Der Künstler und „Dokumentar-Archäologe“ Jörg Herold dekonstruiert Erinnerungsbilder der Vertriebenen an der Uni Frankfurt
Sibylla von Suden
Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Die Studiengalerie 1.357 der Goethe-Universität zeigt vom 10. Juni bis 17. Juli Arbeiten des Leipziger Künstlers Jörg Herold. Präsentiert werden 22 Bilder aus seiner bisher über 100 Motive umfassenden Werkgruppe „Schlesisches Himmelreich“. Darin ironisiert und dekonstruiert er Erinnerungsbilder und politische Mythen des Vertriebenen-Diskurses. Die Eröffnung findet am Mittwoch, 10. Juni, um 20 Uhr im I.G. Farben-Haus im ersten Stock, Raum 1.357, statt.
Der 1965 geborene Künstler bezeichnet sich als Dokumentar-Archäologen, der in seinen Arbeiten Formen und Kulturen der Erinnerungen sichtbar macht. Er nahm u. a. an der Documenta X und an der Biennale in Venedig teil. Motive für die Werkgruppe „Schlesisches Himmelreich“ findet Herold in Heimatbüchern über Schlesien, insbesondere aus dem Umfeld der Vertriebenenverbände und Landsmannschaften. Die ausgewählten Fotos zeigen überwiegend eine verklärte, vormodern-bäuerliche Welt, bisweilen auch Zerstörung und Kriegsfolgen. Herold bereitete Kopien dieser Fotos digital auf und überarbeitete sie mit Beize und kräftigen Acrylfarben, oft ohne Bindung an die Gegenstände. „Durch diese verfremdende, übertreibende Aneignung gibt Herold den verklärenden Bildern der Heimatbücher eine neue erinnerungspolitische Richtung; so arbeitet er mit ästhetischen Mitteln an einer Revision der erinnerungspolitischen Schlesienbilder“, heißt es in der Pressemitteilung der Studiengalerie 1.357.
Die Ausstellung mit Leihgaben der Galerie EIGEN+ART Leipzig/Berlin ist von Montag bis Donnerstag zwischen 12 und 17 Uhr geöffnet.
In der Studiengruppe „Gedächtniskultur und Bildgebrauch“ arbeiten Studierende und Lehrende verschiedener Disziplinen in enger Kooperation mit dem Städel Museum und dem MMK Museum für Moderne Kunst Frankfurt am Main projektorientiert an der Erforschung des bildlichen Umgangs moderner Gesellschaften mit Geschichte. Die Studiengruppe stellt vier Mal im Jahr zeitgenössische Kunst in der Galerie des I.G.-Farben-Hauses aus.
Kommentar:
Die Ironie des Titels und der Ausstellung versteht man natürlich nur dann, wenn man auch das Gericht „Schlesisches Himmelreich“ als Hintergrund kennt: Das sind Kartoffelklöße oder Germknödel mit einer Soße aus Rauchfleisch und Dörrobst.
Foto:
Weil wir die Kunst noch nicht kennen, hier das Gericht SCHLESSISCHES HIMMELREICH.
INFO:
Informationen: Prof. Dr. Bernhard Jussen, Historisches Seminar, Campus Westend, Tel.: 069/798-32424, Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!; Dr. Henning Engelke, Kunsthistorisches Institut, Campus Bockenheim, Tel 069/798-23470, Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!; Dr. Martin Engler, Sammlungsleiter für Kunst nach 1945 am Städel Museum, Tel.: 069/605098210, Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!; Peter Gorschlüter, Stellvertretender Direktor des MMK Museum für Moderne Kunst Frankfurt am Main, Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!; Madeleine Hesse, studentische Mitarbeiterin der Studiengalerie 1.357, Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
Internet: www.uni-frankfurt.de