Helga Weber
Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Mit der Konzeptstudie ZOOKUNFT2030+ liegt nun ein Entwicklungsplan für die Umgestaltung von großen Teilen des Zooareals vor. Die Studie geht über rein bauliche Planungen hinaus und präsentiert Ideen für eine grundlegende Neuausrichtung des Zoos.
In der Konzeptstudie ZOOKUNFT2030+ wird eine vollständige Umgestaltung von zwei Großarealen des Frankfurter Zoos vorgeschlagen. Insgesamt entspricht dies einer Fläche von rund fünf Hektar. In den beiden Arealen, dem Nord-Ost- sowie dem Süd-West-Areal, befinden sich die meisten der älteren Tieranlagen. Die Gestaltungskonzepte für beide Großareale haben eine klare Verbindung zu den prioritären Projektgebieten der Zoologischen Gesellschaft Frankfurt (ZGF): Afrika und Südamerika. Die Konzeptstudie ist das Ergebnis einer mehrere Monate dauernden gemeinsamen Arbeit von Mitarbeitern des Frankfurter Zoos, der ZGF und den Zooplanern von The Logical Zoo (TLZ). Die Entwicklung der Studie wurde von der KfW-Stiftung und der Stiftung Zoo Frankfurt finanziell gefördert.
„Bei der nun vorgelegten Konzeptstudie ZOOKUNFT2030+ geht es nicht nur darum, einzelne Gehege neu zu bauen oder die Besucherwege neu zu gestalten, es geht um viel mehr: eine ganzheitliche Vorstellung davon, was ein moderner Zoo leisten kann, warum er für uns alle in unserer bedrohten Welt so wichtig ist und wie die elf Hektar inmitten des Frankfurter Ostends optimal genutzt werden können“, sagt Kulturdezernentin Ina Hartwig. „Die veralteten Gebäude sind nicht zeitgemäß und werden an zu vielen Stellen weder den Bedürfnissen der uns anvertrauten Tiere, noch denen unserer Besucherinnen und Besucher gerecht!“
Vier Arbeitsfelder bilden die Grundlage der konzeptionellen Überlegungen:
1. Tiere erleben – Tierbestand und Tierhaltung
2. Natur bewahren – Biologische Vielfalt, Naturschutz und Nachhaltigkeit
3. Menschen erreichen – Kommunikation, Bildungsangebote, Erscheinungsbild
4. Gemeinsam wirken – Team und Leitbild
Für den Frankfurter Zoo hat dessen Direktor Miguel Casares ein klares Ziel vor Augen: „Wir haben ein starkes Motto: ‚Tiere erleben – Natur bewahren‘. Für mich und mein Team sind das zwei Versprechen, die wir einlösen wollen. Wir wollen die ‚Faszination Wildtier‘ erlebbar machen. Unsere Besucherinnen und Besucher sollen eintauchen in die Welt der Tiere und nach ein paar Stunden mit dem Gefühl aus dem Zoo gehen, etwas Wertvolles kennengelernt zu haben. Damit wollen wir eine Naturschutz-Kultur fördern, deren zentrale Aspekte Bewusstsein und Motivation zum Handeln sind. Um das zu erreichen, muss das Zooerlebnis möglichst dicht und umfassend sein“, sagt Casares.
Das Nord-Ost-Areal – Südamerika und Europa
Für das Nord-Ost-Areal (circa zwei Hektar) wird eine 6725 Quadratmeter große Amazonas-Halle und als Außenbereich eine 7900 Quadratmetet umfassende neotropische Region vorgeschlagen.
Um die tropischen Biome Amazoniens nachzuempfinden, bedarf es einer entsprechend klimatisierten Halle, die die Nachbildung der kühleren und nebligen Bergwälder sowie des wärmeren, feuchten Tieflandregenwaldes, einschließlich des dazugehörigen Regens ermöglicht. Die neotropische Region, die sich von Südkalifornien bis nach Patagonien erstreckt, ist eine der acht biogeographischen Regionen, die die Landoberfläche der Erde bilden.
Ein 3350 Quadratmeter großes Areal soll sich Europa widmen. Die Wildnis Europas hat eine Jahrtausende währende Zivilisationsentwicklung überdauert. Dennoch weisen die verbliebenen Lebensräume der Wildtiere immer noch eine reiche Biodiversität auf, die es zu erhalten gilt. Als Biom wurden für diesen Abschnitt europäische Feuchtgebiete ausgewählt.
Das Süd-West-Areal – Afrika
Das geplante Afrika-Areal umfasst circa drei Hektar und sieht eine 10.200 Quadratmeter große Afrika-Halle sowie im Außenbereich einen Kongo- und einen Savannen-Trail vor.
Mit der Afrika-Halle wird ein neues Konzept für die Indoor-Haltung der großen afrikanischen Pflanzenfresser des Frankfurter Zoos verwirklicht. In der Halle sollen naturalistische Gehege in eine Themenlandschaft eingebettet werden. Im Außenbereich werden die Wälder des Kongo und eine Savannen-Landschaft erlebbar gemacht. Mit der Einrichtung eines großen Afrika-Areals bleibt der Frankfurter Zoo seiner Geschichte treu und nimmt deutlich Bezug auf die Arbeit der Zoologischen Gesellschaft Frankfurt.
Infrastruktur und Service
Die Konzeptstudie schlägt zwei Restaurants vor, eines im ord-Ost-Areal mit Zugang zur Amazonien-Halle und eines im Süd-West-Areal mit Blick auf die Afrika-Savanne. Ein Kiosk im Bereich der Zooterrassen komplettiert das gastronomische Angebot. Beide Hallen sollen jeweils ein Informations-Zentrum beherbergen. Die Zooschule behält ihren Platz im Zoogesellschaftshaus. Ein zweiter Spielplatz und ein kleiner Streichelzoo gehören ebenfalls zur Planung. Haupt- und Nebenwege verbinden alle Zooareale in einem schlüssigen Rundkurs miteinander.
Zeitplan und nächste Schritte
Die weitere Zooentwicklung ist in drei Phasen eingeteilt und auf die nächsten 15 Jahre ausgelegt. In Phase I von 2019 bis 2022 sollen die bereits begonnenen oder geplanten Projekte im zentralen Dreieck des Zoos fertig gestellt werden – so zum Beispiel der Umbau der Löwen-Anlage.
Die Konzeptstudie ZOOKUNFT2030+ betrachtet die Umbauphasen II und III (2023 bis 2032). Die Vorschläge der Konzeptstudie werden ebenfalls auch den städtischen Gremien präsentiert. Was nun rasch folgen muss, ist die Entwicklung eines Masterplans, in dem auch die genauen Zeitläufe für die Umsetzung der Vorschläge sowie die genauen Kosten seriös ermittelt werden.
„Die Notwendigkeit, den Zoo substantiell zu modernisieren, erkennt jeder, der uns besucht. Ich hoffe daher sehr, dass es uns gelingt, mit unserer Planung für den Zoo zu begeistern und rasch in den Masterplan-Prozess einsteigen zu können. Herzlich möchte ich mich bei allen bedanken, die den mehrmonatigen Erstellungsprozess dieser umfangreichen Konzeptstudie unterstützt haben, allen voran meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, der ZGF und den Zooplanern von The Logical Zoo. Aber auch ohne die großzügige Hilfe der KfW Stiftung und der Stiftung Zoo Frankfurt wäre diese Studie nicht so schnell zu realisieren gewesen“, betont Casares.
„Ein zukunftsfähiger Entwicklungsplan für den Zoo ist längst überfällig“, sagt Stadträtin Hartwig. „Ich bedanke mich bei Zoodirektor Dr. Miguel Casares, seinem Team und allen Kooperationspartnern für die ausgezeichnete und zügige Arbeit. Mit dieser Konzeptstudie liegt nun eine Gesamtvision für den Zoo Frankfurt vor, die sich an internationalen Standards orientiert und die unseren Innenstadt-Zoo in die Zukunft führen wird.“
Die Aufgaben moderner Zoos
Moderne Zoos erfüllen seit der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts als Kulturinstitutionen eine Reihe von gesellschaftlich relevanten Aufgaben im Natur- und Artenschutz, der Bildung, der Forschung und als Orte der Erholung. In Zeiten des massiven Rückgangs der Biodiversität etablierte der Weltzooverband (WAZA) in seiner 2015 veröffentlichten Strategie den Arten- und Naturschutz als die wichtigste Aufgabe seiner Mitgliedszoos.
„Für uns und alle anderen Zoos bedeutet das: Wir müssen unsere Besucherinnen und Besucher dazu motivieren und mobilisieren, sich für die Wildtiere und ihre natürlichen Lebensräume einzusetzen und das geht nur über eine gelungene und artgemäße Tierpräsentation“, betont Zoodirektor Casares.
Zoos beteiligen sich unter anderem über Erhaltungszuchtprogramme am Artenschutz. Ein großer Teil der Natur- und Artenschutzarbeit der Zoos findet aber auch außerhalb des Zoogeländes statt, nämlich über Projekte in den angestammten Lebensräumen der Tiere. Dafür steht dem Zoo Frankfurt eine starke Partnerin zur Seite: die Zoologische Gesellschaft Frankfurt (ZGF), eine der wichtigsten international agierenden Naturschutzorganisationen. Diese enge Kooperation bestimmt wesentlich die zukünftige Ausrichtung des Zoos, denn dieser soll gleichsam zum Schaufenster in die Projektarbeit der ZGF werden.
Der Frankfurter Zoo wurde 1858 auf Initiative Frankfurter Bürger, die sich zur Zoologischen Gesellschaft Frankfurt zusammenschlossen, gegründet. Völlig zerstört im Zweiten Weltkrieg, wurde er unter der Leitung von Prof. Bernhard Grzimek zu einem der renommiertesten Zoos der Welt wiederaufgebaut. Als in den 1970er und 1980er Jahren frühere Ideen für einen Außenzoo reaktiviert wurden, geriet die Weiterentwicklung des Innenstadtzoos allerdings ins Stocken. Erfreulicherweise legte die Stadt im Jahr 2008 ein erstes Investitionsprogramm auf, mit dessen Hilfe wichtige Schritte in Richtung einer Modernisierung geleistet werden konnten. Dennoch verblieben mehr als die Hälfte der unter Grzimek entstandenen Tieranlagen in ihrem ursprünglichen Zustand.
Foto:
Ina Hartwig und Miguel Casares bei PK 'ZOOKUNFT2030+'
© Stadt Frankfurt, Salome Roessler