„Masters oft he Everyday, Dutch Artists in the Age of Vermeer“ Queens Gallery des Buckingham Palace, London bis 14. Februar

Gernot Gottwals


London (Weltexpresso) - Die Queens Gallery des Buckingham Palace ehrt die niederländischen Meister der königlichen Sammlung mit einer Sonderausstellung. Anno 1623 rückt das beschauliche Küstenstädtchen Margate in den Focus der europäischen Geschichte: Der gesamte englische Hof scheint sich am Hafen versammelt zu haben, aufgeregt verabschieden die Schaulustigen die hohen Herrschaften der ablegenden Flotte.


Das  farbenfrohe königliche Historienbild, das die Überfahrt von Prinzessin Elisabeth und dem Kurfürsten der Pfalz Friedrich V. zeigt und den Betrachter förmlich in das lebhafte Geschehen hineinzieht, stammt jedoch nicht von einem englischen Künstler, sondern vom niederländischen Maler Adam Willaerts (1577-1664).


Tatsächlich blicken die Königshäuser von Großbritannien und den Niederlanden auf einen langen historischen und kulturellen Austausch zurück, der bis in die Gegenwart reicht. Im Zentrum des goldenen Zeitalters der niederländischen Malerei steht der Maler Johannes Vermeer (1632-1675), der mit seinem Gemälde „Lady at the Virginals with a Gentleman“ mit einer scheinbar ganz alltäglichen und unspektakulären Musikstunde vertreten ist. „Masters oft he Everyday, Dutch Artists in the Age of Vermeer“ heißt deshalb die Ausstellung in der Queens Gallery, die die Werke weiterer Meister wie Gerrit Dou, Jan Steen, Willem van Mieris oder Hendrick ter Brugghen zeigt. Wobei die Geheimbotschaften der künstlerischen Sprache in vielen dieser Bilder offenbar in liebevoll gearbeiteten Einrichtungsgegenständen, Feldfrüchten und abgewandten Figuren im Hintergrund zu suchen sind.


Nicht so freilich in Hendrick ter Brugghens (1588-1629) „A laughing Bravo with a Bass Viol and a Glass“. Die fast fotorealistisch blickende Hauptfigur, zweifellos ein süditalienischer Straßenräuber nach dem Vorbild von Caravaggio, könnte eher mit einer Kamera flirten als einem Maler Modell zu stehen. Wem der Vagabund so angeregt zuprosten mag, bleibt der Phantasie des Betrachters überlassen. Viele der Gemälde thematisieren das eher profane Geschäfts-oder Familienleben, andere zeigen besondere Feste und Feiern. Pieter De Hooch’s (1629-1684)„A Courtyard in Delft at the Evening“ lässt sich mit sogar in der dortigen Altstadt lokalisieren, ebenso wie Gerrit Berckheydes „The Market Place and Grote Kerk in Haarlem“ in der National Gallery.


Während schon Königin Elizabeth I. die Niederlande 1585 im Kampf gegen die spanische Herrschaft unterstützte und Wilhelm III. von Oranien 1688 sogar auf den britischen Thron gelangte, profitierte das Königreich seit dieser Zeit vom Import niederländischer Kunstwerke, schien bis  zum Hevorbringen eigener Künstler ab dem 18. Jahrhundert sogar davon abhängig zu sein. Auch im 18. und 19. Jahrhundert blieb das Interesse des britischen Königreiches an niederländischer Kunst ungebrochen: George II. erwarb 1729 ein Gemälde eines königlichen böhmischen Abendessens von Bartholomaues van Bassen, Königin Victoria erwarb die Überfahrt des Kurfürsten Friedrich V. und der Prinzessin Elizabeth in Margate, und Königin Elizabeth II. kaufte 1958 ein Gruppenporträt der ältesten Kinder des böhmischen Königspaars, gemalt von Gerrit van Honthorst (1592-1656).


Zu den typischen Alltagsgemälden aus dem Haushalt gehört in der Ausstellung „A Girl chopping Onions“ von Gerrit Dou (1613-1675). Auch hier vermutet der Betrachter zunächst nichts Verdächtiges bei dem Mädchen, dem ein jüngerer Knabe Gesellschaft bei der Küchenarbeit leistet. Doch Zwiebeln galten im 17. Jahrhundert als Aphrodisiaka. Der Blick des Knaben, der eine Zwiebel hochhält, signalisiert, dass sie vielleicht weniger unschuldig ist als sie aussieht. Auch der kopfunter hängende Vogel am Fenster und der leere Vogelkäfig können als Symbole für Sex und verlorene Jungfräulichkeit gedeutet werden. Auch der Herr, der eine Dame in „A Gentleman pressing a Lady to a drink“ von Gerard te Borch (1617 bis 1681) zum Trinken verführt, ist wohl auf ein erotisches Abenteuer auf, sobald sie beschwipst ist. Wahrscheinlich saß hier sogar die Schwester Gesina ter Borch Modell.


Die Kartenspieler von Pieter te Hooch (1629-1684) bestechen durch ihre perspektivische Wirkung mit mehreren Fluchtpunkten, die die räumliche Wirkung der Szene im Hof und Hausflur verstärken. Auch Jan Stehen (1626-1679) malt eine charakteristische Szene von Kartenspielern in einer Schänke, ein typisches Motiv des 17. Jahrhunders für Zeitverschwendung. Jan Steens(1626-1679) Bild „A Twelfth Night Feast: The King drinks“ zeigt wiederum einen typischen Abend mit Gesellschaftsspielen zum niederländischen Dreikönigsfest. Hierbei ging es darum, eine Münze in einem selbstgebackenen Kuchen zu finden und sich zum König krönen zu lassen.



Foto:
Adam Willaerts, Embakartion at Margate of the Elector Palatine and Princess Elizabeth, 1623



Info:
Bis 14. Februar 2016. Zur Ausstellung ist ein Katalog „Masters oft the Everyday. Dutch Artists in the Age of Vermeer“ im Verlag des Royal Collection Trust erschienen.