Serie: 6. literaTurm wird zum Literaturfestival Frankfurt RheinMain vom 2. bis 13. Mai 2012, Teil 8/ 10

 

Felicitas Schubert

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Was zu kurz kommt, sind die Veranstaltungen von LAKONIE UND LEIDENSCHAFT, die außerhalb Frankfurts stattfinden und über die wir morgen berichten wollen. Was ebenfalls zu kurz kommt, ist die Berichterstattung über die Veranstaltungen selbst, die ja nicht nur aus Lesungen bestehen, sondern immer wieder unter eine besondere Thematik gestellt werden, so wie am Donnerstag die Veranstaltung mit Marlene Streeruwitz.


Marlene Streeruwitz ist im letzten Jahr mit DIE SCHMERZMACHERIN aus dem S.Fischer Verlag auf die Sechserliste zum deutschen Buchpreis gelangt und man kann sagen, daß sie den aktuellsten Roman geschrieben hatte, formal sowieso, aber auch inhaltlich. Wer kann schon aus dem geschundenen Herz der Sicherheitsbranche etwas mitteilen? Es geht also um eine junge Frau, die inmitten von persönlichen Identitätskrisen ihr Heil als Ausbilderin in einer Securityfirma sucht. Dort wird sie auch dahingehend überprüft, ob sie nervlich und emotional den Belastungen gewachsen ist.

Was die junge Frau dabei im Trainingslager in der Tschechei erlebt, ist wie von einem anderen Stern und furchterregend – auch für den Leser. Denn weder seelische noch körperliche Integrität werden geschont bei dem knallharten Verfahren, jede menschliche Schwachstelle im Sicherheitssystem – es sind Personenschützer – zu entlarven, die diesen Menschen für seine Arbeit unfähig machen. Absolut gespenstisch, was Marlene Streeruwitz ihr Amy erleben läßt. Und gleichzeitig wissen wir, daß wir vielleicht einem Trugbild aufsitzen. Denn konsequent erzählt Streeruwitz aus der Perspektive ihrer angekratzten Heldin, so daß wir uns auf unsicherem Boden befinden, ob es traumatische Erlebnisse waren, die Amy ihre Ausbildung so scheinen läßt, oder ob dies wirklich so menschenfeindlich – einschließlich Folter - abläuft. Man ist auf jeden Fall trotz manchem Unverständnis für Amys Handlungen, instinktiv auf ihrer Seite, glaubt ihr also auch.

 

GEFÜHLE ALS LITERARISCHER STOFF in DIE SCHMERZMACHERIN ist also Titel der Veranstaltung am Donnerstag, 10, Mai um 18.30 im Haus am OpernTurm. Dort wird Christian Metz mit der Autorin über die Literarisierung von Emotionen als einem zeitdiagnostischen Verfahren sprechen. Christian Metz lehrt am Institut für Deutsche Literatur und ihre Didaktik der Goethe-Universität Frankfurt am Main. Marlene Streeruwitz ist nun schon lange zusammen mit Elfriede Jelinek eine große österreichische Literatin, die viele Preise gewann. Studiert hatte sie Slawistik und Kunstgeschichte und beides kommt auch in diesem Roman zusammen, wie überhaupt auffällt, wie so nebenbei doch sehr oft in ihren Romanen Bilder eine Rolle spielen. Sie ist auch Autorin von Theaterstücken und Hörspielen, arbeitet aber auch als Regisseurin.

Am Donnerstag, 10. Mai um 20.30 Uhr wird es eine Führung durchs Romantik Museum – Ort: Frankfurter Goethe-Haus - geben, das sich derzeit aus den Beständen des freien deutschen Hochstifts konstituiert. Die Leiterin des Frankfurter Goethe-Hauses/Freien Deutschen Hochstifts, Anne Bohnenkamp, wird zusammen mit Nicola Lepp eine Führung durch die Schätze aus der Zeit der Romantik anbieten. Diese nun wiederum ist Kulturwissenschaftlerin und Kuratorin vieler Ausstellungen.

Die Führung ist als ein gemeinsames Flanieren gedacht, wo im Gespräch Ideen dazu entwickelt werden, wie man die Archivalien überhaupt präsentieren kann, damit sie verständlich und attraktiv rüberkommen. Denn museologisch ist es mit Autographen schwierig. Sie sind äußerst lichtempfindlich und dann kann man heute die Schrift oft nicht mehr lesen, zudem sind die wirklich kontextfreien Texte kaum verständlich und man braucht den Zusammenhang. Alles wichtige Fragen, die für die Inszenierung, die jede Ausstellung braucht, wesentlich sind.

Carolina Romahn, die Leiterin des Kulturamtes Frankfurt, wird ein Grußwort sprechen, weil gleichzeitig die Einweihung der Wort-Licht-Installation von Stefan Matlik am ehemaligen Haus des Deutschen Buchhandels stattfindet. Durch den Wegzug des Börsenvereins in die Braubachstraße haben sich im Großen Hirschgraben ganz neue Perspektiven ergeben.

Erstaunlich, was sich an diesem Donnerstag zusammenballt. Die absoluten Gegensätze, die Welt der Amy in der knallharten Security-Szene und die Romantik, die die Blaue Blume suchte. Durch die Terminierung kann man auch beide Veranstaltungen wahrnehmen.



Der Weltexpresso wird kontinuierlich über alle Veranstaltungen berichten.

Unter www.literaturm.de sind alle Informationen zu Veranstaltungen und Teilnehmenden abrufbar.

Foto: peter Rigaud