IMG 6445Stadt an der Leine - Teil 2

Sabine Zoller

Hannover (Weltexpresso) - "Love You for Infinity"Bis zum 14. Februar 2026 steht das Sprengel Museum Hannover ganz im Zeichen dreier international gefeierter Kunstikonen: Niki de Saint Phalle, Yayoi Kusama und Takashi Murakami. Unter dem Titel „Love You for Infinity“ zeigt das Museum eine aufwendig inszenierte Schau mit rund 120 Exponaten, die Malerei, Skulptur, Installation, Grafik und Film umfassen.




 

IMG 6711Anlass der Ausstellung
Anlass ist ein besonderes Jubiläum: Vor 25 Jahren erhielt das Sprengel Museum die großzügige Schenkung von mehr als 400 Werken Niki de Saint Phalles und damit die bis heute größte Sammlung der Künstlerin weltweit. Diese Schenkung war nicht nur ein Meilenstein für das Haus, sondern auch ein kulturelles Geschenk für die gesamte Stadtgesellschaft, wie Oberbürgermeister Belit Onay zur Eröffnung der Ausstellung betonte: „Sie hat den internationalen Blick auf Hannover verändert und ein lebendiges Erbe hinterlassen, das bis heute wirkt.“- Der Untertitel der Ausstellumg, Love You for Infinity verdichtet zentrale Themen der Schau. Er verweist auf das Überdauernde, Grenzenlose und Universelle in den Werken aller drei Künstler*innen und betont deren zeitlose Relevanz: Konsum, Vergänglichkeit, Identität, Tod und Lebensfreude.
Kurator Stefan Gronert: „Niki de Saint Phalle war eine Außenseiterin, die es schaffte, berühmt zu werden - ein scheinbarer Widerspruch, der ihre Einzigartigkeit unterstreicht. Ihre Kunst entspringt nicht dem akademischen Diskurs, sondern dem Gefühl, der Lebensfreude und der Auseinandersetzung mit gesellschaftlich relevanten Themen, die damals oft übersehen wurden. Ihre Nanas machten sie bekannt, weil sie jeden in eine gute Stimmung versetzen, und zugleich steckt in ihrer Arbeit eine politische Sprengkraft, die wir vielleicht erst heute wirklich begreifen."

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Auf einer Ausstellungsfläche von 2.000 Quadratmetern führen zwölf thematisch gegliederte Räume durch die künstlerischen Welten der drei Protagonisten und lassen die Werke der international gefeierten Künstler hautnah zu erleben.

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Farbenfrohe Inszenierungen und raumgreifende Installationen, die Themen wie Liebe, Sexualität, Vergänglichkeit und Kommerz in all ihren Facetten beleuchten. Gleich zu Beginn begegnet man Niki de Saint Phalles berühmten Schießbildern, in denen sie schon in den 1960er-Jahren Fragen nach Geschlechterrollen und gesellschaftlichen Konflikten aufwarf. In einem anderen Raum umschwirren farbenfrohe Punkte und Blumen den Betrachter, Kusamas Markenzeichen, die zwischen Heiterkeit und fast hypnotischer Tiefe changieren. Murakamis poppige Blumenmotive und bunte Figuren, die auf den ersten Blick verspielt wirken, verbergen bei näherem Hinsehen Themen wie Bedrohung, Vergänglichkeit und innere Abgründe.Damit spannt die Ausstellung einen weiten Bogen, der gesellschaftliche Rollenbilder ebenso berührt wie Fragen nach Lebensfreude und Endlichkeit.

IMG 6506IMG 6507TAKASHI MURAKAMI (*1962)
 Takashi Murakami hat mit seiner kommerzialisierten Bildsprache - geprägt von ikonischen Blumenmotiven im Emoji-Stil - eine unverkennbare Ästhetik geschaffen. Als Begründer des „Superflat"-Konzepts, das sogenannte „hohe" Kunst und „niedrige" Popkultur verbindet, verschrän Murakami traditionelle japanische Kunst mit zeitgenössischen Themen aus Popkultur und Konsumwelt. Seine Werke bewegen sich gezielt zwischen Kunst und Massenkultur.


„Wir zeigen keine klassische Retro-spektive, sondern ein intensives, sinnlich erfahrbares Miteinander“, beschreibt Kurator Stefan Gronert das Konzept. Und genau das spürt der Betrachter bei jedem Schritt: Diese Schau will nicht nur besucht, sondern erlebt werden. Höhepunkt der Ausstellung ist die immersive Inszenierung im großen Saal: Spiegelnde Böden, überdimensionale Skulpturen wie Niki de Saint Phalles „Skull“, Kusamas „Infinity Mirrored Room“ und Murakamis leuchtende Blumenbilder verdoppeln sich ins Unendliche und ziehen die Betrachter in die Kunst hinein. Hier verschwimmen Grenzen zwischen Innen und Außen, Freude und Bedrohung, Leben und Vergänglichkeit.

IMG 6656IMG 6665YAYOI KUSAMA (*1929)
Ähnlich prägnant sind die Werke von Yayoi Kusama, deren immersive Installationen und charakteristische Polka-Dots eine unverwechselbare künstlerische Handschrift zeigen. Die Japanerin, die ein Jahr vor Niki de Saint Phalle geboren wurde und weltweit große Anerkennung genießt, thematisiert in ihren Arbeiten häufig Unendlichkeit, Selbstauflösung und Wiederholung - zentrale Aspekte, die sich in ihren berühmten „Infinity Rooms" manifestieren.


IMG 6718IMG 6470NIKI DE SAINT PHALLE (1930-2002)
Die Verwendung des Vornamens „Niki" ist nicht als Verniedlichung gedacht, sondern knüpft an die Selbstinszenierung von Niki de Saint Phalle an, die ihren Künstlerinnennamen bewusst gewählt hat. Dem Sprengel Museum Hannover ist bewusst, dass die Praxis der Vornamen-Verwendung bei Künstlerinnen auch problematische Implikationen haben kann, weil sie historisch mit einer Banalisierung weiblicher Positionen einherging. 



Mitmachen erwünscht
Die Ausstellung lädt aber nicht nur zum Staunen ein, sondern auch zum Mitgestalten. Inspiriert von Niki de Saint Phalles Liebesbriefen können Besucherinnen und Besucher eigene Botschaften verfassen. Ein barrierefreier Raum eröffnet auch blinden und sehbehinderten Gästen die Möglichkeit, zentrale Motive der Ausstellung über Tastsinn und Hörerlebnisse nachzuempfinden. Ergänzt wird die Schau von einem umfangreichen Begleitprogramm mit Diskussionsrunden, Workshops und Filmvorführungen.
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Ein Ausstellungskatalog sowie der „Infinity Shop“ mit Designobjekten und Kunstsouvenirs laden dazu ein, das Erlebnis mit nach Hause zu nehmen. Mit „Love You for Infinity“ feiert das Sprengel Museum nicht nur den 25. Jahrestag der großen Schenkung von Niki de Saint Phalle, sondern schenkt seinem Publikum eine Ausstellung, die weit über die Stadtgrenzen hinausstrahlt und Hannover zu einem internationalen Treffpunkt der Kunst werden lässt.

Fotos:
Impressionen der Ausstellung
© Sabine Zoller