Was Mode mit Kommunikation zu tun hat, zeigt die neue Wechselausstellung im Museum für Kommunikation in Frankfurt am Main
Romana Reich
Frankfurt am Main (Weltexpresso) – „Kleider machen Leute“, ist so ein Spruch, den jeder kennt. Aber schon „des Kaisers neue Kleider“ können nicht mehr alle auf die Nacktheit des fiktiven Königs beziehen, den Christian Andersen in seinem Märchen zwei Betrügern aufsitzen läßt, die ihm angeblich neue und teuere Kleidung weben, die nur für Kluge zu sehen sind, weshalb erst der König und dann sein Hofstaat und die Untertanen dazu, sich über die Pracht dieser Gewandung auslassen, bis ein Kind ruft: Der König ist ja nackt.
Das könnte auch heute passierend, allerdings wäre der Ausruf des Kindes, das die Wahrheit spricht: „nackt“, sondern vielleicht „wie hässlich“, wozu sich die Mutter oder Schwester gerade in Unkosten stürzte, um der neuen Mode gemäß, ‚up to date’ zu sein. Mode und wechselnde Moden gab es immer, aber wohl nur in den USA ist es üblich, daß die Modelle einer Saison – halbes Jahr – in den Geschäften ein halbes Jahr später nur noch die Hälfte kosten. Alle Modelle.
Um solche ephemere Modeerscheinungen geht es bei dieser Ausstellung nicht, sondern um die Moden, die länger Bestand haben und nur deshalb für die Konsumenten auch Botschaften ausdrücken können, die mit Recht als Kommunikation bezeichnet werden, die zwischen Träger und dem, der ihn anschaut, auch wenn wir ‚Fashion talks’ für ausgesprochen ephemer halten, da es in Deutschland derzeit modisch ist, sich auf Englisch auszudrücken, eine Zwangshaltung für manche, die dieses Museum selbstbewußt bald wieder ablegen sollte.
Mit der Tür ins Haus fällt die Ausstellung gleich zu Beginn, wenn an den Uniformen, die im Rund versammelt sind – echte und ausgedachte – die Trägermentalität erfragt, aber auch sofort erkannt wird. Wenn man der Ausstellung etwas ‚vorwerfen’ könnte, dann ihre als These formulierte Grundsatzaussage, daß ich mit der Kleidung ein Bild von mir gegen möchte und andere das mehr oder minder erkennen. Nein, diese Grundsatzaussage, daß Kleidung von alleine erzählt, wenn man nur hinguckt und sich seinen Reim macht, ist der Ausgangspunkt für die gesamte Schau, die auf diesem Hintergrund einfach ästhetisch interessant und im Detail richtig witzig ist.
Dabei kann man – wie bei den Uniformen – bei den Trägern von Kleidung zwei Gruppen deutlich unterscheiden: es geht um die Individualisten, die als ein gesondertes Selbst zur Kenntnis genommen werden wollen und es gibt die Gruppen, die durch Uniformierung, was natürlich nichts mit Uniform zu tun hat, sondern nur das gemeinsam Spezifische der Gruppenkleidung ausdrückt, also eine Zusammengehörigkeit über Kleidung ausdrücken wollen. Für Letztere wäre die derzeitige Jugendbewegung, sich öffentlich in Manga-Kostümen in größerer Anzahl zu zeigen, zutreffend.
Schnell wird einem klar, daß es insbesondere Jugendliche sind, die aus den Unsicherheiten bezüglich ihrer Identität, die erst im Werden ist, einschließlich der sexuellen, heraus zu den leicht Beeindruckbaren, ja gerade Verführbaren gehören, wenn sie – wie in den 50er Jahren – mit einem Petticoat das moderne junge Mädchen waren und mit dem Mini-Rock zwanzig Jahre später wieder die Vorreiter eins Kleidungsstücks waren, daß die Jahre darauf auch die 60jährigen trugen, unabhängig vom Zustand ihrer Knie.
Beim Durchstreifen der Ausstellung bleibt gar nicht aus, daß man sich selbst immer wieder an die Nase faßt, weil man sich als Konsument einer bestimmten Zeit so deutlich einordnen kann, wo man sich doch immer zu denen zählte, die ihre eigene Mode kreieren. Die Ausstellung auf rund 550 Quadratmetern zeigt nun so viele Beispiele alter und neuer Modetrends, das dies auch ein ästhetisches Vergnügen ist, leider kein haptisches, denn Anfassen darf man die Stoffe nicht, was unsereinem schwerer fällt, als ein Kunstwerk nicht anzufassen, denn bei Kleidung und Stoffen und Pelzen und Gestricktem und Gewebtem fühlt man das Anschauungsstück sozusagen schon auf der Haut.
Hier geht es nicht nur um die Mode selbst, sondern auch vom Modezeichnen bis zum Tragen über den Kauf, wird das beleuchtet, was von der Produktion bis zum Käufer eine Rolle spielt. Dabei ist die Werbung heute orientierender Mittler zwischen beiden, die, wenn sie die richtigen Modelle wie Anziehpuppen präsentiert, auch die Käufe beschleunigt. Mode wird also massiv ‚gemacht’. Das ist das eine. Aber auf Dauer setzt sich nur durch, was von Praktikabilität über Robustheit des Materials und einer ideologischen Komponente für sich spricht.
Die Blue-Jeans sind dafür der allerbeste Beweis, die ab 1990 erst zu den Jeans aller Art und auch aller Stoffe, Farben, Schnitte wurden. Daß ihnen und dem unverwüstlichen Stoff Denim, was ursprünglich nichts anderes als ein sehr festes Baumwoll-’Gewebe aus Nimes’ bedeutetet, ein großer Ausstellungsteil gilt, ist nachvollziehbar, denn an den Jeans kann man vielerlei erkennen: sowohl die Herkunft aus dem Arbeitsbereich, die Einfachheit des Produkts, die Uniform des ‚kleinen Mannes’, die in der Demokratie für alle gelten, die Differenzierung, die als Avantgardemode daherkommt, die maschinell löchrige Jeans als Jugendkultur, also eigentlich gibt es nichts, was nicht zur Jeans verarbeitet werden kann.
Bis zum 2. September 2012
Katalog: Fashion Talks, hrsg. von Lieselotte Kugler und Gregor Isenbort, Museumsstiftung Post und Telekommunikation, 32, 2011