200 JAHRE STÄDEL: EIN GESCHENK FÜR ALLE“ – Großes Bürgerfest am 15. März 2015, 10 bis 20 Uhr, Teil 2
Roman Herzig
Frankfurt am Main (Weltexpresso) – „Im Namen Gottes!“ lautet die Überschrift der dritten und letzten Fassung des Testaments, das Johann Friedrich Städel am 15. März 1815 unterzeichnete. Er verfügte darin die Gründung der nach ihm zu benennenden Stiftung „Städelsches Kunstinstitut“ und hinterließ dieser sein gesamtes Vermögen (1,3 Mio. Gulden) sowie seine umfangreiche Kunstsammlung: 476 Gemälde, rund 4.600 Zeichnungen, knapp 10.000 Druckgrafiken und wertvolle Bücher.
Seitdem sind viele Menschen dem Beispiel des Gründers gefolgt. Ausgehend von der Idee eines einzelnen Bürgers haben sie ein Museum von Weltrang und eine 700 Jahre Kunstgeschichte umfassende Sammlung geschaffen.
Bedeutende Neuzugänge kann die Städelsche Sammlung auch im Jubiläumsjahr verzeichnen: Zu den herausragenden Geschenken zählt Karl Hofers kapitales Gemälde Der Blinde und das Mädchen von 1943, das Dr. Neubronner dem Städel Museum anlässlich des Jubiläums gestiftet hat. Bei dem Bild handelt es sich um ein Schlüsselwerk des deutschen Expressionisten. Es entstand unmittelbar nachdem das Berliner Atelier des Künstlers im Zweiten Weltkrieg durch eine Bombe getroffen und ein Großteil seines Schaffens vernichtet worden war: „Etwa einhundertfünfzig Bilder“, so berichtet Hofer in seinen Erinnerungen, „über tausend Zeichnungen nebst allem, was mich an mein früheres Dasein band, alles, was diese Aufzeichnungen hätte illustrieren können, war dahin, bis auf den Schlüssel, den ich in der Tasche trug.“ Hofer nimmt in dem Gemälde direkt auf dieses einschneidende Ereignis Bezug, indem er sich als Blinder vor den Ruinen einer Stadt darstellt.
Mit Eugène Carrières Interieur (1894–1896) hat der Bremer Geschäftsmann Claus H. Wencke dem Städel Museum innerhalb kurzer Zeit erneut ein wichtiges Bild des französischen Symbolisten geschenkt. Das in gedämpften Farbtönen gemalte Kabinettstück fügt sich perfekt in die Sammlung der Moderne ein, da es auf ideale Weise die Beziehungen zwischen Malerei und (Kunst-)Fotografie auslotet. Auch das Ehepaar Uta und Wilfried Wiegand sowie die Galerie Kicken, Berlin, haben das Jubiläum zum Anlass genommen, ihre enge Verbundenheit mit dem Museum durch weitere Schenkungen von Aufnahmen der Brüder Bisson und Helmar Lerski zu bekunden.
Einen weiteren Ausbau der Fotografiesammlung verdankt das Städel dem Fotospezialisten Manfred Heiting, der dem Museum in Anerkennung der in den vergangenen Jahren geleisteten Arbeit ein Konvolut von seltenen Fotografien überlässt. Neben Aufnahmen von François Kollar befinden sich darunter zwei der sehr gesuchten Vintage-Aufnahmen von Horst P. Horst.
Im Bereich der Gegenwartskunst freut sich das Städel über eine Schenkung des Frankfurter Ehepaars Michael und Karin Thoma, die zum 200. Geburtstag des Städel das bedeutende Ölgemälde Die Schere (1968) des deutschen Künstlers Bruno Goller stiften, sowie die Schenkung von Albert Oehlens Deutscher in Rio (1986) und Mike Kelleys Center and peripheries #1 (1990) aus einer privaten Sammlung. Des Weiteren enthält das Städel von der Witwe des Künstlers sowie einer mit Frankfurt verbunden Privatperson bedeutende Werke von Ernst Wilhelm Nay, die es dem Museum ab sofort ermöglichen, die gesamte künstlerische Entwicklung des Malers von seinem frühen expressionistischen Stil bis hin zur späten Abstraktion abzubilden.
Zu den weiteren Schenkungen aus Anlass von „200 Jahre Städel“ zählen die Spiegelmosaik-Wandarbeit Mosaic Mirror Wallpiece von John Armleder, die Paul Maenz dem Städel überlässt, sowie eine Schenkung der Berliner Künstlerin Bettina von Arnim, die zwei ihrer German Pop Art Gemälde dem Städel überlässt. Eines davon ist das Leinwandbild Hosenträger (1970), das innerhalb der Sammlung und zwischen Positionen von Konrad Klapheck oder Wolf Vostell ein ideales Umfeld gefunden hat.
Die Graphische Sammlung freut sich unterdessen über eine Schenkung von Dr. Klaus-Dieter Stephan, der dem Museum eine Zeichnung von Moritz von Schwind überlässt. Das Blatt zeigt Entwurfsskizzen zum Wohnhaus des Künstlers in Frankfurt am Main (1845/46) und Vignettenentwürfe zum „Erzherzog Carl von Österreich“ (1846/47); auf der Rückseite ist eine Studie zu Neckar und Main zu sehen, eine Vorzeichnung für die rechte Seite von Schwinds großformatigem Gemälde Vater Rhein mit seinen Nebenflüssen von 1847.
Der Städelsche Museums-Verein hat das Jubiläumsjahr mit zwei außergewöhnlichen Ankäufen eingeläutet: Eine erfolgreiche Jubiläumskampagne des Freundeskreises ermöglichte zu Beginn des Jahres den Erwerb des um 1596/97 entstandenen Gemäldes Himmelfahrt Mariens von Guido Reni. Ebenso wurde der Erwerb der Studie eines Aktes (Étude de Nu) (um 1888–1892) von Edgar Degas durch eine großzügige Einzelspende einer Mäzenin ermöglicht. Fortsetzung folgt.
INFO:
|
|
|
: