Berlin feiert derzeit „Die Maya - Sprache der Schönheit“, Teil 2
Hanswerner Kruse
Berlin (Weltexpresso) - Im dritten Teil, „Das Tier als Ebenbild“, fällt als erstes eine dicke Ente auf, die große Bedeutung in der Maya-Mythologie besaß. Die „Boten der Wolken“ wurden als Träger der Seelen ihrer Verstorbenen angesehen, aber auch als reisende Götter. Überhaupt galten Vögel als Mittler zwischen den Überirdischen und Menschen.
Fröhliche und ungestüme Affen, bei einigen Skulpturen mit kräftigen Geschlechtsteilen ausgestattet, symbolisierten Tanz, Gesang und andere Künste. Besonders Jaguare, aber auch Fledermäuse, Schlangen und weitere Tiere waren den Maya bedeutsam, weil sie mit übernatürlichen Kräften ausgestattet schienen.
Die Herrschenden nutzten diese vermeintlichen Wunderkräfte durch rituelle Anverwandlung mit halluzinogenen Kräutern an manche Tiere. Ein riesiger Schlangenkopf spuckt einen erschöpften Herrscher aus. Die Ethnologen nehmen an, dass eine hochrangige Person in einer anstrengenden Zeremonie symbolisch von einer Boa verschluckt wurde, um mit den Kräften eines Schamanen in den Alltag zurückzukehren.
Plakat und Flyer werben für die Ausstellung „Die Maya“ mit dem Weihrauchgefäß „Schriftgelehrter der Götter“ (Bild). So ganz sicher sind sich die Ethnologen allerdings nicht, ob das noch relativ kräftig bemalte Keramik-Objekt nun einen schreibenden Gott oder den Gott der Schreiber darstellen soll. Die Figur ist Mensch und Brüllaffe zugleich, hält eine Schlange auf dem Arm sowie Stift und Tintenfass in den Händen. Für die Maya waren Affen nicht nur für die Künste zuständig, sondern sie sollten den Menschen auch die Absichten der Götter mit Hilfe der Schrift vermitteln. Die göttlichen Weihrauchgefäße sind die beeindruckendsten Kunstwerke der Schau. Durch Rituale bekamen die Gefäße selbst göttliche Eigenschaften, sie wurden zu Götzen. Gingen sie kaputt, wurden sie mit einer Zeremonie bestattet.
Es gab in der Blütezeit der Maya-Kulturen an die 50 Götter, die in sich selbst extrem widersprüchlich sein konnten: Alt und jung, männlich und weiblich, gutmütig und böse. Vor allem gab es die furchteinflößenden Hauptgötter, die für gewaltige Wetter- und Naturereignisse verantwortlich waren und milde gestimmt werden mussten: Eine kleine Figur stellt einen Herrscher dar, der sich bei einer Selbstopferung den Penis durchbohrt, um das Blut den Göttern zu opfern. Die untergeordneten Götter dagegen waren für die Bedürfnisse der Menschen und ihre Angelegenheiten zuständig: Bauern und Handwerker verehrten die Lenker von Sonne, Regen und Erde, während die herrschende Elite Götter des Handels, des Krieges oder der Schrift anbeteten.
Die vielfältigen skulpturalen Gefäße, Reliefs und Masken verdeutlichen die religiösen Vorstellungen der Maya und ihrer Auffassung vom Verhältnis der irdischen zu himmlischen Welt.
Infos zur Ausstellung
Gropius-Bau Berlin „Die Maya - Sprache der Schönheit“ noch bis zum 7. August 2016. Geöffnet Mittwoch - Montag von 10 - 19 Uhr. Empfehlenswert ist der Audioguide. Führungen für Familien mit Kindern ohne Anmeldung sonntags von 13 - 15 Uhr.
Diese Ausstellung wird anlässlich des Deutsch-Mexikanischen-Jahrs 2016 nur in Berlin gezeigt. Eine letzte derartige Schau gab es vor 30 Jahren in Deutschland. Die meisten der ausgestellten Stücke sind erst in den letzten Jahrzehnten dem Regenwald der Halbinsel Yucatán in Mexico entrissen worden. Derzeit boomt dort die Archäologie und wird als „Mundo Maya“ immer stärker zur Touristenattraktion.
Die Maya beherrschten 3000 Jahre lang neben Mexico auch Teile von Guatemala, El Salvador und Honduras. Ihre Kultur wurde systematisch durch die spanischen Eroberer im 16. Jahrhundert zerstört. In Mexico leben heute acht Millionen Maya, die sozial und kulturell wesentlich integrierter sind als indigene Völker in anderen Teilen Südamerikas.
Katalog
Der exzellente Ausstellungskatalog enthält große Fotos aller 300 ausgestellten Objekte mit ausführlichen Erklärungen. Viele Beispieltexte - etwa „Kleidung, Haartracht und Identität der Frauen“ - heben unterschiedliche Aspekte der Maya-Kultur hervor.
„Die Maya - Sprache der Schönheit“, Prestel-Verlag, Großformat, gebunden, 240 Seiten, 39,95 Euro
FOTO
© INAH. Museo Regional de Antropología. Palacio Cantón, Mérida, Yucatán