Die Ausstellung „VerschiedenARTig“ im Kunstverein Fulda
Hanswerner Kruse
Fulda (Weltexpresso) - Im Fuldaer Kunstverein stellen ab dem 3. Mai 18 Menschen mit geistiger Behinderung großartige Bilder und Objekte aus, die sie im Rahmen eines Projekts an der Fachhochschule mit unterschiedlichen künstlerischen Mitteln geschaffen haben.
Im Eingangsbereich des Kunstvereins hängen riesige, heftig getüpfelte oder grell gemalte Bilder. Die von einer Petra erträumte „Prinzessin“ schwebt als Materialcollage gleich um die Ecke. Im oberen Stock bildet eine serielle Micky-Maus-Grafik einen harten Kontrast zu einem genähten Relief mit Haus und Hasen aus Stoff. Es sind sehr verschiedenARTige Werke, die Menschen mit einem Handikap in der Kunst-Werkstatt der Fachhochschule kreiert haben. Ihre Assistentinnen, wie sich die Studentinnen nennen, haben diese fantastischen Objekte soeben kuratiert. Aber noch sind die Gestalter dieser Arbeiten nicht genannt, die Preise für die Bilder nicht festgelegt.
Im 5. und 6. Semester ihres Studiums „Soziale Arbeit“ an der Fachhochschule betreuen die jungen Frauen einmal wöchentlich gestaltungsfreudige behinderte Menschen. Gerne geben sie Auskunft über ihr kreatives Projekt: Sarah beispielsweise malt selbst sehr gerne und hat auch vor dem Studium bereits beeinträchtigte Menschen betreut, andere Studentinnen kannten weder Menschen mit Handikap noch fühlen sie sich zum Malen berufen. „Aber das macht nichts“, meint eine, „wir reden den Atelierbesuchern nicht rein, wenn sie etwas gestalten. Es ist beinahe ausreichend, wenn wir ihnen Raum, Zeit und Material geben.“ Ihre Methode nennen sie „leicht zurückweisbare Angebote.“ Das macht deutlich, dass ihre praxisverknüpfte Arbeit im Rahmen des Projekts „Bindeschuh“ keinerlei kunsttherapeutische oder förderpädagogische Ziele anstrebt. Vielmehr versteht es sich als Freizeitangebot ohne Druck zur „zielfreien Entwicklungsförderung.“ Im Atelier wird nicht für Verkaufsausstellungen produziert, doch durch diese Schau erfahren die behinderten Menschen öffentliche Wertschätzung.
Nicht alle ausgestellten Objekte lassen sich als „Kunst“ bezeichnen und ihre Produzenten sind keine Künstler. Jedoch zeigt diese Ausstellung, dass oft ausgegrenzte Menschen ihre Gefühle und Erfahrungen mit künstlerischen Mitteln ausdrücken und durch ihre Werke kommunizieren können. Wenn Josef Beuys einst proklamierte, „jeder Mensch ist ein Künstler!“, meinte er damit ausdrücklich nicht, dass jeder, der malt oder modelliert auch ein Künstler ist. Doch aufgrund seines erweiterten Kunstbegriffs verstand er jeden als Künstler, der in seinem Lebensbereich und mit seinen Möglichkeiten an der sozialen Plastik der Gesellschaft arbeitete. In diesem Sinne lassen sich im Kunstverein nicht nur eigenwillige Werke betrachten und kaufen, sondern zugleich die kreative Teilhabe ihrer Erschaffer am öffentlichen Leben erfahren.
Die autodidaktische Arbeit von geistig behinderten oder chronisch psychisch kranken Menschen mit künstlerischen Mitteln hat bereits eine längere Tradition. Als Art But, neuerdings auch als Outsider Art (Außenseiter-Kunst), hat sie sich jenseits etablierter Kunstströmungen entwickelt.
INFO:
Ausstellung verschiedenARTig vom 3. Mai bis 7. Juni im Fuldaer Kunstverein, Kanalstraße 52 (Gemüsemarkt). Geöffnet Fr. und So. von 15 – 18 Uhr / Sa. von 10 – 15 Uhr
Begleitveranstaltung: Am 12. Mai um 19 Uhr wird ein Film über die Entstehung der Lebensgemeinschaft „Arche Noah“ (Bimbach) gezeigt
FOTO: Sarah und Carolin hängen das Werk eines von ihnen betreuten Menschen mit Behinderung auf © Hanswerner Kruse