Serie: TURNER MONET TWOMBLY: Later Paintings in der Staatsgalerie Stuttgart bis 28.Mai!! (Teil 2/2)
Siegrid Püschel und Klaus Hagert
Stuttgart (Weltexpresso) – Erstmals in Deutschland treffen in der Staatsgalerie Stuttgart knapp 70 Spätwerke der drei Künstler, darunter allein 20 Gemälde von Monet aufeinander. Es wäre im Nachhinein interessant zu verfolgen, ob auch die Frühwerke Korrespondenzen erkennen lassen. Aber bleiben wir bei dem Spätwerk, das in der Dichte der Hängung gerade für eine intensive Begegnung mit den Gemälden taugt. Nur Twombly verläßt die Wand und fabriziert auch Dreidimensionales.
Der am Anfang erwähnte vermutete „Trick“, mit dem die Besucher erst einmal auf eher nicht vorhandene Gemeinsamkeiten gestoßen wurde und am Schluß dann doch überzeugt wurden, klärte sich für uns durch die falsche Reihenfolge unserer Besichtigung auf. Wie nicht wenige Besucher gingen wir erst nach links, in den Raum neben dem Café, wo SCHÖNHEIT UND KRAFT ein Stelldichein haben, aber für uns die Werke von Turner, Monet und Twombly doch recht beziehungslos hingen. Danach erst konnten wir in den ATMOSPHÄREN benannten Räumen Korrespondenzen erkennen, die sich sowohl auf das Entkörperlichen von Dingen und Figuren beziehen, die etwa im Nebel Schemenhaftes gewinnen, also sich gemeinsam auf dem Weg zur Abstraktion befinden sowie ähnliche Farben bevorzugen, als auch auf gemeinsamen Motiven beruhen.
Dafür steht Venedig an erster Stelle und das durchaus differenziert. Denn Venedig kündet übereinstimmend sowohl vom Licht, wie vom Süden, kann aber an Regentagen und abends auch das Unheimliche und eine Endzeitstimmung ausstrahlen, was Meerstädte per se haben können. Man erkennt motivische Annäherungen der drei Maler aber auch in den Naturdarstellungen, vor allem von Wasser und Luft und Licht. Hat man erst einmal verstanden, daß Turner, der anders als die beiden anderen, auch die Zeit in sein Werk aufnimmt, so daß wir atemlos zusehen, daß Gegenstände nicht wegen des Nebels, sondern wegen ihrer Bewegung im Raum sich auflösen, dann kann man verblüfft lesen, daß solche Werke antikische Titel tragen, die bei Twombly wieder auftauchen, wie in Hero und Leandro, während Monet ja in den Naturbildern gerade nur abbilden will, was er sieht, keine Geschichten erzählen. Insofern kann man in dieser Ausstellung auch Twombly als Geschichtenerzähler kennenlernen, wo man anfangs nur Farbsymphonien sieht.
Das eigentlich Erstaunliche geht im eigenen Sehen vor. Denn durch die immer wieder einem unmotiviert erscheinende Hängung von zweien oder allen drei Künstlern, öffnet sich der Blick über den Kopf, weil dieser nachfragt. Und je länger man in Bilder hineinschaut, desto mehr schauen sie heraus und sagen einem etwas. Diese Ausstellung zwingt die Besucher dazu. Um so schöner, daß diese in Scharen kommen und die letzten Tage bei verlängerten Öffnungszeiten sich den aufgeworfenen Fragen stellen oder ganz einfach Lust auf Bilder ausleben können. Daß Turner uns hierbei am meisten antörnte, muß man nicht begründen, sich nur daran freuen.
bis 28. Mai 2012
INFO:
In Zusammenarbeit mit dem Moderna Museet Stockholm und der Tate Liverpool: Die Ausstellung war vom 8.10.2011 bis 15.1.2012 in Stockholm zu sehen und wird nach Stuttgart vom 22.6. bis 28.10. in der Tate Liverpool gezeigt.
Wegen des drängenden Besucherinteresses gibt es verlängerte Öffnungszeiten:
Am Pfingstwochenende ist von Samstag, 26. Mai bis einschließlich Montag, 28. Mai bis 20 Uhr geöffnet. An allen drei Tagen können die Besucher an stündlich stattfindenden Führungen zwischen 12 Uhr und 18 Uhr teilnehmen.
Katalog: Turner Monet Twombly. Later Paintings, Verlag HatjeCantz 2012
www.staatsgalerie.de.