Sehenswerte Ausstellung über den Maler Joan Miró im Bucerius Kunst Forum in Hamburg
Helmut Marrat
Hamburg (Weltexpresso) - Wer war eigentlich der Maler und Bildhauer Miró? Gut, man kennt ihn aus allen möglichen Museen, wo er sozusagen zum üblichen Bestand zählt. Meist bleiben seine surrealen Darstellungen in Erinnerung. Seine Kreise, seine Zahlenbilder, seine Planeten. Alles in starken, leuchtenden Farben.
Von Kraft. In einer Nähe zu Klee. Und als Vorläufer von Magritte. Und manche behaupten sogar, selbst Kinder könnten diese Werke schaffen. Denn ihnen wohnt eine gewissermaßen naive Sicht inne, weil Reduktion oft als Einfachheit wahrgenommen wird und nicht als Verschärfung des Sichtbaren. Übrigens mögen Kinder Miró wirklich und sie können in seinem Stil erstaunliche Dinge auf die Zeichenblöcke bringen.
Und was weiß man sonst?
„Miró / Malerei als Poesie“, so ist die aktuelle Ausstellung im Bucerius Kunst Forum benannt. Sie wurde erstellt in Zusammenarbeit mit der Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen in Düsseldorf, und sie besticht durch ihre Klarheit. Und mehr noch, als der wenig originell erscheinende Titel vermuten lässt, erlaubt sie eine intensive Beschäftigung mit dem Katalanen.
Joan Miró wurde 1883 in Barcelona geboren. 1919 reiste er zum ersten Mal nach Paris. Er suchte Picasso auf, der ihm sogar ein Portrait abkaufte.
Die Ausstellung zeigt neben mehreren Gemälden auch „Malerbücher“ aus dem Zusammenwirken mit den avantgardistischen Schriftstellern seiner Generation. Er war befreundet mit Tristan Tzara, Paul Eluard, Robert Desnos und Michel Leiris. Sie nahmen sich einen radikalen Neuanfang vor: „Die Nicht-Sprache des Nicht-Denkens“.
Miró übertrug das Konzept der surrealistischen Literaten auf die Malerei. Die Kombination von Text und Bild war für den Surrealismus „zentral“, wird uns im vorzüglichen Katalog erklärt. Miró hat dieses Verständnis maßgeblich beeinflusst: Wie der Maler sich von den Texten der Literaten anregen ließ, inspirierte Miró die Autoren. So entstanden zahlreiche Gemeinschaftsprojekte von Miró und seinen Schriftstellerfreunden. Miró gestaltete mehr als 250 Künstlerbücher. In mehreren Schaukästen lassen sich einzelne Beispiele hierfür studieren. 80 Leihgaben aus vielen internationalen Museen, von London (Tate) über Philadelphia bis New York (Moma und Guggenheim) und Mallorca bereichern die Schau und bieten einen äußerst sehenswerten Blick über das breite Schaffen des Malers. Dabei ist zu beobachten, dass man mit diesem Künstler nicht anfängt sich zu langweilen. Er kommt ohne Gegengewichte aus. -
Besonders originell etwa ist ein „Gemälde-Objekt“ von 1953, ein etwa 67 cm langer Streifen, aber nur 6 cm hoch, auf einer schlanken Stange montiert wie der Balken eines „T“. Oder die „Superstition Snake“ ('Schlange des Aberglaubens'), ein flaches, wirklich in Schlangenform ausgeschnittenes Bild - mit einer Breite von etwa 4,50 m bei einer Höhenausdehnung von knapp 2 m, wie ein Lasso, das als Fries für die Internationale Surrealisten-Ausstellung 1947 in Paris verwendet wurde. -
Berühmt ist auch das aus der Berliner Nationalgalerie entliehene Bild „La Petite Blonde auf parc d'attractions“ ('Das kleine blonde Mädchen im Vergnügungspark'), von 1950. In ihm kann man auch studieren, dass Miró mit zwei verschiedenen Techniken arbeitete, indem das Mädchen und die Sonne graphisch gestochen scharf erscheinen, während all das, was das Mädchen staunend sieht, also die Attraktionen des Parks, wie zum Beispiel verschiedene Karussells, unscharf, wie getuscht aussehen. -
Auch die “Constellations“ ('Konstellationen'), ein Gemeinschaftsbuch von Miró und dem als „Papst des Surrealismus“ geltenden André Breton, muß hier genannt werden. -
Der einzige Aspekt, der in der Ausstellung fehlt, ist Mirós fast lebenslanger Kampf gegen die Kommerzialisierung der Kunst; die Ende seines Lebens darin gipfelte, dass er Partien seiner Bilder brachial mit einer Lötlampe zerstörte, um ihren Kunstmarkt-Wert zu beseitigen.
Miró lebte in seinen letzten Jahren in Palma de Mallorca. Dort starb er 90jährig im Dezember 1983.
Info:
Die Ausstellung wird noch bis zum 25. Mai in Hamburg gezeigt, vom 13. Juni bis zum 27. September in Düsseldorf. Der lesenswerte Katalog erschien im Hirmer-Verlag