Er kehrt im Herbst nach 450 Jahren zurück in die Niederlande zu zwei Ausstellungen

 

Katharina Klein

 

Rotterdam (Weltexpresso) – Das ist wirklich eine Nachricht wert. Denn nach viereinhalb Jahrhunderten kehrt ein Bild – und was für ein Triptychon! - zurück in seine Heimat, allerdings nur vorübergehend. Nach 450 Jahren begibt sich der „Heuwagen“ von Hieronymus Bosch auf die erste Reise von Madrid in die Niederlande. Der große, dreiteilige Altaraufsatz ist ein Meisterwerk des Gesamtwerks Boschs und wird etwa ein halbes Jahr in den Niederlanden bleiben.

 

Dank einer besonderen musealen Zusammenarbeit bekommt die Öffentlichkeit die einzigartige Chance, das Werk in zwei spektakulären Ausstellungen zu sehen. Diesen Herbst glänzt das Meisterwerk im Museum Boijmans Van Beuningen (Rotterdam) in der großen Ausstellung „Die Entdeckung des alltäglichen Lebens – von Bosch bis Bruegel“. Ab Anfang 2016 ist der dreiteilige Altaraufsatz im Het Noordbrabants Museum (’s-Hertogenbosch) in der Übersichtsausstellung „Jheronimus Bosch – Visionen eines Genies“ zu sehen. Dort lebte der Meister, der Spätmittelalterliches in seiner Malerei ebenso unterbrachte wie Visionen der Moderne.

 

Übrigens, das wissen meist nur Kenner, können die Spanier, wenn sie das Bild in Madrider Prado vermissen, mal rasch rüber in den Escorial, den spanischen Königssitz, fahren, wo im Real Sitio de San Lorenzo de El Escorial in einer zweiten Version hängt. Beide Triptychen sollen um 1490 gefertigt worden sein. Heuwagen heißt die Gesamttafel nach ihrem Innenteil, der Mitteltafel, wo allerlei Volk sich seinen Spaß und Spuk macht, unterhalb des Heuwagens, der mit Leitern erklettert werden kann. Sehr irdisch und irgendwie nicht einer Kirche affin, denkt man sich bei dem Treiben. Der Bezug soll auf ein flämisches Sprichwort zurückgehen, dernach die Welt ein Heuhaufen ist und sich jeder davon pflückt, soviel er kann. Also eher Kapitalismus denn Christentum. Gerade diese Zeit der Renaissance um 1500 hatte die Kirchenkunst längst zur Kunsterbauung in den vier Wänden der Betuchten freigegeben.

 

Der Rahmen für diese außergewöhnliche Leihgabe ist das Gedenkjahr 2016 zum 500. Todesjahres von Hieronymus Bosch, des wichtigsten spätmittelalterlichen Künstlers, den die Niederlande hervorgebracht haben. Der Heuwagen ist eines der Meisterwerke aus der Kollektion des Museo Nacional del Prado in Madrid. Der spanische König Philip II. war ein großer Bosch-Sammler und kaufte im Jahre 1570 diesen dreiteiligen Altaraufsatz für seine Privatsammlung. Das Kunstwerk verließ Spanien niemals zuvor und kommt in einem ausgezeichneten Zustand in die Niederlande, nachdem es einige Jahre der Restaurierung erdulden musste.

 

Auf dem Bild sind eine Menge Menschen abgebildet, die hinter einem Heuwagen, einer Metapher für Materialismus, herläuft. Schnurstracks in die Hölle. Im Vordergrund sind mittelalterliche Tafeln zu sehen mit betrunkenen Mönchen, Zahnärzten auf Wanderschaft , fröhlichen Musikanten und weissagenden Zigeunern. Ein verliebtes Paar sitzt auf dem Heuwagen mit einem Engel an jeder Seite und einem kleinen Teufel: bestehende und neue Traditionen kommen zusammen.

 

Damit ist der Heuwagen eines der ersten Bilder in der Kunstgeschichte, auf dem alltägliche Szenen abgebildet sind. Maler aus den nachkommenden Generationen machen diese Szenen zum Hauptthema ihrer Gemälde und vor allem in Holland entstand ein eigenes Genre daraus. Hieronymus Bosch zeigte in seinem Werk Welten, die seine Zeitgenossen nicht für möglich hielten. Seine charakteristischen Tafeln und Triptychen, voller Illusionen und Halluzinationen, wunderliche Monster und Albträume, stellen auf unnachahmliche Weise das große Thema seiner Zeit dar: Verführung, Sünde und Rechenschaft.

 

 

Die Entdeckung des alltäglichen Lebens - von Bosch bis Bruegel

Museum Boijmans Van Beuningen – 10. Oktober 2015 bis 17. Januar 2016

 

Hieronymus Bosch beginnt im frühen 16. Jahrhundert als einer der Ersten mit Gemälden des alltäglichen Lebens. Auf seinen Spuren entdecken auch andere Künstler wie Lucas van Leyden, Quinten Massys und darüber hinaus Pieter Bruegel der Ältere das Leben des Alltags. Museum Boijmans Van Beuningen stellt zum ersten Mal die Entstehung der Genrekunst mit einer Auswahl Gemälde- und Druckkunst auf höchstem Niveau aus.

 

 

Jheronimus Bosch - Visionen eines Genies

Het Noordbrabants Museum - 13. Februar 2016 bis 8. Mai 2016

 

Mit erwartungsgemäß 20 Gemälden und 19 Zeichnungen der bislang größten Übersichtsausstellung von Hieronmyus Bosch. Erstmalig kehrt der Löwenanteil seines Gesamtwerks zurück nach ’s-Hertogenbosch, der Stadt in der er als Jheronimus van Aken geboren wurde, in der er seine Meisterwerke malte und der er seinen Künstlernamen Bosch entlehnte. Die Ausstellung ist der Höhepunkt des Nationalen Veranstaltungsjahrs „Jheronimus Bosch 500“, das im Jahre 2016 gefeiert wird.

 

 

Foto:

Hieronymus Bosch

Heuwagen, circa 1515

Triptychon, Öl auf Holz

147 x 225 x 6 cm

Museo Nacional del Prado, Madrid