Serie: Drei Jubiläumsausstellungen: 150 Jahre Gustav Klimt in Wien, Teil 3

 

Claudia Schulmerich

 

Wien (Weltexpresso) – Das Leben schreibt die besten Geschichten. Und das Leben schreibt hier Klimt-Sammlungsgeschichte. Denn tatsächlich verfügt das ehemals Historische Museum der Stadt Wien über die weltweit größte und auch vielfältigste Klimt-Sammlung von den 1880er Jahren bis zum Tod 1918 – die erste Schenkung, eine Originalzeichnung, rührt aus dem Jahr 1893, der erste Ankauf 1901- , zudem empfängt einen Klimts Totenmaske, einer seiner indigofarbenen Malerkittel und später das originale Secessions-Skandalplakat, als aus dem frühen Publikumsliebling der umstrittene Avantgardist geworden war, bevor er dann wieder das gefeierte Symbol für Wien um 1900 wurde.

 

Diese Ausstellung spektakulär zu nennen, wäre richtig. Sie ist allerdings in einem anderen Sinne spektakulär, als die sehr aufwendig und goldglänzend gehängte Gemäldeausstellung im Belvedere ist, sozusagen zwei Seiten einer Medaille. Sieht man dort die fertigen Produkte, prunkvolle Gemälde, so kann das Wien Museum Klimts Arbeitsprozeß begleiten mit einer so unglaublich dichten Folge von Zeichnungen, daß einem wirklich der Atem stockt, so viel Klimt auf vier Wänden, von oben bis unten! Zudem kann der Besucher, der sich mit Hilfe einer ausgelegten Schrift die Nummern der Zeichnungen in ihre Titel und ihren Werkzusammenhang vergegenwärtigen kann, seinen Lebens- und Werkweg in zehn Stationen entlang gehen, kann also sehr gut Leben und Werk verbinden, wenn er von Klimt bisher nur die Höhepunkte kannte.

 

Das fängt mit der Kunstgewerbeschule 1877-1881 an, wo Kopfstudien, vor allem aber männliche Akte und die von Knaben zeigen, wie konventionell, aber schon mit sicherem Strich Klimt beginnt. Auch die Arbeiten zu Allegorien und Embleme zeigen sowohl inhaltlich – Wahl der Motive – wie auch zeichnerisch, daß er sich an das Überkommene hält. So sind DIE TAGESZEITEN von 1881, Tuschfeder und Bleistift auf Karton, durch weibliche Figuren symbolisiert. Der Morgen ist eine aufgehende Sonne, die Mittagszeit durch einen schutzgebenden Fächer, der Abend mittels eines Saiteninstruments und einer Fledermaus charakterisiert und die Nacht durch eine Eule und Mohnkapseln dargestellt. 

 

Auftragsarbeiten aus den Jahren  1883 bis 1898 zeigen als III. Abteilung die Arbeiten der Künstlergemeinschaft Compagnie und damit schon den ‚symbolistischen‘ Klimt, wie er den Stiegenaufgang im neuen Burgtheater mit dem Theater Shakespeares schmückt. Da sind die nackten, wohlgestalteten, noch ziemlich unerotischen jungen Frauen mit den nackten Jünglingen, aber im DER DIONYSOS-ALTAR auch schon die lasziv auf Tigerfell gebetteten Schönheiten, die belgische Vorbilder haben, dann aber zugunsten von silbrig schimmernden und flirrenden Damen abgelöst werden, die auch ein Markenzeichen Klimts werden.

 

Mit DER ZUSCHAUERRAUM IM ALTEN BURGTHEATER aus den Jahren 1888/89 hat es eine besondere Bewandtnis. Das alte Hof-Burgtheater wurde nämlich abgerissen und zuvor wurde es auftragsgemäß von Klimt mit Blick in den Zuschauerraum gemalt. 60 000 Besucher kamen 1890 in die Ausstellung, um dieses Bild zu sehen, für das Klimt wohl 400 Dukaten erhielt, wenn wir uns richtig erinnern. Fortsetzung folgt.

 

Bis 7. September

www.wienmuseum.at

Katalog: Klimt. Die Sammlung des Wien Museums. Verlag HatjeCantz 2012. Eine Würdigung folgt.