Dresdner Galerie kauft, was die Nazis ihr als ‚entartet’ beschlagnahmte. Fragen bleiben offen.


Helga Faber

 

Leipzig /Weltexpresso) – An rund fünfzig Gemälden vergriffen sich in der Dresdner Gemäldegalerie Neuer Meister  die Nationalsozialisten 1937 bei ihren „Reinigungsaktionen“, indem sie diese Bilder als „entartet“ beschlagnahmten. 75Jahre später konnte das erste – erst das erste!- dieser geraubten Bilder wieder Einzug in diese Galerie halten. Allerdings mußte es zurückgekauft werden.

 

Erich Heckel, 1883 – 1970, malte „Männer am Meer „ auch „Badende Männer“ genannt im Jahr 1916. Es handelt sich um ein 81 x 70,5 Zentimeter großes Gemälde, Tempera  auf Leinwand, mit der Bezeichnung unten rechts: EH 16. Erworben wurde es aus Privatbesitz über den Kunsthandel, hier Sabatier Galerie & Kunsthandel in Verden. Auf diesem Bild des Mitbegründers der expressionistischen Dresdner Künstlergruppe BRÜCKE zeigen sich die Elemente der Formensprache des Expressionismus, aber auch des Kubismus; abgebildet sind Soldaten eines Sanitätszuges 1916 beim Bade in Ostende/Westflandern.

 

Das Gemälde wurde schon 1920 mit der Unterstützung des Vereins der Dresdner Galeriefreunde für die Galerie Neuer Meister gekauft, um deren Bestand an Gegenwartskunst, ausgestellt im Semperbau am Zwinger, zu erweitern und einen kunsthistorischen Schwerpunkt zu bilden. Dazu teilt das Museum mit: „Der Beschlagnahmung und dem Abtransport aus Dresden folgte 1940 - von den Nationalsozialisten als „Verwertung“ bezeichnet – der Verkauf in private Hand.“ Das allerdings  hätten wir gerne etwas ausführlicher gehört. Wer war beteiligt am Verkauf? Welche Personen? Wer bekam das Geld? Wohin wanderte es? Wußte der Käufer von der Provenienz?

 

Auf jeden Fall war in der Nachrkiregszeit bekannt, daß sich das Gemälde in westdeutschem Privatbesitz befand und sich die Staatliche Kunstsammlungen Dresden bereits zwischen 1987 und 89  - vergeblich und damals noch DDR – um den Ankauf bemühten. Möglich wurde die Erwerbung nun durch die Unterstützung des Sächsischen Staatsministeriums für Wissenschaft und Kunst. Das Bild  schließt eine für Dresden noch immer empfindlich spürbare Lücke, die die Aussonderung „entarteter“ Kunst im Bestand der Galerie verursacht hat. Zum Bestand der Galerie konnte bislang kein Hauptwerk von Erich Heckel gezählt werden.

Prof. Dr. Ulrich Bischoff, Direktor der Galerie Neue Meister, erklärt dazu: „Es ist eine ganz besondere Bereicherung, nach nunmehr rund einem Dreivierteljahrhundert erstmals wieder ein Bild in Empfang nehmen zu dürfen, das einstmals unter so schmählichen Umständen das Museum verlassen musste.“

 

Der Vorgang erinnert an die immer wieder aufflackernde Diskussion, daß noch viele brutale Beschlagnahmungen nicht aufgearbeitet sind, und daß an keiner Stelle die alte Bundesrepublik dies zentral angegangen ist. Das wiedervereinigte Deutschland auch nicht. Das Drama um die beschlagnahmten Kunstwerke wird so jedes Mal zu einem Einzelfall. Und noch nicht einmal von diesem erfährt man die genauen Begleitumstände. Damals und heute. Schön für die Galerie, daß von den fünfzig geraubten Bildern nach 75 Jahren ein einziges zurückkommt.