Berlin feiert derzeit „Die Maya - Sprache der Schönheit“, Teil 1

Hanswerner Kruse

Berlin (Weltexpresso) - Irgendwie erwartet man im Gropius-Bau die visuelle Simulation mächtiger Steintreppen und gigantischer Pyramiden. Doch stattdessen begrüßen den Besucher winzige tönerne Skulpturen sowie kleine Masken und Plastiken aus Stuck.



Alle Werke sind erstaunlich fein modelliert, gelegentlich etwas abstrahiert, und verdeutlichen bereits in der ersten Station, „Der Körper als Leinwand“, das seltsam anmutende Schönheitsideal der Maya: Schielende Augen, bis auf einen Beißzahn abgeschliffene Zähne, kräftige Schmucknarben im Gesicht und Köpfe mit fliehender Stirn (die bei Säuglingen schmerzhaft so gepresst wurde). Diese gestalteten Körper waren lebenslanger Ausdruck sozialer Zugehörigkeit und kultureller Identität der Maya. Die meisten in der Ausstellung gezeigten Kunstwerke stammen aus der spätklassischen Blütezeit von 600 bis 900 n. Chr.


Etliche Ton- und Stuckfiguren sowie einige steinerne Bildtafeln von Menschen mit hochaufgetürmten Haaren und starker Körperbemalung geben meist das Leben der Herrschenden wieder. Manche Figuren idealisieren Gesichter und Körper, zeigen die Gebieter so, wie sie erscheinen wollten. Durch die Vielfalt der Objekte und ausführliche Erklärungen  der Figurengruppen, werden die Grenzen zwischen Kunst, Ethnologie und Geschichte aufgehoben.


Die Ausstellung folgt nicht chronologisch der Entwicklung der Kulturgeschichte, sondern stellt Kunstwerke zu diversen Themen aus unterschiedlichen Epochen und Lebensräumen zusammen: Der zweite Teil zeigt die Rolle der Bekleidung, in weiteren Sälen wird die Bedeutung der Tiere veranschaulicht  und zum Schluss schließlich der Götterhimmel der Maya. An den Figuren sind oft türkisene, rote und andere Farbreste zu erkennen, denn einst waren sie kräftig bemalt. Die Kuratoren ließen sich nicht dazu hinreißen, grell bemalte Replikate auszustellen, wie man sie in Mexico kaufen kann - ein wenig Fantasie mutet man den Besuchern durchaus zu.


Textilien der Maya sind nur noch in Überresten vorhanden, doch an den Figurinen ist erkennbar, wie sie sich kleideten. Zu sehen sind akkurat ausgearbeitete Figuren von reich geschmückten Herrschern mit prachtvoller Kleidung - etwa im rituellen Federkleid. Auch Bauern und Bedienstete mit Lendenschurz werden gezeigt ebenso wie Weberinnen oder ein Schreiber. Die Maya hatten übrigens eine hochentwickelte Schrift, die heute weitgehend entschlüsselt ist.



Infos zur Ausstellung


Gropius-Bau Berlin „Die Maya - Sprache der Schönheit“ noch bis zum 7. August 2016. Geöffnet Mittwoch - Montag von 10 - 19 Uhr. Empfehlenswert ist der Audioguide. Führungen für Familien mit Kindern ohne Anmeldung sonntags von 13 - 15 Uhr.
Diese Ausstellung wird anlässlich des Deutsch-Mexikanischen-Jahrs 2016 nur in Berlin gezeigt. Eine letzte derartige Schau gab es vor 30 Jahren in Deutschland. Die meisten der ausgestellten Stücke sind erst in den letzten Jahrzehnten dem Regenwald der Halbinsel Yucatán in Mexico entrissen worden. Derzeit boomt dort die Archäologie und wird als „Mundo Maya“ immer stärker zur Touristenattraktion.
Die Maya beherrschten 3000 Jahre lang neben Mexico auch Teile von Guatemala, El Salvador und Honduras. Ihre Kultur wurde systematisch durch die spanischen Eroberer im 16. Jahrhundert zerstört. In Mexico leben heute acht Millionen Maya, die sozial und kulturell wesentlich integrierter sind als indigene Völker in anderen Teilen Südamerikas.



Katalog


Der exzellente Ausstellungskatalog enthält große Fotos aller 300 ausgestellten Objekte mit ausführlichen Erklärungen. Viele Beispieltexte - etwa „Kleidung, Haartracht und Identität der Frauen“ - heben unterschiedliche Aspekte der Maya-Kultur hervor.
„Die Maya - Sprache der Schönheit“, Prestel-Verlag, Großformat, gebunden, 240 Seiten, 39,95 Euro

FOTO:
© INAH. Museo Regional de Antropología. Palacio Cantón, Mérida, Yucatán