Kunstwoche 8994Zum Beginn der  43. Kunstwoche

Hanswerner Kruse

Kleinsassen / Rhön (Weltexpresso) - Am Sonntag begann im Malerdorf Kleinsassen die 43. Kunstwoche mit einer fast unüberschaubaren Vielfalt von Kunst und Kunsthandwerk, kreativen Workshops und kulinarischen Genüssen.

Natürlich sollen die Leute auch etwas kaufen oder essen, aber es ist vor allem die hinreißende Atmosphäre, die einen Besuch dieses einzigartigen Festivals in Osthessen lohnt. Beginnen wir den Besuch der Kunstwoche mit einem Rundgang. Gleich am Anfang der Biebertalstraße wird man von gemalten Rhönschafen empfangen, es folgen fröhliche Keramik, „leicht und bunt“, ausgefallener Schmuck, gediegene künstlerische Schmiedearbeiten für den Garten oder Quilte und andere Textilarbeiten. Bereits in der ersten von vielen Scheunen und Garagen kann man Kalligrafie, Holzarbeiten oder abstrakte Malerei betrachten.

Zurück auf der Kulturmeile gibt es am Bach „Keramik- und Glaszauber“, „Gute-Laune-Mädels“ aus Beton oder einen echten van Gogh - als Bild auf einem Gemälde. Überall finden sich Hinweise auf die zahlreichen täglichen Workshops oder Demonstrationen der verschiedenen Kunst- und Handwerkstechniken. Vor einer Scheune drechselt ein Handwerker bereits kleine Holzdosen, eine Malerin arbeitet im Schatten an ihrem lachenden Schaf. Im Aktionszelt kann man Papier marmorieren oder mit farbigem Rasierschaum gestalten. 


Einige Meter weiter trifft man auf eine Besucherin mit einer noch feuchten marmorierten Karte, die sie mit einer Serviette wie ein buntes Brot hält. Ihr Mann beißt in einen Bienenstich. In einem exotischen Zelt bekommt ein kleines Mädchen mit der Airbrush-Technik einen Delfin als Tattoo. An einem Straßenstand der Kunststation, die oberhalb des Dorfes besuchbar ist, kann man Max Ernsts Technik der Frottage - passend zur aktuellen Papierausstellung - kennenlernen.

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Die Kindergruppe lärmt durch die Gassen: „Heute Puppentheater. Eintritt frei, Kinder zahlen die Hälfte.“ Ein eigenartiges Hochzeitspaar kommt einem entgegen: ein biederer analoger Bräutigam und eine schrille digitale Braut. Hinter ihnen scheppern leere Dosen, das seien die hohlen Kinder der beiden, erklären sie. Dieser Walkact der Gruppe Die KunstSchauDe und andere Performances werden in der kommenden Woche noch mehrfach wiederholt. 


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Ein Trecker neben einer Scheune, aus der künstlerische Arbeiten „herausfließen“, symbolisiert die Verbindung von Landleben und Kultur in Kleinsassen. Und die gibt es hier bereits bald seit 170 Jahren. Die ästhetische Spannweite ist riesig von einfachem Kunsthandwerk bis zur hochanspruchsvollen Kunst, etwa in der Station, die wie selbstverständlich wieder zum Festival gehört. Deren sensationelle Papierausstellung (wir berichteten) ist ebenfalls geöffnet. 
 


Der Musikverein Kleinsassen spielt nach einer Polka schnell noch „Stand by me“, bevor die offizielle Eröffnung beginnt. In einer leidenschaftlichen Rede meint der einstige Landrat und Förderer des Events, Friedrich Kramer (CDU), die Kunst sei hier zu Hause. Es müsse nicht alles gefallen was man sehe, egal ob es gefällig sei oder in Opposition stehe, alles fordere einen Dialog heraus. Der erste Beigeordnete des Landkreises Frederik Schmitt (CDU) betont, so etwas wie die Kunstwoche entstehe, die könne man nicht einfach verordnen. Mit Songs und Balladen der 1960er-70er-Jahre klingt der abwechslungsreiche erste Tag aus. In der St. Laurentiuskirche des Ortes sind später noch Klänge aus Renaissance und Frühbarock des Ensembles Salvatoris Consort zu hören. Was für eine Vielfalt!°

Service
Die Kunstwoche geht bis zum nächsten Sonntag am 18. August und ist täglich von 11-18 Uhr geöffnet. Das umfangreiche Programm ist auch als PDF-Download erhältlich: www.malerdorf-kleinsassen.de

Fotos:
© Hanswerner Kruse