Gunter Demnig – Künstler für die Welt. - Zur Verleihung des Eugen Kogon-Preises am 13.3.2015 in Königstein, Teil 1

 

Heinz Markert

 

Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Die Verleihung des Eugen-Kogon-Preises an den Aktionskünstler Gunter Demnig am Abend des 13.3.2015 in Königstein im Taunus gibt Anlass zu Überlegungen, die das Allgemeinere der Kunst betreffen.

 

 

Der Künstler Demnig

 

Gunter Demnig ist weltbekannt für sein Konzept der Verlegung der „Stolpersteine“, die an vielen Orten zum vertrauten Inventar einer jeweiligen Straße vor den betreffenden Häusern geworden sind, als Versuch und Anstrengung des erinnernden „Zurückholens“ der gemordeten Opfer des Nationalsozialismus, die dort lebten, wie es der Königsteiner Stadtverordnete Robert Rohr zu bezeichnen versuchte.

 

Der Anlass ist ein dramatisch existenzieller, Platte und Stein aber sind zuallererst auch Kunst. Sein Entschluss zur Aktion war von Anfang an mit dem Wollen verknüpft, das Rückerinnern an die Gemordeten dem Boden der Erde als Erinnerungsfläche zu übergeben und dabei dem Werk mit der in den Wegbelag einzementierten Messingplatte auf Pflasterstein - mitsamt den darauf amtlich nachvollziehbaren Daten der Deportierten und Ermordeten - Dauer und Intensität zu verleihen. Die steingetragenen Platten sind Stolpersteine, weil auf sie – je nach Situation - ein kurzer, nach unten gerichteter Blick fällt, der die ausgelöschte Existenz einer Natur unserer aller Art unvermittelt in die Gegenwart hält. Demnig gab die wohl gelungenste Definition der Stolpersteine - nach den Worten eines Hauptschülers - preis: „Man fällt nicht hin – aber man stolpert mit dem Herzen und mit dem Kopf“.

 

An die 50 000 Steine wurden in 18 Ländern verlegt. In rund 1100 europäischen Städten - davon in 1000 deutschen - wurden die Steine mit den eingeprägten Inschriften auf Messing verlegt. München, die 'Haupstadt der Bewegung', wie die geflügelte Bezeichnung lautet, sträubt sich, aus welchen Gründen auch immer, gegen die Verlegung auf öffentlichem Grund. Es befinden sich lediglich einige wenige Stolpersteine auf privatem Grund. Als Leitkultur gilt dort noch eine andere, seltsam verstockte. Jedoch verharrt auch die dortige Israelitische Kultusgemeinde in Ablehnung gegen das Verlegen.

 

Die Stolpersteine entstammen der Bewegung der konzeptuellen Kunst. Diese befindet sich unmittelbarer und näher zu Wirklichkeiten. Sie möchte immer auch eingreifen, die Zeit stillstellen und wenden. Sie wird zur Aktionskunst, wenn sie die öffentliche Sphäre mehr reklamiert als in einem engen Rahmen der Museumskunst und daher im Medium der Kunst öffentlichkeitswirksam einschreitet. Dann ist Murren angesagt, wie mit jenem Mann auf dem Glockenturm während der documenta 13 in Kassel 2013, gegen den die künstlerische Leitung einsprach, nachdem selbst die Feuerwehr nachschaute, ob denn der Mann echt sei. Mit der spektakulären Kunstaktion verbindet sich so etwas wie der herausfordernde Anspruch auf Durchbrechung von festgefügten Wahrnehmungen und der Eröffnung neuer Wahrnehmungsweisen.

 

 

Das Konzept hinter der Aktionskunst

 

Die Schirn Kunsthalle in Frankfurt am Main bietet zur Zeit eine Ausstellung zum Komplex 'Künstler und Propheten'. Auch mit dieser Bewegung ist ein Eingreif- und Handlungskonzept im Hinblick auf Gesellschaft und ihre mögliche dauerhaftere Durchdringung und Veränderung verbunden. Abstrakte Kunst oder Kunst mit gesellschaftlichem Eingriffsmoment: beide sind vereint in einem immer möglichen, denkbaren oder beanspruchbaren Parusiemoment. Das Jenseits der menschlichen Möglichkeit soll einbrechen können aus der überwiegenden Kunstferne in die gegenwärtige Welt, es entspricht dem Impuls der Offenbarung des Johannes, nur weltlich gewendet. Auch der Messianismus könnte angeführt werden, jedoch hat er nicht ohne weiteres die innerweltliche Dimension. Prophetischer Eingriff soll die Welt neu machen, aber nicht als Vorschrift und Handlungsanweisung, sondern als ins Leben gerücktes Memento, Mahn- und Erinnerungszeichen, aber auch jederzeit als Zeichen der kunst- und zivilgesellschaftlichen Aktion. Fortsetzung folgt.

 

Info:

 

Verleihung des diesjährigen Eugen Kogon-Preises an Gunter Demnig in Königstein im Taunus, Freitag, den 13.03.2015 im Haus der Begegnung