Serie: Die Leuchtenburg in Thüringen wird mit den Porzellanwelten Besuchermagnet, Teil 3/3
Helga Faber und Roman Herzig
Erfurt (Weltexpresso) – Höchste Zeit, die eigentliche Sensation zu beschreiben, die derzeit auf der Leuchtenburg stattfindet: die Gesellschaft Arqueonautas birgt derzeit vor der Küste Indonesiens in ca. 50 Meter Tiefe aus einem chinesischen Schiffswrack aus dem 16. Jahrhundert die Fracht von rund 700 000 Porzellanstücken aus der Wanli-Dynastie. Die ersten Stücke kann man nun in einer Ausstellung auf der Leuchtenburg sichten und erfährt dazu auch alles das, was nötig ist, um solche archäologischen Unterwasserfunde möglich zu machen.
Als die Ministerpräsidentin von Thüringen, Christine Lieberknecht, zusammen mit Nikolaus Graf Sandizell, Gründer und Geschäftsführer von Arqueonautas, der Museumsdirektorin Ulrike Kaiser und den beiden, die den Ausbau der Leuchtenburg vorangetrieben haben: Sven-Erik Hitzer, Stifter und Vorstand und Wolfgang Fiedler, MdL und Kurator Stiftung Leuchtenburg, als also alle das Band durchschnitten und damit die Ausstellung eröffneten, begann das spezifische Leben der PORZELLANWELTEN als Sonderausstellung. Denn zu den schon erwähnten einzelnen Stationen, die den Weg, die Verbreitung, die Beschaffenheit, die historischen Details, die Verwendung sowie das Design von Porzellan in der Welt in einer Dauerausstellung durch ihre Exponate sinnlich und medial aufbereitet, zeigen werden, kommt als Auftakt diese Sonderausstellung hinzu, die auch deshalb eine Momentaufnahme ist, weil jeden Tag die Rettungsaktion des Porzellan am Meeresgrund weitergeht.
Arqueonautas weltweit zur Rettung des maritimen Weltkulturerbes
Eigentlich ist es sogar so, daß der Chef der meeresarchäologischen Unternehmung, dem tief für die Leihgaben gedankt wurde, selbst froh ist, daß seine Arbeit in Deutschland öffentlich wird, denn solch ein Unterfangen, die Fracht eines wohl 1580 gesunkenen Schiff zu bergen, ist kompliziert und teuer dazu – von allen rechtlichen Fragen, wem was gehört, einmal abgesehen, was uns hier nicht interessiert. Der Deutsche Graf Sandizell hat nach 15 Jahren Managertätigkeit die neuen gesetzlichen Grundlagen Portugals zu historischen Schiffsbergungen genutzt und versucht mit seinem Unternehmen in der ganzen Welt Schiffswracks zu bergen. Dazu gehört auch, diese erst tief unter der Meeresoberfläche zu sichten, was ihm erstmals 1998 bei den Kapverden gelang, wo die PRINZESS LOUISA schließlich 60 000 Silbermünzen freigab.
Die Ausstellung zeigt nun auf sehr eindrucksvolle Weise, was technisch und menschlich nötig ist, um solche Funde zu bergen. Das muß man mit eigenen Augen sehen, was man kann, weil Filme den Vorgang anschaulich machen. In Indonesien finden seit 2007 Erkundungstauchgänge statt und man hat schon 25 Wracks geortet, denn die Stelle in der Bangka-Belitungregion war durch die Handelsbeziehungen zwischen China, Portugal, den Niederlanden und England dicht befahren. Wie so ein Bergungsschiff aussieht, kann man hier auch lernen.
Die Wanli-Fracht
Das chinesische Schiff, um das es heute geht, haben allerdings Fischer im Jahr 2009 zufällig entdeckt. In einer Gemeinschaftsoperation mit den indonesischen Behörden werden der Massenfund – der größte Porzellanfund aller Zeiten – nun geborgen. Für diese Aktion muß Arqueonautas rund fünf Millionen aufbringen.
Das chinesische Schiff war mit 48 Metern Länge und 23 Metern Breite und 1 300 Quadratmetern Ladefläche außergewöhnlich groß. Die geschätzten 700 000 Porzellanobjekte – Vasen, Schalen, Platten, Teller und Koppchen, das sind die kleinen Tee-Trinkschalen – werden im Wert auf 34 Millionen Euro geschätzt. Hier auf der Leuchtenburg sind die ersten Exemplare zu sehen, dünne, feinbemalte Stücke im blau-weißen Dekor und mit chinesischen Signierungen auf der Rückseite. Genauso wie das Porzellan selbst interessiert einen aber ebenfalls die Zeit, in der es entstand und wohin es verschickt wurde. Wenn wir von der WANLI-FRACHT hören, weiß ein geschichtsbewußter Chinese sofort, daß dies Kaiser Wanli ist, der Ming-Dynastie zugehörig. Porzellanexperten wiederum können mit der Ming-Dynastie sofort etwas anfangen, denn tatsächlich ist vergleichbar den griechischen Vasen die Datierung von Porzellan aufgrund stilistischer Elemente nicht schwierig – und vor allem dadurch auch gesichert.
AUSSTELLUNGGESTALTUNG
Das Besondere der Ausstellung liegt auch in der vorgenommenen Inszenierung, wozu heute Ausstellungsarchitekturen gehören, die das Büro Nau aus Zürich vorgenommen hat. Man taucht sozusagen selbst unter in diese Zeit und unter den Meeresboden. So ist allein die Aufbereitung des Themas WELTHANDEL UM 1600 einen Besuch wert, denn wir sind im 16. Jahrhundert genau in der Zeit gelandet, wo unsere heutige 'weltweite' Welt vorbereitet wurde und die Vernetzung - ja auch die Kolonialisierung der übrigen Welt durch Europa – sich über den Handel und den daraus resultierenden Gewinn ausbreitete. Gerade die alten ausgestellten Navigationsinstrumente begeistern uns und wir konstatieren: wie arbeiteten diese Menschen damals technisch genau und gleichzeitig in so guter Handarbeit formschön gegenüber den heutigen Plastikverschandelungen!
Portugal war damals eine der Hauptmächte und so hat es auch gleichsam etwas Nostalgisches, daß Graf Sandizell mit seiner Gesellschaft im heute kleinen und wirtschaftlich angeschlagenen Portugal residiert. Bei seinen Bergungen findet sicher immer wieder Wracks, die auf dem Weg nach oder von Portugal waren und von den großen Zeiten erzählen. Es ändern sich Zeiten und politische Gewichte. Das Porzellan allerdings überlebt sie alle. Dabei gehört es zu den Materialien, die leicht zerbrechen und dessen Empfindlichkeit deshalb auch bei den Bergungsaktionen besonders zu beachten ist. Wir belassen es dabei, daß SCHERBEN GLÜCK BRINGEN, aber wir der Expedition in die Tiefe alles Glück ohne Scherben wünschen.
Die Sonderausstellung läuft bis auf Weiteres
Ausstellungsführer: Die Wanli-Expedition. Weißes Gold vom Meeresgrund, Stiftung Leuchtenburg 2012. Kompakter Führer, der alle wesentlichen Aspekte vorstellt und das Thema um das Suchen, Finden und Bergen, also dem Alltag archäologischer Expeditionen erweitert und verbreitert.
Info I:
SALVERKÜCHLEIN: Kultspeise in Mitteleuropa
hochdeutsch: Knabberei aus Salbeiblättern
Zutaten: Salbeiblätter mit Stiel, 100 g Mehl, 100 ml kaltes Wasser, 1 Eiweiß, 1 Eigelb, Salz, Öl
Zubereitung: Eidotter, Wasser und Salz kurz verquirlen und Mehl darunterrühren. 25 Minuten quellen lassen. Eiweiß steif schlagen und unter die Mehlmasse heben. Nun die einzelnen Salbeiblätter am Stiel festhalten und durch die Mehlmasse ziehen. Im Fett ausbacken.
Info II:
Es gibt MITTELALTER ZEITREISE, ein geführter Rundgang über Stock und Stein, Wendeltreppe und Verlies, ein zünftiges Mahl inklusive. Es gibt Angebote für Kinder, die als KLEINE GEISTER Schatzsuche betreiben. Und es gibt – wir sind an der Saale – auch als Angebot Weinverkostung, Käse und &Brot und zum Wein die Geschichte von der Weinbautradition im Mittelalter zu Fuß der Leuchtenburg. Die Porzellanwelten hat schon die erste Station und die neue Ausstellung ist eine Sonderausstellung, die die europäische Tradition in Thüringen ergänzt. .
Info III:
Wir haben die Schriften noch nicht, aber der Verlag Schnell & Steiner hat einen kleinen Kulturführer BURG UND MUSEUM LEUCHTENBURG mit den wichtigsten Daten und Begebenheiten zur 800jährigen Geschichte herausgebracht und der Böhlau Verlag DAS AMT LEUCHTENBURG 1479 – 1705. Zentrum wettinischer Landesherrschaft“, beide von der Burgdirektorin Ulrike Kaiser verfaßt.
Info IV:
Ausstellungsführer zur Sonderausstellung ab Mai 2012 im Rahmen der Porzellanwelten Leuchtenburg: DIE WANLI EXPEDITION. Weißes Gold vom Meeresstrand, hrsg. Von Stiftung Leuchtenburg, 2012 mit den Informationen zum Welthandel um 1600, der Bergungsgesellschaft einschließlich Wasserarchäologie ARQUEONAUTAS, der Wanli-Fracht aus Porzellan und mehr über Suchen, Finden und Bergen, dem Alltag archäologischer Expeditionen.
Stiftung Leuchtenburg
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