Der entschwundene Teil des Habsburgerreiches Österreich-Ungarn im WIEN MUSEUM

 

Anna von Stillmark

 

Wien (Weltexpresso) – Das ist tatsächlich so, daß in Deutschland beim Begriff Galizien die allermeisten an die spanische Provinz in der Nähe der portugiesischen Grenze denken. Wenigen - und das sind vor allem die Literaturbegeisterten oder die, die um die Geschichte der europäischen Juden wissen – ist noch das geschichtliche Galizien mit seiner pulsierenden Hauptstadt Lemberg in Erinnerung.

 

Und da geht es nun den Letzteren so, daß sie mit Lemberg – heute in der westlichen Ukraine, mal auf Unkrainisch Lwiw, mal auf Polnisch Lwów genannt – eine solche Wehmut ergreift, denn dies war ein Zentrum von Kultur, was sich selbst als Provinz empfand, weshalb alle Söhne (welche Töchter?) irgendwann nach Wien wollten...Aber nein, dies ist noch nicht die Besprechung der Ausstellung, sondern nur die Ankündigung.

 

 

Galizien war fast so groß wie das heutige Österreich, die Hauptstadt Lemberg war um 1900 die viertgrößte Stadt Österreich-Ungarns. Heute weiß man kaum noch, wo Galizien einst lag. Doch immer noch ist es ein Raum, der Imaginationen auslöst: als Inbegriff weltverlorener Abgeschiedenheit. Wunderrabbis und die Welt des Ostjudentums. Das Armenhaus der Monarchie. Joseph Roth, der selbst aus Brody stammte, sprach von einem „Zwischenreich“.

 

 

Osten des Westens? Westen des Ostens?

 

Heute gehört der Westteil zu Polen, Ostgalizien liegt in der Ukraine. Politik und Krieg haben der Frage nach der europäischen Identität der Region Aktualität gegeben. Entstanden ist Galizien als künstliches Gebilde in Folge europäischer Machtpolitik: 1772 fiel nach der Teilung Polens ein Gebiet an Österreich, dem man den Namen „Galizien“ gab – für Joseph II. ein zu „zivilisierendes“ Territorium, das Bodenschätze und Rekruten lieferte. Galizien war von ethnoreligiöser Vielfalt geprägt: Man sprach Polnisch, Ukrainisch und Jiddisch, man war römisch-katholisch, jüdisch und griechisch-katholisch.

 

 

Rückständigkeit und Fortschritt

 

Erstmals gilt der Blick den divergierenden polnischen, ukrainischen, österreichischen und jüdischen Perspektiven. Diese werden mit historischen Fakten konfrontiert. Dem Mythos Armut und Rückständigkeit stand der Mythos Fortschritt gegenüber. Um 1900 wurde Galizien durch seine großen Ölvorkommen zum „österreichischen Texas“. Nach der Teilautonomie von 1867 entstand der Mythos vom „guten Kaiser“ in Wien. Galizien als multikulturelles Arkadien? Zugleich nahmen aber die sozialen und nationalen Spannungen zu. Ein Abschnitt widmet sich „Galizien in Wien“: Ab 1880 strömten jüdische Migranten – darunter Künstler und Intellektuelle – in die Reichshauptstadt. „Galizien nach Galizien“ heißt das Schlusskapitel: Mit dem Zerfall der Monarchie verschwand Galizien 1918 von der Landkarte, doch als Mythos feierte es nach 1989 ein Comeback.

 

 

INFO:

MYTHOS GALIZIEN

 

Eine Ausstellung des Wien Museum in Kooperation mit dem International Cultural Centre in Krakau

Eröffnung: Mittwoch, 25. März 2015, 18.30 Uhr

 

Ausstellungsort: Wien Museum Karlsplatz, 1040 Wien

 

Ausstellungsdauer: 26. März bis 30. August 2015

 

Öffnungszeiten: Dienstag bis Sonntag und Feiertag, 10 bis 18 Uhr

 

www.wienmuseum.at