„Haderer“ im caricatura museum in frankfurt am main

Felicitas Schubert

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Eigentlich hätten wir auch schreiben können, ein Christenspaß. Denn das ist ja auch das Geheimnis komischer Kunst, daß sich die sehr viel mehr an den Unflätigkeiten oder komischen Sachen, die mit ihnen und ihren Leuten getrieben werden, erfreuen als die, die deren Gegner sind oder denen das nicht wichtig ist. Gemeint ist jetzt das Ausstellungsplakat mit den grölenden, sich schief und krumm lachenden Kardinälen.


Wenn diese Ausstellung die „große, exklusive Werkschau des Superstars der Komischen Kunst“ einläutet, dann langt für die meisten – erst recht für Stern-Leser – der Name Haderer. Nein, der ist Original, richtig heißt der nette, heute grauhaarige Herr Gerhard Haderer  und verneint heftig, daß er selbst ein Haderer sei, also einer, der mit dem Leben hadert. Nein, er freut sich des Lebens, das merkt man seiner komischen Kunst an und er freut sich auch über das „Zweite Jahrzehnt im Stern“ ein Buch, das dieser Ausstellung zugrunde liegt, weil es einen Großteil der ausgestellten Blätter in sich gedruckt vereint.

Daß Haderer gleichzeitig mit dem schon länger verstorbenen F.K.Waechter ausgestellt wird, dieser allerdings nicht in dem heimischen caricatura museum wie die anderen der Neuen Frankfurt Schule, bedeutet auch einen Höhepunkt im Ausstellungsreigen, denn zwei so Große der Komischen Kunst gleichzeitig, das gibt es auch nicht alle Tage. Der Anlaß der Ausstellung ist allerdings ist ein ganz konkreter: Der 1951 bei Linz Geborene wird nun auch schon sechzig Jahr! Ein Geburtstagsständchen, an dem wir uns hier erfreuen dürfen.

Was wäre aus ihm geworden, wenn er nicht seit 1991 wöchentlich im Stern seinen Auftritt hätte? Eine überflüssige, aber dennoch nachdenkenswerte Frage. Es gibt ihn – und das schon seit 1984 in der Titanic, prfil, Wiener, Geo etc.- auch anderenorts und seine Fans verlegen sich eh auf den Büchererwerb. Ja, die Katholische Kirche. Da geht’s ums Eingemachte, was vielleicht nur einer aus Österreich oder Bayern so richtig verstehen kann, woher die nie versiegende Kraft kommt, die dem Haderer seine treffenden, perfiden Ideen zum irrenden und abirrenden Klerus eingeben. Göttlich, in des Wortes wahrer Bedeutung.

Daß er darob verfolgt wurde und sein im Jahr 2002 herausgekommener Band „Das Leben des Jesu“ eine publizistische Granate wurde, das macht ihn nicht nur immer bekannter, sondern auch noch widerständiger. Seine Zeichnungen sind eben auch die eines Profis, was sich erst einmal auf die Machart bezieht. Er hatte in Linz richtig Gebrauchs- und Werbegraphik studiert. Das merkt man, weil allem Witz immer eine solide Substanz unterlegt ist.

Früher hätte man Fotorealismus zur kristallinen Schärfe seiner Zeichnungen gesagt. Oder auch Hyperrealismus, denn die Figuren springen einem direkt aus den Blättern an. Das gilt zum Handwerklichen. Das würde aber nichts nutzen, wenn er nicht sein Ohr am Puls der Zeit hätte. Er spürt irgendwie – auf jeden Fall vor uns – was los ist mit den Leuten und macht daraus ein Thema und kann dann auch noch genau die Stelle zeichnen, wo es wehtut – den einen, den anderen zur Freud. Denn Entlarven ist eine der lustigsten und tiefsinnigsten Angelegenheiten – wenn es nicht um einen selber geht.

Achim Frenz, der Leiter der caricatura, hatte schon im Frühjahr 2011 die HADERER SCHAU für das Kunstmuseum Lentos in Linz kuratiert und hat für sein Museum nun zusammen mit dem Künstler aus den mehr als 1100 für den Stern entstandenen Zeichnungen eine Auswahl von gut 200 Originalbildern für die Frankfurter Ausstellung zusammengestellt.
Wer die gesehen hat und erst recht diejenigen, die sie nicht sehen können, können sich „Das zweite Jahrzehnt im Stern“ in Buchform kaufen. Was heißt „können“? „Sollten!“

Bis 27. November 2011

Katalog: Nein, es gibt keinen eigenen Katalog für die Ausstellung. Aber es gibt den Gesamtband HADERER. DAS ZWEITE JAHRZEHNT IM STERN, erschienen im Lappan Verlag 2011