Drei bestens kuratierte Ausstellungen in der Kunststation Kleinsassen

 

Hanswerner Kruse

 

Schlüchtern (Weltexpresso) - Schwere, erdig wirkende Holzskulpturen („Endzeit“) sind von luftigen und wolkigen Bildern („Übersichten“) sowie lichten Farbräumen („Lichtung“) in weiteren Sälen umgeben.

 

Auf den ersten Blick dominiert die monumentale „Klage um den gefallenen König“ von Herbert Holzheimer seine Ausstellung „Endzeit“. Der Holzbildhauer hat Teile eines, vom Blitz mehrfach gespaltenen und angebrannten Baumes weiter gestaltet, aber so, dass die Arbeitsspuren nicht sichtbar sind. Holzheimer ist ein achtsamer Beobachter der Natur und spürt in ihr figurative oder animalische Gebilde auf, die er durch seine Bearbeitung sichtbar macht.

 

Doch manche Werke, etwa die subtilen „Häutungen“, werden gesammelt und bearbeitet, ohne dass Assoziationen möglich oder beabsichtigt zu sein scheinen. Diese fragilen Objekte aus Baumrinden symbolisieren ganz klaglos Werden und Vergehen. Der Künstler lädt zum reinen Erleben dieser, scheinbar zufälligen Funde ein. Sie seien „Spuren gelebten Lebens, erklärt Kuratorin Dr. Elisabeth Heil, es ginge dem Bildhauer nicht um die „bloße Ästhetik des Morbiden“, sondern um Ehrfurcht gegenüber „Alterungen.“

 

Luftig wirkende, verwelkte Rhabarberblätter sind die neuesten Kreationen des Künstlers. Sie stellen eine gelungene Verbindung zu den Bildern Heike Negenborns und Veronika Dutts in den anderen Sälen her. Negenborns gewaltige Wolken über kleinen Dörfern oder weiten Landschaften wirken in ihrer Ausstellung „Übersichten“ oft dramatisch. Beim Betrachten der Acrylbilder auf Holz irritieren von nahem die Farben durch ihre Künstlichkeit und die Landstriche aus technisch wirkenden Linien und Rastern. Einige Radierungen der Künstlerin sind völlig auf diese rein grafischen Strukturen reduziert, mit denen sie „die Welt zu vermessen und erfassen“ (Heil) sucht. Landschaftsbilder sind im 21. Jahrhundert nun wirklich „ausgemalt“, jedoch fügt Negenborn dieser Genremalerei neue Blickwinkel hinzu. Was vom Betrachter zunächst als Wiedererkennen abgehakt werden könnte (allemal bei „Milseburg“, eine der schwächeren Arbeiten der Schau), wird durch die Kontraste in den Bildern aber aufgehoben.

 

Meistens ganz luftig sind die Farbspiele Veronika P. Dutts in ihrer Ausstellung „Lichtung“. Die Acrylfarben wirken bisweilen ganz zart hingehaucht, selbst wenn sie mehrfach behutsam übereinander aufgetragen wurden. Doch diese sanften Übermalungen kontrastieren zuweilen mit recht kräftigen, monochrom wirkenden Farbfeldern. Die experimentellen Farbschichtungen der Malerin sind ungegenständlich sowie ganz und gar Selbstzweck. Sie erzeugen Stimmungen beim Betrachter oder rufen Gefühle hervor, dennoch symbolisieren oder erzählen sie - nichts. Wenn man sich darauf einlässt, kann man jedoch in ihren „Lichtungen“ geradezu herumschlendern.

Kuratorin Heil fordert dazu auch auf, darin wie auf einer Waldlichtung „schauend und genießend zu verharren.“ Das gilt übrigens für alle drei Ausstellungen, die zum Entdecken und Staunen herausfordern. Die Künstlerinnen und der Künstler irritieren unsere Sinne - und machen uns wieder einmal deutlich, vieles ist nicht so, wie es erst einmal scheint.

 

Öffnungszeiten der Kunststation Kleinsassen: Dienstag - Sonntag, und an Feiertagen, Sommerzeit 13 - 18 Uhr, Winterzeit 13 - 17 Uhr. Die Ausstellungen sind bis zum 29. Mai 2016 zu sehen.

 

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© Hanswerner Kruse: Fragile Häutungen aus Baumrinden, im Hintergrund die dagegen eher monumentale Skulptur „Gekreuzigt“ von Herbert Holzheimer