... wenn ich für eine „gute Sache“ schreibe?
Klaus Jürgen Schmidt
Nienburg/Weser (Weltexpresso) – Mit leiser Kompetenz, smartem Charme und gelegentlich britischem Witz moderierte Hanns Joachim Friedrichs mehr als siebenhundertmal die abendlichen Tagesthemen des Ersten Deutschen Fernsehens – die erste Sendung 1985, die letzte 1991. ...
... Der bei seinem Tagesthemen-Finale 64-jährige Friedrichs war kein beliebig austauschbares Fernsehgesicht, sondern ein »Pate der seriösen deutschen TV-Kultur«. (Hanns Joachim Friedrichs: Journalistenleben, Droemer Knaur, München 1994)
Mit dem Hanns-Joachim-Friedrichs-Preis 2020 sind die BBC-Journalistin Emily Maitlis und der ZDF-Korrespondent Ulf-Jensen Röller sowie sein Team ausgezeichnet worden. Einen Sonderpreis erhielten die NDR-Reporter Nadia Kailouli und Jonas Schreijäg für ihre außergewöhnlichen und eindrücklichen Dokumentarfilmaufnahmen von der SeaWatch3.
Kann es sein, dass man nun den Ausgezeichneten vorwerfen müsste, einer „Lügenpresse“ zu dienen?
Darauf hat im Mai 2017 der Autor Anton Sahlender in der „Main Post“ aufmerksam gemacht, als er bei seiner Auseinandersetzung mit dem Erbe des Fernseh-Moderators Friedrichs aus folgendem Leserbrief zitierte:
Mir geht es so: Wenn ich den runden Kopf vom Röller in den ZDF-Nachrichten erkenne, weiß ich, auf das, was der jetzt berichtet, kann ich mich verlassen! Der hat sein Bestes getan, für mich vor Ort herauszufinden, was zu erfahren war. Und das hat er eingeordnet in einen Standpunkt, den ihm keine Redaktion, sondern vor allem seine Lebenserfahrung vorgegeben hat.
2014 hat sich auch Eugen Epp in „Message“, der Zeitschrift für Journalismus, online mit dem Friedrichs-Zitat auseinandergesetzt. Er schrieb unter anderem:
„Der Journalist als objektive Instanz ist nicht realistisch – und in letzter Konseqeunz womöglich auch gar nicht erstrebenswert. Moderner, pubilikumsfreundlicher Journalismus braucht eine ergebnisoffene Recherche ebenso wie klare Standpunkte.“
Im Vorwort meines Buches „Der Weg nach Zimbabwe“ hatte ich notiert:
„Mich hat immer gestört, so selten den Hintergrund von Welt-Erklärern erfahren zu haben, von jenen Journalisten und Schriftstellern also, die mir in Artikeln, Büchern, Film- und Fernseh-Dokumentationen ihre Sicht der Fremde vermittelten.“ (1990, Ergebnisse-Verlag, Hamburg)
Ich lernte, das anders zu machen. Ich lernte das u.a. während meiner Begegnung mit Kindern als Opfer der Indochina-Kriege. Den Lernprozess ausgelöst hatte ein anderer hochgeschätzter Journalist und Autor, der nahezu einer ganzen Generation seine Sicht der Indochina-Kriege vermittelte. Ich lernte es u.a. 1973 von seinem Kameramann in Saigon. Der erzählte mir beim Bier, wie sich das Scholl-Latour-Team vor Fallen auf Dschungel-Wegen absicherte:
„Für ein paar Piaster findet sich immer ein Kind, das vorweg geht. ...“
War das seine Idee, oder die des Journalisten-Idols? Als ich anfing, das Leben des Erfolgsautors zu recherchieren, merkte ich, dass er seinem Publikum eine lebensprägende Erfahrung verschwiegen hatte. Erst dann wurde mir verständlich, was Gert von Paczensky in seinem Vorwort zu meinem Buch „Leben im Reisfeld“ über Peter Scholl-Latour geschrieben hatte:
„Der Fernsehstar erzählt von der indochinesischen Tragödie aus der Sicht des hochmütigen Europäers Anekdoten und Erfahrungen, hinter deren oberflächlicher Episodenmalerei Hintergrund und Zusammenhänge seltsam undeutlich bleiben, ganz wie in der routinierten Fernsehberichterstattung, und teilweise verfälscht erscheinen. Das Schicksal der von der Tragödie betroffenen Menschen, der Opfer, war dem Autor offensichtlich nicht interessant genug für vertiefende Schilderungen.“ (1984, Peter-Hammer-Verlag, Wuppertal)
Bei Wikipedia lässt sich heute nachlesen: 1945/1946 kämpfte Scholl-Latour als Freiwilliger bei der französischen Fallschirmjägereinheit Commando Ponchardier in der vom japanischen Kaiserreich zurückgegebenen Kolonie Indochina gegen Vietnamesen!
In der Vorbemerkung zu meinem neuen Buch „Wie ich lernte, die Welt im Radio zu erklären“ habe ich versucht, die für mich gezogene Konsequenz zu verdeutlichen:
„Ich habe knapp 50 Jahre in diesem öffentlich-rechtlichen Rundfunk gearbeitet, zuerst als Tontechniker beim Fernsehen, dann als Volontär in einer Radio-Redaktion, später als Reporter in der Fremde und schließlich als Brückenbauer zwischen Kulturen. Dabei lernte ich Grenzen des Verständnisses von privater und professioneller Beobachtung kennen, die bestimmt werden von individuellen Erfahrungen in der frühen Biografie heranwachsender Menschen. ...“ (2020, Kellner-Verlag, Bremen)
Das, liebe „Weltexpresso“-Leserin und lieber „Weltexpresso“-Leser, ist der Grund, weshalb Sie immer mal wieder auf den Klaus Jürgen Schmidt in seinen Geschichten stoßen werden, als einer, der nicht damit hinter dem Berg halten will, dass persönliche Erfahrungen seine professionelle Einschätzungen beeinflussen. Und dabei fällt das folgende leider völlig weg. ...
... Denn Hajo Friedrichs, wie ihn seine Kollegen nannten, hat sich zumindest einmal mit einer guten Sache gemein gemacht, seinerzeit sogar mit unabsehbaren Folgen:
"Am 9. November 1989 begann er die Tagesthemen wie folgt: "Im Umgang mit Superlativen ist Vorsicht geboten, sie nutzen sich leicht ab. Aber heute darf man einen riskieren: Dieser 9. November ist ein historischer Tag. Die DDR hat mitgeteilt, dass ihre Grenzen ab sofort für jedermann geöffnet sind, die Tore in der Mauer stehen weit offen." Um 22:42 Uhr, als die Sendung begann, traf diese Meldung noch nicht zu. Im sich anschließenden Schaltgepräch mit Robin Lautenbach, der am Grenzübergang Invalidenstraße stand, war davon nichts zu sehen. Erst nach dieser Aussage Friedrichs strömten auf beiden Seiten der Grenze viele Menschen zu den Grenzübergängen und die Berliner Mauer wurde zu Fall gebracht."
Wie bitte? Es war nicht ein stotternder Schabowski? Es war ein gut informierter ARD-Moderator? (ZDF)
Muss die Geschichte neu geschrieben werden? ...
Ja! - Zumindest meine auf dieser Seite! Und das Dank eines aufmerksamen Lesers, der mir soben aus Glattbach schreibt:
"Äh, Entschuldigung – ich lese seit Wochen mit großem Interesse Ihre weltexpresso-Beiträge: Aber warum machen Sie hier plötzlich aus Hajo Friedrichs einen ZDF-Moderator? Grüße! AMP"
DANKE! Wo Sie recht haben, haben Sie recht, Herr Pfleger! Schon geändert!
FOTO:
http://www.hanns-joachim-friedrichs.de/
Info:
https://www.mainpost.de/ueberregional/meinung/leseranwalt/fuer-was-das-zitat-von-hanns-joachim-friedrichs-nicht-taugt-art-9594812
https://de.wikipedia.org/wiki/Hanns_Joachim_Friedrichs
https://de.wikipedia.org/wiki/Peter_Scholl-Latour#Beziehungen_zu_rechten_Medien
Mit dem Hanns-Joachim-Friedrichs-Preis 2020 sind die BBC-Journalistin Emily Maitlis und der ZDF-Korrespondent Ulf-Jensen Röller sowie sein Team ausgezeichnet worden. Einen Sonderpreis erhielten die NDR-Reporter Nadia Kailouli und Jonas Schreijäg für ihre außergewöhnlichen und eindrücklichen Dokumentarfilmaufnahmen von der SeaWatch3.
Kann es sein, dass man nun den Ausgezeichneten vorwerfen müsste, einer „Lügenpresse“ zu dienen?
Darauf hat im Mai 2017 der Autor Anton Sahlender in der „Main Post“ aufmerksam gemacht, als er bei seiner Auseinandersetzung mit dem Erbe des Fernseh-Moderators Friedrichs aus folgendem Leserbrief zitierte:
Mir geht es so: Wenn ich den runden Kopf vom Röller in den ZDF-Nachrichten erkenne, weiß ich, auf das, was der jetzt berichtet, kann ich mich verlassen! Der hat sein Bestes getan, für mich vor Ort herauszufinden, was zu erfahren war. Und das hat er eingeordnet in einen Standpunkt, den ihm keine Redaktion, sondern vor allem seine Lebenserfahrung vorgegeben hat.
2014 hat sich auch Eugen Epp in „Message“, der Zeitschrift für Journalismus, online mit dem Friedrichs-Zitat auseinandergesetzt. Er schrieb unter anderem:
„Der Journalist als objektive Instanz ist nicht realistisch – und in letzter Konseqeunz womöglich auch gar nicht erstrebenswert. Moderner, pubilikumsfreundlicher Journalismus braucht eine ergebnisoffene Recherche ebenso wie klare Standpunkte.“
Im Vorwort meines Buches „Der Weg nach Zimbabwe“ hatte ich notiert:
„Mich hat immer gestört, so selten den Hintergrund von Welt-Erklärern erfahren zu haben, von jenen Journalisten und Schriftstellern also, die mir in Artikeln, Büchern, Film- und Fernseh-Dokumentationen ihre Sicht der Fremde vermittelten.“ (1990, Ergebnisse-Verlag, Hamburg)
Ich lernte, das anders zu machen. Ich lernte das u.a. während meiner Begegnung mit Kindern als Opfer der Indochina-Kriege. Den Lernprozess ausgelöst hatte ein anderer hochgeschätzter Journalist und Autor, der nahezu einer ganzen Generation seine Sicht der Indochina-Kriege vermittelte. Ich lernte es u.a. 1973 von seinem Kameramann in Saigon. Der erzählte mir beim Bier, wie sich das Scholl-Latour-Team vor Fallen auf Dschungel-Wegen absicherte:
„Für ein paar Piaster findet sich immer ein Kind, das vorweg geht. ...“
War das seine Idee, oder die des Journalisten-Idols? Als ich anfing, das Leben des Erfolgsautors zu recherchieren, merkte ich, dass er seinem Publikum eine lebensprägende Erfahrung verschwiegen hatte. Erst dann wurde mir verständlich, was Gert von Paczensky in seinem Vorwort zu meinem Buch „Leben im Reisfeld“ über Peter Scholl-Latour geschrieben hatte:
„Der Fernsehstar erzählt von der indochinesischen Tragödie aus der Sicht des hochmütigen Europäers Anekdoten und Erfahrungen, hinter deren oberflächlicher Episodenmalerei Hintergrund und Zusammenhänge seltsam undeutlich bleiben, ganz wie in der routinierten Fernsehberichterstattung, und teilweise verfälscht erscheinen. Das Schicksal der von der Tragödie betroffenen Menschen, der Opfer, war dem Autor offensichtlich nicht interessant genug für vertiefende Schilderungen.“ (1984, Peter-Hammer-Verlag, Wuppertal)
Bei Wikipedia lässt sich heute nachlesen: 1945/1946 kämpfte Scholl-Latour als Freiwilliger bei der französischen Fallschirmjägereinheit Commando Ponchardier in der vom japanischen Kaiserreich zurückgegebenen Kolonie Indochina gegen Vietnamesen!
In der Vorbemerkung zu meinem neuen Buch „Wie ich lernte, die Welt im Radio zu erklären“ habe ich versucht, die für mich gezogene Konsequenz zu verdeutlichen:
„Ich habe knapp 50 Jahre in diesem öffentlich-rechtlichen Rundfunk gearbeitet, zuerst als Tontechniker beim Fernsehen, dann als Volontär in einer Radio-Redaktion, später als Reporter in der Fremde und schließlich als Brückenbauer zwischen Kulturen. Dabei lernte ich Grenzen des Verständnisses von privater und professioneller Beobachtung kennen, die bestimmt werden von individuellen Erfahrungen in der frühen Biografie heranwachsender Menschen. ...“ (2020, Kellner-Verlag, Bremen)
Das, liebe „Weltexpresso“-Leserin und lieber „Weltexpresso“-Leser, ist der Grund, weshalb Sie immer mal wieder auf den Klaus Jürgen Schmidt in seinen Geschichten stoßen werden, als einer, der nicht damit hinter dem Berg halten will, dass persönliche Erfahrungen seine professionelle Einschätzungen beeinflussen. Und dabei fällt das folgende leider völlig weg. ...
... Denn Hajo Friedrichs, wie ihn seine Kollegen nannten, hat sich zumindest einmal mit einer guten Sache gemein gemacht, seinerzeit sogar mit unabsehbaren Folgen:
"Am 9. November 1989 begann er die Tagesthemen wie folgt: "Im Umgang mit Superlativen ist Vorsicht geboten, sie nutzen sich leicht ab. Aber heute darf man einen riskieren: Dieser 9. November ist ein historischer Tag. Die DDR hat mitgeteilt, dass ihre Grenzen ab sofort für jedermann geöffnet sind, die Tore in der Mauer stehen weit offen." Um 22:42 Uhr, als die Sendung begann, traf diese Meldung noch nicht zu. Im sich anschließenden Schaltgepräch mit Robin Lautenbach, der am Grenzübergang Invalidenstraße stand, war davon nichts zu sehen. Erst nach dieser Aussage Friedrichs strömten auf beiden Seiten der Grenze viele Menschen zu den Grenzübergängen und die Berliner Mauer wurde zu Fall gebracht."
Wie bitte? Es war nicht ein stotternder Schabowski? Es war ein gut informierter ARD-Moderator? (ZDF)
Muss die Geschichte neu geschrieben werden? ...
Ja! - Zumindest meine auf dieser Seite! Und das Dank eines aufmerksamen Lesers, der mir soben aus Glattbach schreibt:
"Äh, Entschuldigung – ich lese seit Wochen mit großem Interesse Ihre weltexpresso-Beiträge: Aber warum machen Sie hier plötzlich aus Hajo Friedrichs einen ZDF-Moderator? Grüße! AMP"
DANKE! Wo Sie recht haben, haben Sie recht, Herr Pfleger! Schon geändert!
FOTO:
http://www.hanns-joachim-friedrichs.de/
Info:
https://www.mainpost.de/ueberregional/meinung/leseranwalt/fuer-was-das-zitat-von-hanns-joachim-friedrichs-nicht-taugt-art-9594812
https://de.wikipedia.org/wiki/Hanns_Joachim_Friedrichs
https://de.wikipedia.org/wiki/Peter_Scholl-Latour#Beziehungen_zu_rechten_Medien