 31. Dezember, 1./2. Januar 2015: 10–18 Uhr

Eintritt in Ausstellung Hodler/Schnyder inkl. Sammlung: CHF 15.-/10.- reduziert und Gruppen. Bis 16 Jahre und mittwochs gratis.

Foto:

Ferdinand Hodler Abend am Genfersee, 1895 Öl auf Leinwand, 100 x 130 cm Kunsthaus Zürich, Leihgabe der Gottfried Keller-Stiftung