Die Stadt Frankfurt und insbesondere 'sein' Museum trauern um den verstorbenen langjährigen Museumsdirektor des MMK

 

Felicitas Schubert

 

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Es wurde erst Tage später bekannt, war dann aber in aller Munde: Jean-Christophe Ammann ist tot. Am 13. September 2015 ist der ehemalige langjährige Direktor des MMK Museum für Moderne Kunst Frankfurt am Main im Alter von 76 Jahren nach langer Krankheit in Frankfurt am Main gestorben.

 

Von 1989 bis 2001 leitete Jean-Christophe Ammann das MMK, unter dessen Ägide das Haus 1991 eröffnet wurde. Mit seiner klugen, einfühlsamen und streitbaren Art und seiner Vision für ein lebendiges Museum der Gegenwartskunst prägte er die Programmatik und Sammlung des Hauses. Er schuf das Fundament für ein einzigartiges Museum, das bis heute seinen Geist atmet, und führte es zu internationalem Renommee. Seine große Nähe zu den Künstlern und der Kunst unserer Zeit und seine mit Experimentierfreude gepaarte Entschiedenheit machten den Schweizer Kurator zu einem der bedeutendsten europäischen Museumsleiter seiner Generation.

 

Mit den im halbjährlichen Turnus stattfindenden „Szenenwechseln“ im MMK entwickelte Ammann immer wieder neue Sichtweisen auf die internationale Kunst der Gegenwart und baute die Museumssammlung maßgeblich aus. Nach seinem Ausscheiden aus dem MMK überließ er 2001 dem Museum mehrere Werke aus seiner Privatsammlung sowie seine gesammelte Korrespondenz, die im Jean-Christophe Ammann Archiv inventarisiert wurde. Bis zuletzt führte er als freier Kurator, Autor, Kunsttheoretiker und Sammlungsberater seine leidenschaftliche Auseinandersetzung mit der Kunst der Gegenwart mit ungebrochener Lust an dem Entdecken und der Förderung junger Positionen fort.

 

 

Seiner Zeit am MMK Museum für Moderne Kunst waren ein langjähriges Wirken als Direktor des Kunstmuseum Luzern (1968–77) und der Kunsthalle Basel (1978–88) vorausgegangen sowie international beachtete Großausstellungen, wie unter anderem die Mitarbeit bei Harald Szeemanns documenta 5 (1972) und die Mitorganisation der Arte Natura Ausstellung (1978) im internationalen Pavillon der Biennale Venedig, wo er 1995 als Kommissar des deutschen Pavillons verantwortlich zeichnete.

 

 

Mit Jean-Christophe Ammann ist einer der großen, wegweisenden Ausstellungs- und Museumsmacher der Gegenwart verstorben. Er hat den geistigen Grundstein des MMK gelegt und es zu einem bis heute in der ganzen Welt hoch respektierten Museum gemacht. Seiner tiefgreifenden, den existentiellen Dimensionen des Daseins nachgehenden Auffassung der Kunst fühle ich mich bis heute eng verbunden. Das ganze Team des MMK gedenkt seiner mit großer Wertschätzung und Dankbarkeit“, sagt Susanne Gaensheimer, Direktorin des MMK, und verweist darauf, daß es zu gegebener Zeit eine Gedenkveranstaltung zu Ehren von Jean-Christophe Ammann im MMK geben wird.

 

Mit großer Betroffenheit hat auch der Frankfurter Kulturdezernent Felix Semmelroth auf den Tod von Jean-Christophe Ammann reagiert:

 

Jean-Christophe Ammann leitete seit der Eröffnung 1989 bis 2001 das MMK und hat das Haus zu dem gemacht, was es heute ist. Er prägte das Museum durch eine neuartige Ausstellungsform sowie die halbjährlich stattfindenden Szenenwechsel. 87 Exponate aus der ehemaligen Darmstädter Sammlung von Karl Ströher mit Werken von Künstlern wie Andy Warhol, Roy Lichtenstein, Donald Judd oder Joseph Beuys bildeten mit dem letzten großen Werk von Joseph Beuys, der „Blitzschlag mit Lichtschein auf Hirsch", den Grundstock für die heutige MMK Sammlung.

 

Jean-Christophe Ammann entwickelte auf dieser Basis in engster Zusammenarbeit mit den Künstlern die Ausstellungskonzeption durch Werkgruppen weiter, die Teil der Sammlung wurden und zum internationalen Renommee des Hauses beitragen. Die Idee, dass eine Gruppe von Werken die Haltung des Künstlers verdeutlicht und erst die Komplexität der Arbeiten sichtbar macht, führte zu einem weltweiten Modellcharakter der Ausstellungspraxis. Mit großer Sorgfalt und beachtlichem Einfühlungsvermögen hat der Museumsmacher die Werke heute weltbekannter Künstler bereits in ihren Anfangsjahren ausgestellt und damit jungen Künstlern zum Durchbruch verholfen.

 

In einem Ausstellungshaus mit Bildern, Installationen, Video- und Fotokunst, Grafiken und Performativem wollte Ammann Ereignisse schaffen. Auf der anderen Seite sorgen die Datumsbilder von On Kawara durch ihren zeitlosen Duktus für eine ikonische Atmosphäre. Der leidenschaftliche Kunstermöglicher Ammann hat eindrucksvoll gezeigt, wie ein Ausstellungshaus eine Position bezieht und zur Erkenntnis des Besuchers beiträgt. Wann immer ich das MMK besuche, werde ich das Haus mit ihm verbinden.“

 

Foto: Jean-Christophe Ammann auf den Stufen seines Museums, © Wolfgang Träger