Serie: Eröffnung des Städel-Erweiterungsbaus mit dem Sammlungsbereich GEGENWARTSKUNST, Teil 1/3
Claudia Schulmerich
Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Das gibt es in deutschen Museen auch nicht alle Tage und woanders auch nicht. Da sitzen auf einem Podium zur Pressekonferenz einer Neueröffnung eines alten Museums die Honorablen: Josef Ackermann für die Deutsche Bank, Michael Endres für die Hertie-Stiftung, Wolfgang Kirsch für die DZ-Bank, Nikolaus Schweickart für Altana, nein, halt, die Provenienz stimmt, aber hier sitzt er als Vorsitzender der Städeladministration.
Was das ist? Städel heißt das Museum nach seinem Stifter, der gleichzeitig festlegte, daß fünf Administratoren die Geschäfte tätigen, zu denen als wichtigstes die Bestellung des Museumdirektors gehört. Wenn der aber, also Max Hollein, im Verbund mit der Stadt Frankfurt mit Mut und Weitblick einen Erweiterungsbau und Totalrenovierung des bisherigen Museums in Gang setzt, dann wird der oberste Administrator so etwa wie ein Bauleiter. Aber das konnte er nur wagen, weil die Stadt Frankfurt finanziell die Hälfte trug, hier anwesend in Person des Kulturdezernenten Felix Semmelroth und Petra Roth, noch Oberbürgermeisterin von Frankfurt am Main und wie fast immer die einzige Frau in einer bloßen Männerriege. Wie soll das bloß werden bei den Neuwahlen des Stadtoberhauptes? Fällt das denn sonst keinem auf?
Gruppenbild mit Dame ist an Anlehnung an Böll noch nett formuliert, denn auch die übrigen Podiumsteilnehmer, die wichtigsten für das, was heute zu eröffnen ist, sind Männer: Die Herren Kühn und Schumacher für Innenarchitektur und den gesamten Erweiterungsbau und Martin Engler als der Kurator der GEGENWARTSKUNST ab 1945, mit dessen Auswahl und Hängung dieser Neuanfang ab heute für jeden sichtbar macht, was vom alten Bestand des Städels in die Neuhängung übernommen wurde und wie die 600 Werke, die die Deutsche Bank als Dauerleihgabe an das Städel gibt und die 220 Fotographien, die von der DZ-Bank kommen in eine gemeinsame Schauder insgesamt rund 330 Ausstellungsstücke integriert sind.
Martin Engler stellte am Schluß noch einmal klar, daß die Wände des 3000 Quadratmeter großen und bis zu 8 Metern hohen Erweiterungsbaus unter der Erde zu einem Drittel aus den Konvoluten beider Unternehmen kommen und zwei Drittel aus dem eigenen Bestand. Der allerdings und das stellte Museumsdirektor mit großem Dank vor, der hat sich in den letzten Jahren nicht nur vermehrt, sondern auch vervollständigt, weil eine breite Unterstützungskampagne über Patenschafte der Säle, aber auch Spenden und direkte Käufe und Finanzierungen von Ankäufen eine spürbare Qualitätssteigerung der Sammlung von Gegenwartskunst erbrachten.
Wer nun einwenden mag, Frankfurt habe doch ein eigenes Museum für Moderne Kunst, hat zwar Recht, aber nicht die Statuten des Städel im Kopf, dessen Stifter ein für alle Mal festgelegt hatte, daß die Sammlung keine historische sei, sondern sich fortlaufend zu erneuern habe. Dennoch wäre es eine nette Geste gewesen, wenn an diesem Tag zumindest das MMK erwähnt worden wäre. Die Frankfurter lieben ihr Städel tatsächlich wie den Römer als Ausdruck hergebrachter bürgerlicher Tugenden. Denn, wo in Residenzstätten oder Hauptstädten königliche und fürstliche Sammlungen entstanden oder dann Staatsmuseen, hat die Bürgerstadt Frankfurt ihre Tradition aufrechterhalten und zusammen mit den Bürgern geplant, erweitert und bezahlt.
Die Millionen flogen einem auf dieser Pressekonferenz nur so um die Ohren. Am Endresultat der Kosten von 52 Millionen kann man sich auf jeden Fall festhalten. Das wurde viel mehr, als gedacht. Und hätten das alle gewußt, hätte vielleicht die Hertie-Stiftung im Herbst 2007 nicht die Anschubfinanzierung geleistet, ohne die es keinen Um- und Neubau gegeben hätte. Diese 52 Millionen kann man nun nach verschiedenen Kriterien aufteilen: je 26 Millionen kommen aus privaten Mitteln und der öffentlichen Hand.
Was die Herkunft aus privater Hand angeht, sind 20 Prozent von Finanzdienstleistern, 30 Prozent von Stiftungen und 50 Prozent aus der breiten Bürgerschaft gekommen. Bei den öffentlichen Mitteln 6 Millionen vom Land Hessen und auch die Stadt Eschborn, reich im nördlichen Speckgürtel Frankfurt gelegen, hat 4 Millionen beigesteuert. Den Hauptbatzen trug die Stadt Frankfurt, deren Repräsentantin Roth mit Recht aber den eigentlichen Motor in der Begeisterung für die Kunst durch die Bürger der Stadt sieht, im Gleichgewicht mit den Städelleuten, wozu eben auch der Verein der Freunde des Städel gehört, schon früher der zahlenmäßig größte Museumsverein der Republik, und nun seit Jahren unter dem Vorsitz der Sylvia von Metzler eine Geldbeschaffungsmaschine für den ansehnlichen Wohnort der Bilder, Fotos, Drucke und Skulpturen. Fortsetzung folgt.
Zur Eröffnung des Städel-Erweiterungsbaus sind eine Reihe von Katalogen und Bücher neu herausgekommen, nachdem schon die Neueröffnungen für die Alte Kunst und die Kunst der Moderne eigene Kataloge vorlegte.
Die Erweiterung des Städel Museums 2007-2012, hrsg. von Städel Museum, Frankfurt 2012 gibt einen wirklich schönen Überblick über die Baugeschichte und stellt in 125 Schritten dar, wie langsam Land gewonnen und die Sammlung erweitert wurde. In der Architektur des Neubaus kommen die Macher zu Wort, aber auch diejenigen, die die Finanzierung voranbrachten.
Gegenwartskunst. 1945 bis Heute im Städel Museum, hrsg. von Martin Engler und Max Hollein, Verlag HatjeCantz 2012. Dieser Band bezieht sich auf zwei Parameter. Einerseits ist die Sammlung der Gegenwartskunst Teil der 700 Jahre alten seit 200 Jahren im Städel gesammelten Kunst. Die Gegenwartskunst ist dabei in den letzten Jahren um rund 1000 Werke angewachsen. Wie dies durch Spenden großen Stils finanziert wurde, ist bekannt. In diesem Band werden nun rund 300 Werke aus dem aktuellen Sammlungsbestand vorgestellt, also fast alle derzeit in der Galerie ausgestellten.
Laura J.Padgett, Raum über Zeit, Text von Adrian Giacomelli. Die Fotografin hat im Zeitraum von 2010 bis 2012 die Baumaßnahmen durch das Architektenbüro Schneider+Schumacher mit ihren Fotos begleitet. Ihre Linse richtet sich sowohl auf die Räume und Gegebenheiten des Altbaus, wie auch das Fortschreiten des Erweiterungsbaus. Mal sind es Nahaufnahmen, aber noch beeindruckender sind die aus der Ferne, wenn die Oberlichter des Erweiterungsbaus wirklich wie Bullaugen oder auch Frisbeescheiben wirken. Hier kann man die Entstehung des Baus mitverfolgen und auch, wie herrlich die unterirdischen Räume ganz ohne Kunst aussehen. Abgehoben wie unter einem Himmel voller Monde.
Art works. Sammlung Deutsche Bank, Zentrale Frankfurt. Leistung aus Leidenschaft. Hrsg. Deutsche Bank CCKunst, 2. Auflage Februar 2012. Ziemlich überrascht werden Sie sein, was die Deutsche Bank alles gesammelt hat, wobei vor allem auffällt, wie international die Sammlung ist. Damit ist eben nicht nur der amerikanische Kunstmarkt gemeint. Sehr viele Werke kommen aus Asien, Afrika ist kaum vertreten, aber das liegt nicht an der Deutschen Bank. Welche Werke abgegeben wurden ins Städel, erschließt sich aus dem Band nicht.