Auf der Biennale von Venedig 2017, Abschluß Teil 8

Hannah Wölfel & Hanswerner Kruse

Venedig (Weltexpresso) - Zum letzten Mal fahren wir in der Früh mit dem Schiff von Fusina nach Venedig. Die dreißig Minuten auf dem Wasser sind jedes Mal ein wunderbarer Tagesbeginn.
Im Giardini und Arsenale ist es nach dem ersten Wochenende recht ruhig geworden. Anne Imhof, die Gewinnerin des Goldenen Löwen, hat ihren Spielbetrieb im deutschen Pavillon eingestellt. Darüber ärgern sich viele Besucher, weil Imhofs Pressebüro den „Faust“ auch für die kommende Woche ankündigte. Unser Ärger verfliegt schnell, weil wir nun noch viele vergessene oder abgelegene Pavillons sowie Ausstellungen in der Stadt („Eventi collaterali“) besuchen können. In der Nähe des Bootsanlegers ist eine Freiluftschau mit täuschend echten Badefrauen zu sehen, an denen Touristen hemmungslos herumfummeln, um zu fühlen, ob die echt sind.

Sehr überraschend die Ausstellung „Glas Stress“ im Palazzo Franchetti mit gläsernen Arbeiten etablierter Maler und Bildhauer. Am eindrucksvollsten finden wir dort die Kleider aus Glas, aus denen die Frauen gerade herausgeschlüpft zu sein scheinen.
Die 57. Biennale zeigt (noch bis September) eine unglaubliche Spannweite zeitgenössischer Kunst aus sehr unterschiedlichen Kulturen. Dazu kommen Begegnungen der Künstler untereinander und mit den Besuchern. Es gibt viel Schönes und Interessantes zu erleben, sogar aus gebeutelten Ländern wie Aserbaidschan, Irak oder Zimbabwe. Von daher geht das kuratorische Konzept Christina Macels auf, unserer destruktiven Welt die Freiheit und Schönheit der Kunst entgegenzusetzen. Nur wenige Länderbeiträge, wie im chinesischen Pavillon, wirken stark zensiert und sehr langweilig.

Der türkische Pavillon soll wohl mit seinen Gittern und versperrten Ausgängen wie ein Flüchtlingskäfig wirken. Aber schnell wird den Besuchern darin klar, die listigen Künstler haben die aktuelle Situation in ihrem Land ausgedrückt, in dem die Menschenrechte mit Füßen getreten werden.

Es gibt nicht ausschließlich Neues zu sehen, sondern auch Werke der Kunstpioniere der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Mehrere fast vergessene Künstlerinnen und Künstler wurden nun doch noch zu Lebzeiten geehrt. Die älteste auf der Biennale präsente Künstlerin ist die Kubanerin Zilia Sànchez (91) mit ihren fast konkreten und doch so erotischen Objekten. Das alles ist, ebenso wie die Rehabilitation der „Frauenkunst“, ein besonderes Verdienst der umstrittenen Kuratorin: Viva Arte Viva!

Fotos: (c) hwk