Hubertus von Bramnitz
Berlin (Weltexpresso) - Zwanzig Prozent der 75- bis 80-Jährigen in Deutschland sind an Diabetes mellitus erkrankt; in Pflegeheimen sind etwa 30 Prozent der Bewohner betroffen (1). In den nächsten Jahren wird die Anzahl der Betroffenen weiter ansteigen. Die Schulung und Behandlung von älteren Diabetes-Patienten wird daher immer wichtiger.
Dass bei der Behandlung älterer Diabetes-Patienten andere Standards als bei jüngeren Menschen gelten, darauf macht der Verband der Diabetes-Beratungs- und Schulungsberufe in Deutschland e.V. (VDBD) aufmerksam. In einem Symposium im Rahmen der Diabetes Herbsttagung in Wiesbaden am 9. November 2018 können sich Diabetesberaterinnen und Diabetesassistentinnen zu den Besonderheiten in der Schulung und Behandlung geriatrischer Patienten informieren und fortbilden.
Experten gehen davon aus, dass es in Deutschland knapp 630 000 häuslich versorgte Pflegebedürftige mit Diabetes gibt. Davon werden 420 000 durch Angehörige und 210 000 durch einen ambulanten Pflegedienst versorgt. Im Pflegeheim werden etwa 230 000 Bewohner mit der Stoffwechselerkrankung versorgt (1). Mehr als 90 Prozent der Betroffenen sind an Diabetes Typ 2 erkrankt. Ihre Bauchspeicheldrüsen produzieren Insulin, jedoch wird es in zu geringen Mengen ausgeschüttet oder wirkt nicht mehr ausreichend an den Zielzellen. „Bei älteren Menschen mit Typ-2-Diabetes sieht die Therapie anders aus als bei jüngeren Patienten“, erklärt Lars Hecht, Vorstandsmitglied des Verbandes der Diabetes-Beratungs- und Schulungsberufe in Deutschland e.V. (VDBD) und wissenschaftlicher Leiter der VDBD AKADEMIE. „Wir unterscheiden zwischen gesund alternden Patienten und gebrechlich alternden Patienten, die häufig an mehreren Krankheiten leiden“, ergänzt Gesundheitswissenschaftler Hecht. Während für ältere, fitte Menschen mit Diabetes ähnliche Therapieziele und Behandlungsmethoden gelten wie bei Jüngeren, müssen bei älteren, aber multimorbiden Patienten – sprich geriatrischen Patienten – Therapieziele und Behandlung angepasst werden.
Bei gebrechlichen älteren Patienten stehen vor allem alltagsrelevante Behandlungsziele im Vordergrund, zum Beispiel Erhalt und Steigerung der Selbstständigkeit und Lebensqualität. „Die Therapie sollte an die Lebensgewohnheiten der Senioren angepasst werden“, betont Elisabeth Schnellbächer, pädagogische Leiterin der VDBD AKADEMIE und Diabetesberaterin. „Ein weiteres wichtiges Therapieziel ist außerdem die Vermeidung therapiebedingter Komplikationen, zum Beispiel schwerer Hypoglykämien“, ergänzt die Expertin. Während bei älteren, fitten Menschen mit Diabetes ein Blutzucker-Langzeit-Wert zwischen 6,5 und 7,5 Prozent angestrebt wird, ist bei gebrechlich älteren Patienten ein HbA1c-Zielwert bis zu 8,5 Prozent sinnvoll. „Die Zielwerte sollten sich individuell nach dem Wohlbefinden, dem Alter und den primären Therapiezielen des Patienten richten und gemeinsam mit ihm definiert werden.“ (2)
Unabhängig vom Alter und körperlicher Verfassung gilt für alle Menschen mit Diabetes: Die Blutzuckerkontrolle ist ein wichtiger Bestandteil der Therapie. Das Alter muss hierbei jedoch Berücksichtigung finden. „Anders als junge Menschen mit Diabetes sind ältere Patienten häufig nicht mehr dazu in der Lage, ihre Blutzuckerwerte durch körperliche Aktivität zu senken“, sagt Schnellbächer. „Bei einer Gewichtsabnahme oder einer Verschlechterung der Nierenfunktion, wie sie teils bei älteren Patienten vorkommen, können Medikamente zur Senkung des Blutzuckers zudem stärker wirken als bei jungen, gesunden Patienten.“ Darüber hinaus leiden ältere Patienten meist an mehreren behandlungsbedürftigen Erkrankungen und müssen oft sehr komplexe Medikamentenpläne einhalten. Diese Aspekte gilt es in der Schulung und Behandlung der geriatrischen Patienten zu beachten.
Im Rahmen des alljährlichen VDBD-Symposiums können sich Diabetesberaterinnen und Diabetesassistentinnen zum Thema „Der geriatrische Patient“ sowie weiteren Themen fortbilden. Die Veranstaltung findet am 9. November 2018 im Rahmen der DDG Herbsttagung in Wiesbaden statt. Das vollständige Programm des VDBD-Symposiums finden Interessierte auf der Homepage des VDBD.
Foto:
Was ist Diabetes mellitus Typ 2?
© diabetes-news
Info:
Quellen:
(1) Zeyfang A, Wernecke, J (2017): Diabetes und Pflege im Alter. In: Deutscher Gesundheitsbericht. Diabetes 2018. Die Bestandaufnahme.
(2) Zeyfang A, Bahrmann A, Wernecke J: Diabetes mellitus im Alter. In: Diabetologie 2017; 12 (Suppl 2): S203–S211, DOI https://doi.org/10.1055/s-0043-116005.
Experten gehen davon aus, dass es in Deutschland knapp 630 000 häuslich versorgte Pflegebedürftige mit Diabetes gibt. Davon werden 420 000 durch Angehörige und 210 000 durch einen ambulanten Pflegedienst versorgt. Im Pflegeheim werden etwa 230 000 Bewohner mit der Stoffwechselerkrankung versorgt (1). Mehr als 90 Prozent der Betroffenen sind an Diabetes Typ 2 erkrankt. Ihre Bauchspeicheldrüsen produzieren Insulin, jedoch wird es in zu geringen Mengen ausgeschüttet oder wirkt nicht mehr ausreichend an den Zielzellen. „Bei älteren Menschen mit Typ-2-Diabetes sieht die Therapie anders aus als bei jüngeren Patienten“, erklärt Lars Hecht, Vorstandsmitglied des Verbandes der Diabetes-Beratungs- und Schulungsberufe in Deutschland e.V. (VDBD) und wissenschaftlicher Leiter der VDBD AKADEMIE. „Wir unterscheiden zwischen gesund alternden Patienten und gebrechlich alternden Patienten, die häufig an mehreren Krankheiten leiden“, ergänzt Gesundheitswissenschaftler Hecht. Während für ältere, fitte Menschen mit Diabetes ähnliche Therapieziele und Behandlungsmethoden gelten wie bei Jüngeren, müssen bei älteren, aber multimorbiden Patienten – sprich geriatrischen Patienten – Therapieziele und Behandlung angepasst werden.
Bei gebrechlichen älteren Patienten stehen vor allem alltagsrelevante Behandlungsziele im Vordergrund, zum Beispiel Erhalt und Steigerung der Selbstständigkeit und Lebensqualität. „Die Therapie sollte an die Lebensgewohnheiten der Senioren angepasst werden“, betont Elisabeth Schnellbächer, pädagogische Leiterin der VDBD AKADEMIE und Diabetesberaterin. „Ein weiteres wichtiges Therapieziel ist außerdem die Vermeidung therapiebedingter Komplikationen, zum Beispiel schwerer Hypoglykämien“, ergänzt die Expertin. Während bei älteren, fitten Menschen mit Diabetes ein Blutzucker-Langzeit-Wert zwischen 6,5 und 7,5 Prozent angestrebt wird, ist bei gebrechlich älteren Patienten ein HbA1c-Zielwert bis zu 8,5 Prozent sinnvoll. „Die Zielwerte sollten sich individuell nach dem Wohlbefinden, dem Alter und den primären Therapiezielen des Patienten richten und gemeinsam mit ihm definiert werden.“ (2)
Unabhängig vom Alter und körperlicher Verfassung gilt für alle Menschen mit Diabetes: Die Blutzuckerkontrolle ist ein wichtiger Bestandteil der Therapie. Das Alter muss hierbei jedoch Berücksichtigung finden. „Anders als junge Menschen mit Diabetes sind ältere Patienten häufig nicht mehr dazu in der Lage, ihre Blutzuckerwerte durch körperliche Aktivität zu senken“, sagt Schnellbächer. „Bei einer Gewichtsabnahme oder einer Verschlechterung der Nierenfunktion, wie sie teils bei älteren Patienten vorkommen, können Medikamente zur Senkung des Blutzuckers zudem stärker wirken als bei jungen, gesunden Patienten.“ Darüber hinaus leiden ältere Patienten meist an mehreren behandlungsbedürftigen Erkrankungen und müssen oft sehr komplexe Medikamentenpläne einhalten. Diese Aspekte gilt es in der Schulung und Behandlung der geriatrischen Patienten zu beachten.
Im Rahmen des alljährlichen VDBD-Symposiums können sich Diabetesberaterinnen und Diabetesassistentinnen zum Thema „Der geriatrische Patient“ sowie weiteren Themen fortbilden. Die Veranstaltung findet am 9. November 2018 im Rahmen der DDG Herbsttagung in Wiesbaden statt. Das vollständige Programm des VDBD-Symposiums finden Interessierte auf der Homepage des VDBD.
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Was ist Diabetes mellitus Typ 2?
© diabetes-news
Info:
Quellen:
(1) Zeyfang A, Wernecke, J (2017): Diabetes und Pflege im Alter. In: Deutscher Gesundheitsbericht. Diabetes 2018. Die Bestandaufnahme.
(2) Zeyfang A, Bahrmann A, Wernecke J: Diabetes mellitus im Alter. In: Diabetologie 2017; 12 (Suppl 2): S203–S211, DOI https://doi.org/10.1055/s-0043-116005.