Im Fuldaer Bonifatiushaus eröffnete Katharina Eglau ihre Fotoausstellung (Kunst in Osthessen 4)


Hanswerner Kruse

Fulda (Weltexpresso) - Die katholische Bildungsstätte Bonifatiushaus eröffnete mit einem gut besuchten „Akademieabend“ die Ausstellung „Was auf dem Spiel steht“, der in Ägypten lebenden Fotografin Katharina Eglau.


Zuerst fallen in der Bilderschau die unglaublich schönen, glücklichen Kinder in diversen arabischen Regionen auf. Die Porträts ihrer Eltern und Verwandten sind eindrucksvoll, mal tragen die Frauen Kopftücher, mal offene Haaren. Muslime, Christen, Juden. Fischer bei der Arbeit im Euphrat-Delta. Verputzer werkeln in schwindelnder Höhe an Lehmhochhäusern. Die Puppe eines mit Pfeilen gespickten Diktators (Hussein) wird verbrannt. Ein Jugendlicher liegt in einer Moschee auf dem Boden und fummelt entspannt am Smartphone herum. Eine junge Ägypterin macht Freudensprünge vor Pyramiden.


Man hat nicht den Eindruck, dass diese Menschen freiwillig auf überfüllte Flüchtlingsboote oder in europäische Notaufnahmelager gehen. Doch die seit Jahrtausenden im Delta in den Sümpfen lebenden Menschen wurden vertrieben, die kurdischen Jesiden werden vom IS ausgerottet, das steinalte jüdische Dorf im Jemen gibt es nicht mehr.


Auf vielen Reisen im nahen Osten hat die Fotografin nicht nur unterschiedliche Volksgruppen in ihren sozialen und religiösen Bindungen abgelichtet, sondern so auch die Vielfalt der arabischen Kultur festgehalten. „Das steht auf dem Spiel“, erklärt Eglaus Mann, der Nahost-Journalist Dr. Martin Gehlen, in seinem Vortrag zur Vernissage. Beide leben seit acht Jahren in Kairo und kennen sich bestens in der Region aus, hautnah haben sie den Fall der Diktaturen, den „arabischen Frühling“ und die Renaissance der Gewalt miterlebt.


„Wo ist Katharina schon wieder?“ Zu Beginn seiner Rede erzählt Dr. Gehlen, ständig verschwinde seine Frau während der Reisen und fotografiere in einem Pulk von Einheimischen einzelne Menschen: Das setze Respekt und Kommunikation voraus, die ihr hervorragend gelänge. Doch sein Vortrag über den Zerfall der arabischen Staaten („Die Kernschmelze des nahe Ostens“) ist ansonsten düster und wenig hoffnungsvoll: Der IS und andere Terroristen legten die tauendjährige arabische Kultur in Trümmer. Manche maroden Staaten im nahen Osten gingen zugrunde (Libyen, Irak), Diktaturen in anderen Ländern (Ägypten, Saudia Arabien) seien brutaler als je zuvor. Der Islam stecke in einer weltweiten Legitimationskrise...  


Nach der Diskussion führt Eglau die Besucher durch ihre Ausstellung im gesamten Bonifatiushaus. Die großformatigen ungerahmten Arbeiten sind eigenständige Kunstwerke und zugleich fotojournalistische Dokumente. Eigentlich sprechen sie für sich, aber gerne und ausführlich berichtet Eglau von den Geschichten hinter ihren Bildern. Die exzellente Ausstellung sowie die kenntnisreichen Informationen stürzen in Verwirrung - man wird berührt von den fröhlichen, exotischen Fotografien, die große Menschlichkeit und Wärme ausstrahlen. Zugleich ist man entsetzt und ratlos, dass das alles auf dem Spiel steht! Manchmal möchte er einfach abhauen aus Ägypten, meinte Dr. Gehlen, doch dann ginge er vor die Tür und begegne den liebenswürdigen arabischen Menschen. Das ermuntere ihn zum Bleiben!
Das Bonifatiushaus in Fulda ist keine Ausstellungshalle, doch es lohnt sich, die Schwellenangst zu überwinden.


Foto: (c) Hanswerner Kruse Die Tanzsprünge symbolisieren den arabischen Frühling...

Info:

Die Fotos werden noch bis zum 18. November gezeigt. Geöffnet Montag bis Donnerstag 8.00 - 12.30 / 13.30 - 16 Uhr, Freitag 8.00 - 12.30