sz erfurt2Backstube im Haus zum schwarzen Adler in Erfurt

Sabine Zoller

Erfurt (Weltexpresso) - 2017 feiert die „Backstube im Haus zum Schwarzen Adler“ am Fuß der Krämerbrücke in Erfurt ihr fünfjähriges Jubiläum. In dem Gebäude aus dem Jahr 1754 belebt Hartmut Priemer (49) die alte Tradition des Handwerks mit seiner historischen Backstube.
Angeboten wird ein kleines Sortiment an Backwaren, das traditionell „in der wohl kleinsten Backstube Erfurts“ gefertigt wird. Verarbeitet werden ausschließlich biologische Rohstoffe aus der Region, gebacken wird ohne Zusatzstoffe. Das Mehl kommt von Ökohöfen aus der unmittelbaren Nachbarschaft in Ingersleben.

sz erfurt1Das besondere an den Brötchen und Broten ist die Produktionszeit. Denn das Konzept des gebürtigen Berliners, der zunächst als Bankkaufmann ins Berufsleben startete, ist sowohl der Kundenzufriedenheit als auch dem internen Wohlbefinden der Mitarbeiter geschuldet. Mittlerweile gibt es neben ihm in der Backstube sechs Festangestellte und drei Pauschalkräfte. Dabei sind drei Nationen vertreten: deutsch, spanisch und äthiopisch, die die Backstube mit einem munteren Sprachenmix aus deutsch, spanisch, englisch, französisch und amarisch beleben.


Wenn die Fahne weht, gibt´s frisches Brot

Ausgebildet wird in der Backstube allerdings nicht, Quereinsteigern wird das Handwerk ohne Ausbildungsschein beigebracht. „Wir beginnen nicht wie die klassischen Bäckereien mitten in der Nacht sondern erst um sechs Uhr morgens“ lacht Priemer und ergänzt: „Geöffnet wird, wenn die ersten drei Sorten Brötchen fertig sind.“ Und dann wird die Fahne an die historische Hauswand geheftet, die erklärt, dass es nun etwas zu kaufen gibt. „Das ist unser Markenzeichen, denn geöffnet ist, so lange die Fahne hängt“ schmunzelt Priemer.

Der Anfang war schwierig, weil die Kunden das Konzept erst verstehen mussten, „nun aber wissen sie dass es auch am Nachmittag frisch gebackenes Brot und Brötchen bei uns gibt.“ Mittlerweile ist der Kreis an Stammkunden gewachsen. Viele treffen sich in der kleinen Café-Ecke, von wo aus man den Bäckern bei der Arbeit hinter den freigelegten Fachwerkbalken zuschauen kann. „Die Leute können sehen, wie wir arbeiten und was wir machen, können erleben wie unsere Backwaren entstehen.“ Viele kommen daher auch zum Frühstück in die Backstube wo der Kaffee „Bäckerkaffee“ oder der weniger starke „kleiner Bäckerli“ genannt wird. Spannend ist dabei die Tatsache, dass jeder Gast seinen sein Aufschnitt, Käse oder Marmelade selbst mitbringt. Man bekommt Kaffee und Brötchen – auch Butter wenn man möchte.

sz erfurtDas Konzept der Backstube ist klar auf die Produktion fokussiert. Nichts soll extra bevorratet werden. Lediglich eine kleine Verkaufsnische bietet zusätzlich Honig aus der Region, Wein aus Spanien und Saft von einer regionalen Safterei neben der Verkaufstheke an. Die Ideen sind dem Konzept der Krämerbrücke in Erfurt geschuldet. Auf die längste, durchgehend mit Häusern bebaute und bewohnte Brücke Europas kommt nur derjenige, der ein Handwerk ausübt, das dem historischen Ort gerecht wird.

Die Krämerbrücke verdankt ihren Namen den Händlern, auch Krämer genannt, die ihren Kram an der Via Regia, der Handelsstraße von Ost nach West, den Reisenden verkauften. Daher ist das Leben und Arbeiten auf der Krämerbrücke in Erfurt etwas Einzigartiges. Man muss einen Antrag stellen und ein passendes Konzept anbieten um Mieter zu werden. Als Quereinsteiger hatte Hartmut Priemer die passenden Ideen um einer stillgelegten Keramikwerkstatt neues Leben einzuhauchen. Wenn die Fahne weht, gibt es was zu kaufen, wenn sie vor Feierabend reingeholt wird, ist für diesen Tag alles verkauft.

Ab elf Uhr Vormittags gibt es die begehrten Schokoladen-Brötchen, für die so mancher Liebhaber auch das Anstehen in langer Warteschlange in Kauf nehmen muss. Doch die freundlich lachenden Mitarbeiter und die meist noch warme Ware lassen alle Wartezeiten ertragen. Das Team trägt rote Bäckermützen und roten Schürzen, die T-Shirts hat ein Erfurter Künstler gestaltet. Als Attribut zum Haus zieren Motive wie ein Adler, ein Laib Brot oder ein Bär mit Brot die Vorderseite der Kleidungsstücke, während auf dem Rücken die Lieblingsnummer des Mitarbeiters in großen Zahlen zu sehen ist. „Wir sind schließlich individuell, so wie Fußballer in einer Mannschaft“, argumentiert der Chef, der die Abwechslung liebt und die einzelnen Symbole auch für seine Fahne nutzt. Individualität und Qualität ist Trumpf.




schließlich individuell, so wie Fußballer in einer Mannschaft“, argumentiert der Chef, der die Abwechslung liebt und die einzelnen Symbole auch für seine Fahne nutzt. Individualität und Qualität ist Trumpf. Sabine Zoller MBA, M.A.