Pontormo, Bronzino und das Florenz der Medici in Städel Frankfurt ab 24. Februar bis 5. Juni 2016, Teil 1

 

Claudia Schulmerich

 

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Da dürfen Sie sich schon heute freuen, denn sicher wird diese MANIERA genannte Ausstellung etwas ganz Besonderes – und Frankfurt ist auch der richtige Ort, weil es hier Pontormo/Bronzieren gibt und vor allem: wissenschaftliche Kenner der Materie!

 

Die entsprechende Kunstrichtung des Manierismus bekam diese Bezeichnung, die als Antwort auf die klassische Renaissance in Italien gilt, weshalb man sie auch als Spätrenaissance bezeichnet, wobei deren Auswirkungen aber bis in die Niederlande und vor allem nach Prag reichten. Gar nicht zu sprechen von der Schule von Fontainebleau. Doch dies ist eine andere Geschichte, denn mit den Maler namens Pontormo und seinem Schüler Bronzino ist das Feld, das Florenz der Medici klar abgesteckt.

 

Manieristisch wurden deren Kunstwerke auch deshalb genannt, weil der Formenkatalog der Klassik: die Proportionen sowie die Schönheit als oberstes Prinzip von den Manieristen in die Ecke gestellt wurden und sie – so mäandert auch die Kunstgeschichte – Stilelemente der Spätgotik wiederbelebten, die für Raffael, Michelangelo und Leonardo da Vinci einfach altmodisch und vorbei gewesen waren und nun zum letzten Schrei wurden. Und doch ist hiermit schon der Wurm drinnen. Es heißt nämlich ein Werk des durch die Nazis nach England emigrierten Kunsthistorikers Frederick Antal, der auch nach dem Krieg nie gemäß seiner Bedeutung berühmt wurde, „Raffael zwischen Klassizismus und Manierismus“. Das soll nur aufzeigen, daß auf dem Höhepunkt der klassischen Renaissance deren Meister den Übergang zu einer neuen Maniera mitbestimmten, die von Zeitgenossen als Rückgriff auf die Spätgotik verstanden wurde.

 

Ganz so einfach ist das natürlich nicht, denn es geht nicht um Wiederholung, sondern Anverwandlung auf einer höheren Ebene. Und Maniera nannte man die künstlerische Art, in der nun die Malerei, die Bildhauerei, die Baukunst in neuem Gewand auftrat, weil dies so offensichtlich anders war als bisher, so daß man aus der Differenz des Machens gleich der ganzen Kunstrichtung den Namen gab, bedeutet doch Maniera nichts anderes als die Art und Weise, der so eigene Stil, eben die Manier, in der einer malt oder zeichnet oder skulptiert. Allerdings ist die Bezeichnung nicht von den Künstlern der Zeit gewählt worden, obwohl schon Giorgio Vasari den Begriff benutzt, sondern ist, was oft passiert, erstmals 1792 von einem italienischen Historiker verwendet worden und von einem der Väter der deutschsprachigen Kunstgeschichte, Jacob Burckhardt, dann aufgegriffen worden und den italienischen Meistern, vorneweg Pontormo aufgedrückt worden.

 

Und auch Vasari muß man genau lesen. Der erste Kunstgeschichtler der Zunft war ja auch ein Künstler der Zeit. Er hatte den späten Michelangelo, bzw. dessen Stil als maniera moderna gekennzeichnet, was nichts anderes heißt, als daß es neu war und da auch Vasari in dieser Art malte, war auch er ein Manierist. Nur kein bedeutender. Im deutschen Sprachgebrauch ist eigentlich der Begriff Manierismus für diese Kunstrichtung erst durch das 1958 erschienene Grundlagenwerk von Gustav René Hocke DIE WELT ALS LABYRINTH richtig populär geworden, aber Antal hatte seine 1980 bei Anabas veröffentlichte Schrift schon in den 30er Jahren in England als Vorlesungen gehalten.

 

Wir konnten eine unglaublich eindrucksvolle Ausstellung über den Florentiner Manierismus in Florenz sehen: "L’officina della maniera" (1996/97). 2013 gab es erstmals eine Ausstellung über Pontormo in Deutschland, in Hannover. Auch im letzten Jahr gab es in Florenz eine Ausstellung über den Manierismus anhand der Meisterkünstler Jacopo di Pontormo und Rosso Fiorentino.

 

Im landläufigen Sprachgebrauch ist aus der wertneutralen Maniera dann eine Sonderform des zugespitzten Verhaltens geworden, die wir manieriert nennen, wenn jemand sich gekünstelt aufführt, sei es in Haltung (geziertes Abspreizen des kleinen Fingers beim Teetrinken) oder Sprechweise. Das hat mit dem Manierismus als kunsthistorischer Begriff nur insoweit zu tun, als Zeitgenossen, die gerade an die anatomisch naturgetreuen Vorgaben der Renaissance gewöhnt waren, die verdrehten Leiber (Figura serpentinata), die Längung der Figuren, die Kleinheit der Köpfe im Verhältnis zum gestreckten Körper als künstlich, als gegen die Natur empfanden. Für Pontormo, Bronzino u.a. wurde aber gerade dies zum Ausdrucksmittel, das gilt auch für deren gesteigerte Expressivität.

 

Das war nur eine ganz kurze Einführung in eine künstlerische Zwischenzeit, die in Frankfurt bald ausführlich zu bestaunen ist.

 

Tip

Solange ein Katalog noch nicht vorhanden ist, empfehlen wir dringend

PONTORMO. Meisterwerke des Manierismus in Florenz, der Katalog der gleichnamigen Ausstellung – und erstmaligen Pontormoausstellung in Deutschland - von 2013 aus dem Landesmuseum Hannover. Er ist im Michael Imhof Verlag erschienen und überall zu beziehen.

 

Katalog:

Zur Ausstellung erscheint im Prestel Verlag ein umfassender, von Bastian Eclercy herausgegebener Katalog mit einem Vorwort von Max Hollein und Beiträgen von Hans Aurenhammer, Nicholas Scott Baker, Katharina Bedenbender, Anne Bloemacher, Gerd Blum, Ralf Bormann, Matteo Burioni, Heiko Damm, Bastian Eclercy, Chris Fischer, David Franklin, Dennis Geronimus, Sefy Hendler, Theresa Holler, Heidi J. Hornik, Fabian Jonietz, Adela Kutschke, Johannes Myssok, Susanne Pollack, Susanne Thürigen und Linda Wolk-Simon. Deutsche und englische Ausgabe, 304 Seiten, 39,90 Euro (Museumsausgabe).

Begleitheft: Es erscheint ein Begleitheft in deutscher Sprache, 40 Seiten, 7,50 Euro.

 

Info:

 

MANIERA. PONTORMO, BRONZINO UND DAS FLORENZ DER MEDICI

 

Kurator: Dr. Bastian Eclercy, Sammlungsleiter italienische, französische und spanische Malerei vor 1800, Städel Museum. Ausstellungsdauer: 24. Februar bis 5. Juni 2016.

Ort: Städel Museum, Schaumainkai 63, 60596 Frankfurt am Main.

 

 

www.staedelmuseum.de, Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!, Telefon +49(0)69-605098-0, Fax +49(0)69-605098-111.

 

Besucherdienst: Telefon +49(0)69-605098-232, Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!.

Öffnungszeiten: Di, Mi, Sa, So + Feiertage 10.00–18.00 Uhr, Do + Fr 10.00–21.00 Uhr.

Sonderöffnungszeiten: 25., 27., 28.3. 10.00–18.00 Uhr, 1.5. geschlossen, 5.5., 15.5., 16.5., 17.5. 10.00–18.00 Uhr, 26.5. 10.00–18.00 Uhr.

 

Der Vorverkauf zur Ausstellung hat bereits begonnen. Zeitlich flexibel einlösbare „Early-Bird“-Tickets sind ab sofort zum Vorzugspreis von 10 Euro online buchbar.

 

Eintritt: 14 Euro, ermäßigt 12 Euro, Familienkarte 24 Euro; freier Eintritt für Kinder bis zu 12 Jahren; Kombipreis Eintritt + Führung 16 Euro (nur online buchbar); Gruppen ab 10 Personen: ermäßigter Eintrittspreis pro Person. Für Gruppen ist vorab eine Anmeldung unter Telefon +49(0)69-605098-200 oder Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! erforderlich.

Early-Bird-Ticket: Die ersten 1.000 Online-Tickets sind zum Vorzugspreis von 10 Euro statt regulär 14 Euro buchbar unter tickets.staedelmuseum.de.

Kartenvorverkauf: tickets.staedelmuseum.de.

 

Überblicksführungen durch die Ausstellung: Di 15.00 Uhr, Mi 13.00 Uhr, Do 18.00 Uhr, Fr 19.00 Uhr, Sa 16.00 Uhr, So 11.00 Uhr sowie Fr. 25.3., Mo 28.3., Do 5.5., Mo 16.5., Do 26.5. 16.00 Uhr. Tickets für die Überblicksführungen sind für 4 Euro ab zwei Stunden vor Führungsbeginn (So ab 10.00 Uhr) an der Kasse erhältlich oder vorab zum Vorteilspreis für 16 Euro (Eintritt und Führung) online unter tickets.staedelmuseum.de bestellbar. Die Teilnehmerzahl ist begrenzt, eine Anmeldung ist nicht erforderlich.